Klage gegen einen palästinensischen Milliardär, dem auch Schweizer vertrauten

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Bashar Masri, Chef von PADICO in Gaza-Stadt am 17.01.2023. Foto IMAGO / APAimages
Bashar Masri, Chef von PADICO in Gaza-Stadt am 17.01.2023. Foto IMAGO / APAimages
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Eine vergangene Woche in den USA eingereichte Klage hat den palästinensisch-amerikanischen Milliardär Bashar al-Masri (Bashar Masri) ins Rampenlicht gerückt. Al-Masri, der sich gerne als Wohltäter und Stadtplaner inszeniert, wurde von 200 Familienangehörigen der Opfer des Massakers vom 7. Oktober 2023 beschuldigt, unter anderem mit seiner Firma PADICO, Infrastrukturen für die Hamas bereitgestellt und damit die Terroranschläge vom 7. Oktober mittelbar unterstützt zu haben.

Die Anklage stützt sich auf den US-amerikanischen «Anti-Terrorism Act» und wirft al-Masri vor, Geschäftsprojekte in Gaza entwickelt zu haben, die der Hamas zur Tarnung, Stromversorgung und logistischen Unterstützung ihres unterirdischen Tunnelsystems dienten. Besonders im Fokus steht dabei das al-Mashtal-Hotel in Gaza-Stadt, das nach Angaben des israelischen Militärs bereits 2014 als Raketenabschussbasis der Hamas diente – und laut Klageschrift auch am 7. Oktober noch von der Terrororganisation genutzt wurde.

Noch im September 2023 kündigte al-Masri ein 60-Millionen-Dollar-Solarenergieprojekt in Gaza an – laut Klägern floss ein Teil der Energie in die Tunnelinfrastruktur der Hamas. Bereits 2022 hatte al-Masri ein Abkommen mit Hamas-Minister Abdel Fattah al-Zari’i unterzeichnet, der später von der IDF bei einem Luftschlag getötet wurde. Israel beschuldigte al-Zari’i, für die Hamas die Kontrolle über die in den Gazastreifen gelangende humanitäre Hilfe, die Verwaltung der von der Hamas kontrollierten Märkte und die Verteilung von Treibstoff, Gas und Geldern für terroristische Aktivitäten geleitet zu haben.

Al-Masri hatte vor einem Jahrzehnt zugegeben, an der «Planung» der ersten Intifada von 1987 gegen Israel beteiligt gewesen zu sein. Seitdem hat er sein öffentliches Image als Friedensstifter aufpoliert, was ihm zusätzlich zu den Katar-Geldern auch Fördermittel von den Vereinten Nationen, der Europäischen Union, der Weltbank und der US-Behörde für internationale Entwicklung (USAID) einbrachte.

Die Kläger werden von den führenden Anwaltskanzleien Osen LLC, Willkie Farr & Gallagher LLP, Stein Mitchell Beato & Missner LLP und Motley Rice LLC vertreten.

«Unsere Klage zielt nicht nur auf ein gewisses Mass an Gerechtigkeit für die Opfer der Anschläge vom 7. Oktober ab, sondern vor allem darauf, die verschiedenen Personen und Unternehmen, die die brutalen Gräueltaten der Hamas an diesem dunklen Tag unterstützt haben, zu entlarven und zur Rechenschaft zu ziehen – allen voran Bashar al-Masri und bedauerlicherweise auch internationale und vom US-Steuerzahler finanzierte Institutionen», sagte Gary M. Osen, geschäftsführender Partner bei Osen LLC gegenüber US-Medien. «Jede Bewertung der Faktoren, die es der Hamas ermöglichten, diese beispiellosen Anschläge auszuführen, ist bedauerlicherweise unvollständig, wenn man nicht die zentrale Rolle des Terrortunnelnetzwerks berücksichtigt. Die palästinensischen Angriffstunnel, die die israelische Bevölkerung schon seit mehr als einem Jahrzehnt terrorisieren, wurden am 7. Oktober in einem noch nie dagewesenen Ausmass aktiviert.»

Schweizer auf Irrwegen

Al-Masri gilt als Architekt von «Rawabi», einer palästinensischen Retortenstadt nördlich von Ramallah. Er präsentiert sich als moderner Visionär, der mit katarischem Kapital Arbeitsplätze schafft.

Im September 2018 reiste eine Delegation der «Gesellschaft Schweiz-Palästina» unter der Leitung des grünen Nationalrats Geri Müller in den Nahen Osten. Ziel war es laut eigenem Bericht, „Palästina als attraktiven Partner der Schweizer Wirtschafts- und Kulturwelt zu präsentieren“. Auf dem Programm stand auch ein Treffen mit Bashar al-Masri in «Rawabi». Mit dabei: der langjährige Palästina-Aktivist Ron Ganzfried, der Unternehmer Bernhard R. und EDA-Mitarbeiter Julien Thöni.

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Die Delegation der «Gesellschaft Schweiz-Palästina» mit Bashar al-Masri in der Mitte. Foto Rawabi

Julien Thöni, damals Leiter der Schweizer Vertretung in Ramallah, sprach sich offen für eine engere wirtschaftliche Zusammenarbeit mit al-Masris Projekten aus und lobte den Export palästinensischer Produkte – auch wenn diese aus politischen Gründen oft unter israelischer Flagge liefen, so Thöni gemäss dem Bericht der Gesellschaft Schweiz-Palästina.

Schweizer Investoren seien willkommen, so al-Masri, denn ohne Investitionen gebe es keinen weiteren Ausbau. Für den geplanten Anlagefonds für die nächste Bauetappe hätte al-Masri damals gerne einen vorzeigbaren Schweizer Investor gehabt. Ob er einen solchen gefunden hat, ist nicht bekannt. Al-Masri wurde im Bericht der «Gesellschaft Schweiz-Palästina» als Vorzeigeunternehmer dargestellt – man ignorierte weitgehend, dass Rawabi mit katarischen Staatsmitteln finanziert wurde.

Laut einem EDA-Sprecher habe man «keine Kenntnis von Schweizer Beiträgen an Projekte von Herrn Bashar al Masri, weder direkt noch indirekt».

Bashar al-Masri bestreitet die Vorwürfe – und solange kein Gericht anders entscheidet, gilt auch für ihn die Unschuldsvermutung. Für die Schweiz aber bleibt die Frage, wie sorgfältig Politik und Diplomatie bei der Auswahl ihrer Partner im Nahen Osten hinschauen. Oder eben nicht.

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