Israels Aussenminister Gideon Saar hat in einem ausführlichen Interview mit der italienischen Zeitung Libero Quotidiano (3. August 2025) über die aktuellen Spannungen mit Europa, die Hamas, den Iran, die humanitäre Lage in Gaza – und über die wachsende Welle des Antisemitismus gesprochen. Er warnt eindringlich vor einer Anerkennung eines palästinensischen Staates unter den gegenwärtigen Bedingungen und kritisiert die UN-Sonderberichterstatterin Francesca Albanese scharf.
Der 59-jährige Gideon Saar, derzeit Aussenminister in der Regierung Netanjahu, sprach im Interview mit Libero Quotidiano Klartext. Anlass sind die zunehmende diplomatische Entfremdung zwischen Israel und Europa sowie die einseitige Berichterstattung über den Krieg gegen die Hamas in Gaza.
«Israels Existenz steht auf dem Spiel»
«Israel führt einen Mehrfrontenkrieg gegen die radikalsten und dschihadistischsten Kräfte der Welt», so Saar. Es sei kein gewöhnlicher Konflikt, sondern ein existenzieller Abwehrkampf. Hamas habe in Gaza ein Terrorregime «sowohl über als auch unter der Erde» errichtet. Das Hauptziel bleibe die Befreiung der noch immer festgehaltenen israelischen Geiseln, aber auch die Zerschlagung der militärischen Infrastruktur von Hamas: «Wir können nicht akzeptieren, dass Hamas in Gaza die stärkste militärische Macht bleibt – sie würde weiterhin die Bevölkerung versklaven und Israel bedrohen».
Trotz erheblicher militärischer Erfolge – etwa in Rafah oder Shejaiya – seien immer noch rund 20.000 Hamas-Terroristen aktiv. Die schwierige Lage werde zusätzlich dadurch erschwert, dass Hamas gezielt Geiseln in Gebieten festhalte, in denen sie noch militärisch präsent sei. Israels Vorgehen sei daher auch von Rücksicht auf das Leben der eigenen Bürger und Geiseln geprägt – was Operationen verkompliziere.
Kritik an Europas Doppelmoral
Saar zeigte sich enttäuscht über die Aussagen des italienischen Präsidenten Sergio Mattarella, der das Vorgehen Israels in Gaza als «willkürliche Tötungen» bezeichnet hatte. «Wir haben grossen Respekt vor Präsident Mattarella und Italien», so Saar, «aber solche Vorwürfe entsprechen nicht den Tatsachen.» Israel operiere im Rahmen des Völkerrechts, auch wenn im dichten urbanen Kriegsumfeld tragische Fehler vorkämen, wie etwa der Beschuss der katholischen Kirche in Gaza, der nicht beabsichtigt gewesen sei und genaustens untersucht werde.
Er betonte, dass sogar eigene israelische Soldaten durch Verwechslungen getötet worden seien, was die hochkomplexe Lage verdeutlicht. «In einem kleinen, dicht besiedelten Gebiet wie Gaza passieren in einem Krieg leider auch solche Tragödien», so Saar. Gerade deshalb sei die pauschale Verurteilung Israels durch manche europäischen Stimmen unangemessen – zumal Israel umfassende humanitäre Hilfe ermögliche, unterstütze und auch selbst zur Verfügung stelle.
«Anti-israelische Kampagne stärkt Hamas»
Scharf kritisiert Saar die Rolle westlicher Staaten, die durch einseitige Verurteilungen Israels zur Verhärtung der Hamas-Position beigetragen hätten: «Wir hatten einem Waffenstillstand und einem Geiselabkommen zugestimmt – vermittelt durch die USA, Katar und Ägypten. Hamas hat abgelehnt. Sie sieht, wie der Westen Israel unter Druck setzt, und glaubt, daraus Kapital schlagen zu können.» Ein nachhaltiger Waffenstillstand sei unter diesen Umständen derzeit nicht in Sicht.
Auch im Informationskrieg sieht sich Israel im Nachteil. Saar nennt das Beispiel eines palästinensischen Jungen, der fälschlicherweise als hungerndes Kriegsopfer präsentiert wurde, obwohl er an Mukoviszidose leidet und regelmässig medizinisch versorgt wird. «Ein Land, das einen Genozid begehen würde, würde keine Tausende Tonnen an Nahrungsmitteln, Wasser und Medikamenten nach Gaza liefern und keine humanitären Pausen garantieren, um solche Transporte zu ermöglichen. Diese Genozid-Vorwürfe sind reine antisemitische Propaganda.»
«Ein Staat Palästina wäre heute ein Hamas-Staat»
Saar warnte auch eindringlich vor diplomatischen Schnellschüssen, wie etwa der Anerkennung eines palästinensischen Staates durch europäische Akteure. Eine solche Anerkennung sei «völlig irrational», denn: «Es gibt keinen funktionierenden palästinensischen Staat. Gäbe es einen, wäre es ganz klar ein Hamas-Staat – einer der radikalsten der Welt, direkt neben unseren Städten.“ Ein solcher Staat wäre ein «enormer Vorteil für den Iran», der damit über Gaza eine neue direkte Frontlinie zu Israel gewinnen würde – neben der bestehenden über die Hisbollah im Libanon.
«Francesca Albanese ist eine Antisemitin»
Mit ungewöhnlicher Deutlichkeit äussert sich Saar zur «UNO-Sonderberichterstatterin für Palästina», die in Europa, insbesondere in linken Kreisen, für den Friedensnobelpreis ins Spiel gebracht wird. «Sie ist eine Antisemitin. Sie ist von Israel besessen. Sie sucht nicht die Wahrheit. Sie ist eine Kämpferin gegen den jüdischen Staat – und genauso nehmen wir sie wahr.»
Wachsende Gewalt gegen Juden – auch in Italien
Saar berichtet von einem antisemitischen Übergriff auf einen französischen Juden in einem italienischen Autogrill, den sein Sohn mitansehen musste. Solche Vorfälle seien keine Einzelfälle. «Achtzig Jahre nach dem Holocaust kehrt der Antisemitismus nach Europa zurück», warnt Saar. Er macht dafür unter anderem auch die «einseitige, feindselige mediale Berichterstattung» verantwortlich, die Israel dämonisiere und damit ein gefährliches Klima schaffe. «Die Menschen haben dadurch ein völlig verzerrtes Bild vom Nahen Osten – und handeln entsprechend“, so Saar.
Da hat er so vollkommen Recht. Wir müssen in Europa aufklären, demaskieren, für Israel und die Gleichberechtigung und die Demokratie werben und kämpfen zugleich.