Die Schweiz und Jerusalem als Botschaftsstandort

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Symbolbild. Foto IMAGO / Pond5 Images
Symbolbild. Foto IMAGO / Pond5 Images
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Die Frage der Botschaften in Jerusalem ist seit Jahrzehnten ein politisch hochsensibles Thema. Obwohl Israel Jerusalem als seine Hauptstadt betrachtet und dort seine Regierungssitze unterhält, erkennen die meisten Staaten diese Tatsache nicht offiziell an. Seit der Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem im Jahr 2018 haben mehrere Länder diesen Schritt nachvollzogen.

von Hanspeter Büchi

Aktuell unterhalten die Vereinigten Staaten, Guatemala, Honduras, Papua-Neuguinea, Paraguay und der Kosovo ihre Botschaften in Jerusalem. Die meisten anderen Staaten, darunter auch die Schweiz, haben ihre diplomatischen Vertretungen weiterhin in Tel Aviv. Vor diesem Hintergrund hat Nationalrat Erich Vontobel am 19. Dezember 2024 in einer Interpellation die Verlegung der Schweizer Botschaft nach Jerusalem angeregt.

Die ablehnende Antwort des Bundesrats vom 12. Februar 2025 entspricht der einseitigen Haltung der UNO und des Internationalen Gerichtshofs, der 2024 aus einer skandalösen, antiisraelischen UNO-Resolution ein Israel delegitimierendes Gutachten konstruierte. 2024 richteten sich fast 75 % aller länderbezogenen UNO-Resolutionen gegen Israel – ein klares Zeichen für die Voreingenommenheit der UNO. Die Haltung des Bundesrats bedeutet eine Missachtung der völkerrechtlich gültigen Rechte des jüdischen Staates (bis 1948 nationale jüdische Heimstätte).

Denn nach wie vor gültig ist die britische Balfour-Erklärung von 1917, die die Errichtung einer nationalen jüdischen Heimstätte in Palästina zu unterstützen versprach. 1922 folgte das völkerrechtlich verbindliche Mandat des Völkerbunds, das für diese Heimstätte das Gebiet vom Jordan bis zum Mittelmeer, einschliesslich Jerusalems, festlegte. Diese nach wie vor gültigen Rechte sind geschützt durch Artikel 80 der UNO-Charta.

Daran haben weder der von den arabischen Staaten abgelehnte UNO-Teilungsplan von 1947 (ein unverbindlicher Vorschlag) noch die illegale Besetzung und Teilannexion von Judäa und Samaria (Westjordanland) sowie Ostjerusalems durch Jordanien und des Gazastreifens durch Ägypten (1948–1967) etwas geändert. Im Sechstagekrieg 1967 hat Israel diese Gebiete zurückerobert, plus weiteres Territorium wie den Sinai und die Golanhöhen.

Was will die von Bundesrat ins Feld geführte Resolution 242 des Sicherheitsrats von 1967? Der allein gültige damals verabschiedete englische Text verlangt den Rückzug Israels aus (nicht definierten) im Konflikt besetzten Gebieten (jedoch nicht aus allen Gebieten). Zudem fordert die Resolution die Anerkennung der Souveränität, territorialen Unversehrtheit und politischen Unabhängigkeit jedes Staates in der Region sowie das Recht, innerhalb sicherer und anerkannter Grenzen frei von Bedrohung und Gewalt in Frieden zu leben. Sie fordert aber keinen Rückzug Israels aus den 1948-67 von Jordanien und Ägypten illegal besetzten Teilen des jüdischen Mandatsgebiets. Israel hat inzwischen über 90% des1967 eroberten Gebiets zurückgegeben (darunter den Sinai). Es hält die Besetzung der Golanhöhen aus Sicherheitsgründen weiterhin aufrecht, was völkerrechtlich zulässig ist.

Ostjerusalem, das Westjordanland und der Gazastreifen gelten rechtlich nicht als besetzte Gebiete, denn besetzt werden kann nur fremdes Territorium. Der Hinweis auf das humanitäre Völkerrecht ist damit nicht zutreffend. Das gilt auch für weitere Punkte. So spricht das EDA von «palästinensischem Territorium», das völkerrechtlich nicht existiert. Die «Grüne Linie» war keine Grenze, nur eine Waffenstillstandslinie. Es gibt daher keine «Grenzen von 1967».

