Rafael bringt das Laserabwehrsystem «Iron Beam» an die Front

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IRON BEAM 450, Foto Rafael
IRON BEAM 450, Foto Rafael
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Israels Rüstungsunternehmen Rafael steht kurz vor der Einführung des ersten Laser-Luftabwehrsystems der Welt. Die neue Technologie soll Raketen, Mörsergranaten und Drohnen in Sekunden neutralisieren – und Israels technologische Überlegenheit sichern.

Obwohl die israelische Militäroperation «Eiserne Schwerter» beendet ist, bleibt die Sicherheitslage angespannt. Bedrohungen aus der Luft – von Raketen, Mörsergranaten oder Drohnen – können Israel weiterhin jederzeit treffen. Im laufenden Quartal wird die israelische Armee (IDF) das neue Laser-Luftabwehrsystem Iron Beam von Rafael Advanced Defense Systems in Dienst stellen.

Verantwortlich für die Endphase der Entwicklung ist Tzvi Marmor, Executive Vice President und General Manager der Land- und Marinesysteme bei Rafael. Marmor, der seit zwanzig Jahren im Unternehmen arbeitet, leitete zuvor die Entwicklung des aktiven Schutzsystems Trophy für gepanzerte Fahrzeuge. Dieses System wurde 2014 erstmals während der Operation Protective Edge eingesetzt, 2018 an die US-Armee verkauft und 2021 von Deutschland für den Leopard-2-Panzer sowie von Grossbritannien für den Challenger übernommen. Heute ist Trophy auf 16 verschiedenen Plattformen weltweit installiert.

In einem Interview mit der israelischen Wirtschafts- und Finanzzeitung Globes spricht Marmor über die Fortschritte beim Laserprojekt Iron Beam, über den Erfolg von Trophy, über die internationale Nachfrage nach den Spike-Raketen – und über seine Sorge angesichts der zunehmenden politischen Ausgrenzung israelischer Rüstungsunternehmen.

Laserabwehr der nächsten Generation

Rafael, ein staatseigener Konzern mit Sitz in Nordisrael, befindet sich auf einem klaren Wachstumspfad. Im zweiten Quartal des laufenden Jahres erzielte das Unternehmen 1,42 Milliarden US-Dollar Umsatz, ein Plus von über 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der Nettogewinn stieg auf 102,2 Millionen US-Dollar, was einer Steigerung um das 2,5-Fache entspricht.

Marmor beschreibt die Entwicklung des neuen Laserabwehrsystems als «technologischen Durchbruch, der den Charakter künftiger Kriegsschauplätze verändern wird». Das System sei so konzipiert, dass es mit minimalem Personalaufwand betrieben werden könne. Es stehe beispielhaft für die zunehmende Automatisierung in der modernen Kriegsführung. Marmor sagt: «Die Welt wird sich in Richtung Systeme bewegen, die mit möglichst wenig menschlicher Beteiligung auskommen.»

Der Iron Beam arbeitet mit einem 100-Kilowatt-Laser, der eine effektive Reichweite von etwa zehn Kilometern hat. In den jüngsten Testreihen konnte das System verschiedene Bedrohungen erfolgreich abfangen – darunter Raketen, Mörsergranaten und unbemannte Fluggeräte. Die Tests belegten laut Marmor die operationelle Reife der Technologie.

Durch den Einsatz adaptiver Optik kompensiert das System atmosphärische Turbulenzen, sodass der Laserstrahl präzise auf das Ziel gelenkt werden kann. Bis Ende 2025 soll das erste System an die israelische Armee ausgeliefert werden, weitere Einheiten sind für 2026 geplant. Die Einführung umfasst Schulungen spezialisierter IDF-Teams, den Aufbau der erforderlichen Infrastruktur sowie die Integration in Israels mehrschichtige Luftverteidigung.

