Warum die meisten arabischen Länder keine Palästinenser wollen

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US-Präsident Donald Trump während der Unterzeichnungszeremonie des Friedensgipfels in Sharm El Sheikh, Ägypten, am 13. Oktober 2025. Foto IMAGO / Bestimage
US-Präsident Donald Trump während der Unterzeichnungszeremonie des Friedensgipfels in Sharm El Sheikh, Ägypten, am 13. Oktober 2025. Foto IMAGO / Bestimage
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Dutzende Palästinenser, die im Rahmen des Waffenstillstandsabkommens zwischen Israel und der Hamas im vergangenen Monat von Israel freigelassen wurden, haben sich darüber beschwert, dass kein arabisches Land bereit sei, sie aufzunehmen.

von Khaled Abu Toameh

Laut Berichten arabischer Medien fanden 145 Palästinenser, die nach ihrer Entlassung aus israelischen Gefängnissen in der ägyptischen Hauptstadt Kairo ankamen, „kein arabisches oder islamisches Land, das bereit war, sie aufzunehmen“.

Die meisten der ehemaligen Häftlinge verbüssten eine oder mehrere lebenslange Haftstrafen wegen tödlicher Terroranschläge auf Israelis in den letzten Jahrzehnten. Viele gehören der Hamas, dem Palästinensischen Islamischen Dschihad oder der regierenden Fatah-Fraktion von Mahmoud Abbas an.

Die arabischen Länder haben keine offizielle Erklärung abgegeben, warum sie sich weigern, die freigelassenen Gefangenen aufzunehmen.

Einige arabische Führer, insbesondere aus Nachbarländern wie Jordanien, Ägypten und dem Libanon, befürchten offenbar, dass die Gefangenen, die wegen Terroranschlägen in israelischen Gefängnissen sassen, eine Gefahr für ihre Sicherheit und politische Stabilität darstellen könnten.

Sie erinnern sich daran, dass Länder wie Jordanien und der Libanon äusserst negative Erfahrungen mit der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) und anderen palästinensischen bewaffneten Gruppen gemacht haben, die versuchten, ihre Regierungen zu stürzen oder zu destabilisieren (Schwarzer September in Jordanien 1970 und Libanesischer Bürgerkrieg 1975-1990).

Mehrere arabische Länder wie Ägypten, Jordanien, Saudi-Arabien, Bahrain und die Vereinigten Arabischen Emirate haben die Muslimbruderschaft verboten und als terroristische Organisation eingestuft.

Die Hamas bezeichnet sich stolz als „einen der Flügel der Muslimbruderschaft in Palästina”. Einige dieser arabischen Länder sehen zu Recht keinen grossen Unterschied zwischen Terroristen, die der Hamas, dem vom Iran unterstützten Palästinensischen Islamischen Dschihad oder der Fatah angehören.

Die Weigerung der Araber, ihre palästinensischen Brüder aufzunehmen, sollte nicht überraschen. Seit Jahrzehnten versäumen es die meisten arabischen Länder, die regelmässig verbale Unterstützung für die Palästinenser anbieten, konkrete Massnahmen zu ergreifen, um dies zu erreichen. Diese Lippenbekenntnisse werden oft als ein Mittel der arabischen Führer angesehen, ihr eigenes Volk zu beschwichtigen, von dem viele den Palästinensern gegenüber wohlwollender zu sein scheinen als ihren eigenen Regierungen.

Arabische Führer geben oft starke Erklärungen ab, verurteilen israelische Aktionen und nehmen an hochkarätigen Gipfeltreffen teil, um ihre Solidarität mit den Palästinensern zum Ausdruck zu bringen. Ihre Gesten werden jedoch – abgesehen von Iran und Katar – oft nicht durch entschlossene Schritte untermauert, sehr zum Leidwesen der Palästinenser, die die mangelnde Unterstützung ihrer arabischen Brüder als eine Form des Verrats betrachten.