92% der Palästinenser in Judäa und Samaria (Westjordanland) lehnen die Existenz Israels ab, die Charta der PLO hat die Vernichtung Israels zum Ziel und die Schüler in den UNRWA-Schulen lernen, Israel und die Juden zu hassen. Dass der Bundesrat trotz dieser Fakten die Vision oder besser die Illusion des Sicherheitsrats «einer Region mit zwei demokratischen Staaten, Israel und Palästina, die Seite an Seite in Frieden etc. leben» unterstützt, überrascht sehr. Die sogenannte «Zweistaatenlösung» wäre das Gegenteil einer Lösung. Sie würde Israel einer neuen Quelle des Terrors aussetzen.

Der Konflikt hätte innert Jahrzehnten nicht die heutige Dimension – auch in den Medien – angenommen, wäre da nicht die Unterstützung der «palästinensischen Sache» durch die internationale Gemeinschaft, die UNO und deren Organisationen. Dabei werden die völkerrechtlich verankerten Rechte Israels ignoriert und stattdessen unhaltbare Forderungen und Positionen der Palästinenser gefördert und unterstützt. Vertreter der Linken zeigen hier besonderen Eifer. Kein Thema sind Hetze und Terror seitens Fatah, auch nicht deren kontinuierliche Verletzung der Oslo-Verträge. Obwohl die Indoktrination der Kinder an den UNRWA-Schulen seit Jahren bekannt ist, flossen Millionen Steuergelder an diese Frieden verhindernde Organisation.

Der Bundesrat kann keine glaubwürdigen Gründe gegen eine Verlegung der Schweizer Botschaft nach Jerusalem vorbringen.

Eingereichter Text

Die Schweiz betreibt ihre Botschaft weiterhin in Tel Aviv, obwohl es dafür keine stichhaltigen Gründe gibt. Israel wurde von der Schweiz bereits 1949 anerkannt, und Jerusalem ist seit 1950 die Hauptstadt Israels. Eine allfällige Zweistaatenlösung würde daran nichts ändern. Seit der Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem im Jahr 2017 sind zudem mehrere Staaten diesem Schritt gefolgt.

Hat das EDA die Verlegung der Schweizer Botschaft nach Jerusalem geprüft oder plant es, dies zu tun?
2. Welche Auswirkungen hätte eine solche Verlegung auf die bilateralen Beziehungen zwischen der Schweiz und Israel sowie auf andere Staaten?
3. Gibt es andere Beispiele, in denen die Schweiz ihre Botschaft nicht in der anerkannten Hauptstadt eines Landes unterhält?

Stellungnahme des Bundesrates vom 12.02.2025

1 und 2: Wie in den Antworten auf die Interpellation 17.3154 und auf das Postulat 17.4164 ausgeführt und gemäss der Resolution 242 des UNO-Sicherheitsrats anerkennt die Schweiz den Staat Israel in den Grenzen an, die am Vorabend des Sechstagekriegs vom 5. Juni 1967 («Grüne Linie») bestanden. Alle von Israel kontrollierten oder annektierten Gebiete, die über die Grenzen von 1967 hinausgehen, gelten nach dem humanitären Völkerrecht als besetzte Gebiete. Dies betrifft auch Ostjerusalem, das ein integraler Bestandteil des besetzten palästinensischen Gebiets ist. Diese Auffassung wurde regelmässig von Organen der Vereinten Nationen, einschliesslich des Internationalen Gerichtshofs und des Sicherheitsrats, bestätigt.

In seiner MENA-Strategie 2021-2024 unterstützt der Bundesrat die vom UNO-Sicherheitsrat formulierte Vision einer Region mit zwei demokratischen Staaten, Israel und Palästina, die Seite an Seite in Frieden und innerhalb sicherer und anerkannter Grenzen leben. Im Rahmen der Fragen zum endgültigen Status von Israel und Palästina müssen die Parteien eine Lösung für folgende Elemente gemeinsam vereinbaren: 1) Status von Jerusalem; 2) eine gerechte und umfassende Lösung für die Flüchtlingsfrage; 3) die künftigen Grenzen (Vereinbarung auf der Basis von 1967, mit der Möglichkeit, sich auf einen gleichwertigen Landtausch zu einigen) und 4) Sicherheitsvereinbarungen für Israel und Palästina (Seite 25 der Strategie).

Es obliegt daher in erster Linie den Parteien, eine für beide Seiten akzeptable Lösung zu vereinbaren. Mangels eines globalen verhandelten Abkommens unterhält die Schweiz – wie die überwiegende Mehrheit der internationalen Gemeinschaft – ihre Botschaft in Tel Aviv. Eine Verlegung der Schweizer Botschaft würde die Frage des Status von Jerusalem vorgreifen.

3: Die Frage des Status von Jerusalem ist aufgrund ihrer Komplexität, insbesondere in historischer und rechtlicher Hinsicht, einzigartig. Es gibt keine vergleichbare Situation.