Technologische Eigenständigkeit und Investitionen

Marmor betont, dass Rafael während der Kriegsmonate zahlreiche Waffen-Systeme direkt an die Armee überstellt habe. «Rafael wurde gegründet, um die Sicherheit des Staates Israel zu gewährleisten – das ist keine leere Formel. Während des Krieges haben wir unsere Ressourcen unmittelbar in den Dienst des Landes gestellt.»

Das Unternehmen investierte im Jahr 2024 1,8 Milliarden US-Dollar in Forschung und Entwicklung. Viele der Schlüsseltechnologien – darunter Trophy, Iron Dome und Iron Beam – wurden mit Eigenmitteln finanziert.

Zu den erfolgreichsten Rafael-Produkten gehört auch die Spike-Raketenfamilie, deren Entwicklung aus den Lehren des Jom-Kippur-Kriegs von 1973 hervorging. Damals zeigte sich, dass Israel dringend Panzerabwehrwaffen mit grosser Reichweite benötigte. Heute reicht das Spektrum von der tragbaren Spike-SR mit einer Reichweite von zwei Kilometern bis zur Spike NLOS mit 32 Kilometern, die von Land-, Luft- oder Seeplattformen abgefeuert werden kann.

Der internationale Erfolg der Spike-Serie führte zur Gründung der europäischen Gemeinschaftsunternehmen Eurospike (mit Rheinmetall und Diehl Defence) und Eurotrophy (mit der KNDS Group und General Dynamics European Land Systems). «Heute rollt jeder Leopard-Panzer, der vom Band läuft, mit dem Trophy-Schutzsystem aus», sagt Marmor im Interview mit Globes.

Politischer Druck auf israelische Rüstungsfirmen

Neben den technologischen Erfolgen sieht Marmor jedoch auch wachsende politische Herausforderungen. In mehreren europäischen Ländern wurden israelische Unternehmen von internationalen Rüstungsmessen ausgeschlossen. Frankreich verhängte entsprechende Massnahmen gegenüber Firmen wie Rafael, wodurch deren Teilnahme an der Eurosatory, Euronaval und der Paris Air Show verhindert wurde.

Auch in Grossbritannien durften hochrangige israelische Sicherheitsvertreter nicht an der DSEI-Messe teilnehmen. Zudem schloss die Regierung der Vereinigten Arabischen Emirate Israel von der Dubai Air Show im November aus.

«Das ist besorgniserregend», sagt Marmor. «Solche Veranstaltungen sind entscheidend, weil dort alle grossen Akteure vertreten sind. Wenn dieser Trend anhält, könnte das langfristig negative Auswirkungen auf den gesamten israelischen Verteidigungssektor haben. Israel darf sich nicht aus der internationalen Gemeinschaft drängen lassen.»

«Israels Stärke beruht auf technologischer Überlegenheit»

Trotz der geopolitischen Spannungen blickt Marmor optimistisch nach vorn. Er sieht die technologische Innovationskraft als Israels wichtigste strategische Ressource. «Nach dem 7. Oktober zweifelten manche an der Wirksamkeit unserer Technologien. Aber Israels Stärke in allen Bereichen beruht auf seiner technologischen Überlegenheit. 10.000 Menschen bei Rafael widmen ihr Leben dieser Aufgabe – und die Ergebnisse zeigen, dass diese Arbeit wirkt.» so Tzvi Marmor.

4 Kommentare

  1. Mich würde interessieren welcher Hersteller die Strahlquelle für den Laser liefert. Gibt es hierzu Informationen? Ich denke, dass Rafael nicht in der Lage ist, diese selbst herzustellen.

  2. Jetzt wird sich vielleicht das Bild bieten, dass Nationen, die Israel beschuldigen und abstrafen wollen plötzlich durch die Hintertür grosses Interesse an Israels neuer Waffe gegen Drohnen zeigen werden. Dazu wurde Israel nicht einmal an gewisse Messen eingeladen. Das wird einige rhetorische Klimmzüge erfordern…..

  3. Welche Ironie des Schicksals, falls die Israel diskriminierenden Nationen dann heimlich bei Israel um Lieferung des gegen Drohnen einsetzbaren neuen Systems vorsprechen sollten.

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