Die meisten Araber wandten sich nach dem ersten Golfkrieg 1990 von den Palästinensern ab. Damals hatten die Palästinenser die Invasion und Besetzung Kuwaits durch Saddam Hussein unterstützt – ein Land, das den Palästinensern jahrelang Hunderte Millionen Dollar an Hilfsgeldern zur Verfügung gestellt hatte. Nach der Befreiung Kuwaits vertrieben das kleine, ölreiche Scheichtum und andere Golfstaaten Hunderttausende Palästinenser und warfen ihnen vor, die Hand zu beissen, die sie fütterte. Die meisten arabischen Länder haben den Palästinensern auch die Staatsbürgerschaft verweigert oder eingeschränkt. Diese Länder haben Gründe wie den Wunsch nach einem „Rückkehrrecht” der Palästinenser nach Israel angeführt. Während Jordanien vielen Palästinensern die Staatsbürgerschaft gewährt hat, haben andere Länder wie der Libanon und Syrien Beschränkungen für ihre Beschäftigung und Bewegungsfreiheit verhängt und ihnen den Zugang zu begehrten Wohnungen und Arbeitsplätzen verwehrt.

Der palästinensische politische Aktivist Ali Abu Rizeq kommentierte:

„Die Berichte, dass arabische Länder sich weigern, die freigelassenen [palästinensischen] Gefangenen aufzunehmen, sind leider wahr und äusserst schmerzlich … Die Haltung der arabischen Länder zeigt ein neues Ausmass des Niedergangs und der Verschlechterung, von dem das gesamte arabische politische System betroffen ist. Bislang hat ausser der Türkei und Malaysia kein anderes Land palästinensische Gefangene aufgenommen.”

Dr. Fayez Abu Shamala, ein palästinensischer Wissenschaftler und ehemaliger Bürgermeister der Stadt Khan Yunis im südlichen Gazastreifen, kritisierte die arabischen Länder scharf für ihre Weigerung, die freigelassenen Gefangenen aufzunehmen:

„Die aus israelischen Gefängnissen entlassenen palästinensischen Gefangenen finden kein einziges arabisches Land, das bereit ist, sie aufzunehmen, als wären sie [die ehemaligen Gefangenen] zu einem Virus geworden, der sich in ihren Ländern ausbreiten würde.“

Mohammed Arafat, ein Social-Media-Aktivist aus dem Gazastreifen, schrieb auf X: „Es ist wirklich bedauerlich, ja sogar beschämend. Wo bleibt die arabische Solidarität? Wo bleibt der Edelmut?“

Die Weigerung der arabischen Länder, Palästinenser (einschliesslich der ehemaligen Gefangenen) aufzunehmen, ist nicht nur ein weiteres Zeichen der Heuchelei, sondern auch ein Beweis dafür, warum es ein Fehler wäre, sich beim Wiederaufbau und der Entmilitarisierung des Gazastreifens auf die arabischen Länder zu verlassen.

US-Präsident Donald J. Trump, der offenbar seine Hoffnungen auf die Araber setzt, um die Finanzierung und die Bildung einer neuen Regierung sowie die Entsendung einer internationalen Truppe in den Gazastreifen zu unterstützen, muss bedenken, dass die meisten arabischen Staatschefs und Regime sich in Wirklichkeit nicht um die Palästinenser kümmern.

Mittlerweile sehen die meisten arabischen Staatschefs die Palästinenser als Ursache für unermesslichen Schaden, wo immer sie hingekommen sind, und als diejenigen, die jeden, der ihnen die Hand gereicht hat, mit Verrat belohnt haben.

Für die arabischen Führer ist die Palästinenserfrage nur ein weiteres Instrument, um ihre eigenen politischen Ziele voranzutreiben, ihre eigene Popularität im eigenen Land zu stärken oder verschiedene Fraktionen gegen einen gemeinsamen Feind zu vereinen.

Trump sollte sich daran erinnern, dass Anfang dieses Jahres mehrere wichtige arabische Länder wie Jordanien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Saudi-Arabien, Katar und Ägypten seinen Plan, Palästinenser aus dem Gazastreifen umzusiedeln, „entschieden” abgelehnt haben. Kurz gesagt, die meisten arabischen Führer werden weiterhin so tun, als seien sie bestrebt, die US-Regierung bei ihren Bemühungen zur Umsetzung von Trumps 20-Punkte-Plan für Frieden im Gazastreifen zu unterstützen. In Wirklichkeit werden die Araber weiterhin alles tun, um sich von den Palästinensern fernzuhalten – abgesehen davon, dass sie ihnen helfen, sich im Gazastreifen neu zu formieren.

Khaled Abu Toameh ist ein preisgekrönter arabisch-israelischer Journalist und TV-Produzent. Auf Englisch zuerst erschienen bei Gatestone Institute. Übersetzung Audiatur-Online.

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