Assyrische Vereine warnen vor Macrons Kurswechsel gegenüber Syriens neuem Machthaber

Scharfe Kritik an Frankreichs Annäherung an Ahmed al-Scharaa – Minderheiten fürchten Rückkehr zur Gewaltpolitik.

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Präsident Macron empfängt Ahmed Al Sharaa am 7. Mai 2025 im Élysée-Palast in Paris. Foto IMAGO / ABACAPRESS
Präsident Macron empfängt Ahmed Al Sharaa am 7. Mai 2025 im Élysée-Palast in Paris. Foto IMAGO / ABACAPRESS
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Zwei führende assyrische Organisationen in Deutschland schlagen Alarm: Die geplante Annäherung Frankreichs an den syrischen Übergangspräsidenten Ahmed al-Scharaa stösst bei der assyrischen Gemeinschaft auf scharfe Kritik und tiefe Besorgnis. In einer gemeinsamen Stellungnahme warnen die Assyrische Autonomie Bewegung e.V. und der Assyrische Kulturverein e.V. vor einer politischen Normalisierung mit einem Mann, dessen Vergangenheit und aktuelle Rolle schwer belasten.

Der französische Präsident Emmanuel Macron hatte angekündigt, al-Scharaa im Rahmen einer diplomatischen Initiative nach Paris einzuladen und ihm unter bestimmten Bedingungen politische Unterstützung und eine Lockerung der Sanktionen in Aussicht zu stellen. Für viele syrische Minderheiten kommt dieser Schritt einem Tabubruch gleich.

„Vom Terrorführer zum Staatsmann?“

Ahmed al-Scharaa war über Jahre unter dem Namen Abu Mohammed al-Dscholani international bekannt – als Anführer der Al-Nusra-Front, später umbenannt in Haiʾat Tahrir asch-Scham (HTS). Die Gruppe galt als syrischer Ableger von Al-Qaida und verübte zahlreiche Gräueltaten an Minderheiten – auch an christlichen Assyrern. Kirchen wurden zerstört, Priester verschleppt, ganze Dörfer vertrieben.

1. Oktober 2016 - Ein ziviles Auto in der Region Idlib mit den Fotos von Abu Mohammed Al-Julani und Osama Bin Laden. Foto IMAGO / ZUMA Press Wire
1. Oktober 2016 – Ein ziviles Auto in der Region Idlib mit den Fotos von Abu Mohammed Al-Julani und Osama Bin Laden. Foto IMAGO / ZUMA Press Wire

Heute gibt sich al-Scharaa als gemässigter Politiker, der verspricht, alle Volksgruppen Syriens in einem neuen Staatsgefüge zu schützen. Doch laut den assyrischen Verbänden ist das ein Trugbild. Seit der Machtübernahme durch seine Übergangsregierung im Dezember 2024 sei es erneut zu gezielten Angriffen auf religiöse Minderheiten gekommen – unter anderem auf Alawiten und Drusen. Die Übergriffe seien nicht nur toleriert, sondern teilweise von regimetreuen Milizen organisiert worden. Eine juristische Aufarbeitung der Gewalt bleibe bis heute aus.

Warnung vor Verfassungsreform als „Deckmantel der Ausgrenzung“

Besonders kritisch sehen die assyrischen Organisationen die von al-Scharaa angestossene Diskussion um eine neue syrische Verfassung. Die Minderheitenvertreter lehnen den aktuellen Entwurf entschieden ab. Er zementiere einen sunnitisch-islamistischen Machtanspruch und marginalisiere die kulturelle und religiöse Vielfalt Syriens. Weder Christen, Drusen noch Alawiten fänden darin angemessene Repräsentation oder rechtlichen Schutz.

„Diese Verfassung ist keine Grundlage für Frieden – sie ist ein Instrument zur weiteren Ausgrenzung“, so die klare Botschaft der beiden Vereine.

Frankreichs Verantwortung gegenüber den Opfern

Die Stellungnahme endet mit einem eindringlichen Appell an die französische Regierung und die internationale Gemeinschaft: Frieden dürfe nicht auf Kosten der Gerechtigkeit gehen. Frankreich habe als ehemalige Mandatsmacht eine historische Verantwortung in Syrien – doch diese dürfe nicht darin bestehen, einen ehemaligen Warlord salonfähig zu machen.

„Ahmed al-Scharaa steht nicht für Erneuerung, sondern für ein altes Muster aus Macht, Gewalt und Ausgrenzung“, heisst es in der Erklärung.

Die Verbände fordern daher, dass sich die westlichen Staaten klar an der Seite der Opfer und Minderheiten positionieren – nicht an der Seite der Täter von gestern, die sich heute mit neuem Image präsentieren.

2 Kommentare

  1. Da haben alle Opfer des Schlächter von Palmyra völlig Recht aber anlässlich des Tagems der Befreiung:

    Frankreich hat kollaboriert, Marschall Petain war ein Faschist. In dieser Tradition steht auch Frankreich, denn alle Präsidenten betreiben dieselbe Politik. Die Kolonialpolitik der francafrique und des französischen Einfluss sind alles was für Frankreich zählt. Und Menschenrechte gehören da nicht zu. es waren auch die Tiralleur senegalese und congolaise, die Rommel besiegt haben.

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