
Wie die Financial Times berichtet, sind zwei iranische Frachtschiffe mit wichtigen Chemikalien für Raketentreibstoff auf dem Weg von China in den Iran. Die Schiffe „Golbon“ und „Jairan“ transportieren über 1.000 Tonnen Natriumperchlorat, womit sich etwa 960 Tonnen Ammoniumperchlorat herstellen lassen – der Hauptbestandteil für Festtreibstoff von Raketen. Ammoniumperchlorat gehört zu den durch das internationale Trägertechnologie-Kontrollregime (MTCR) kontrollierten Chemikalien.
Die Chemikalien sind für die Iranische Revolutionsgarde bestimmt, eine stattliche Elite-Armee, die unter anderem für Angriffe und Terroranschläge im Ausland verantwortlich ist. Beide Schiffe werden voraussichtlich direkt und ohne Zwischenstopp den iranischen Hafen Bandar Abbas im Persischen Golf ansteuern.
Treibstoff für iranische Mittelstreckenraten
Nach Angaben westlicher Sicherheitsbeamter könnte die transportierte Menge ausreichen, um etwa 260 iranische Mittelstreckenraketen vom Typ Kheibar Shekan oder Haj Qassem anzutreiben. Der Iran setzte bei seinen Angriffen auf Israel im April und Oktober des vergangen Jahres Kheibar Shekan-Raketen ein. Alternativ könnte die Islamische Republik aus dem Natrium Treibstoff für noch weitreichendere Raketen wie die Sejil herstellen.
Einige der von Iran hergestellten ballistischen Raketen können mit Atomsprengköpfen bestückt werden, wodurch sie für Irans Atomwaffenprogramm relevant sind. Die chinesische Unterstützung bringt den Iran der Fähigkeit näher, eines Tages Atomwaffen einsetzen zu können.
Iranische Raketentreibstoff-Produktion beschädigt
Israel hatte im Oktober vier wichtige iranische Raketenproduktionsstätten angegriffen hat: Abdul Fat, Shahid Qadiri, Falah und Khojir, die alle den Revolutionsgarden gehören. Reuters hatte erst im Juli berichtet, dass die Anlage in Khojir massiv ausgebaut wird. Zudem wurde eine Fabrik in Teheran getroffen, die Planetenmischer zur Herstellung von Feststoffraketenmotoren produziert.
Wie Jonathan Lord, leitender Wissenschaftler und Direktor des Programms für Sicherheit im Nahen Osten am Center for a New American Security, auf X schreibt, habe Israel bei seiner Antwort auf Irans Raketenangriff im Oktober die iranische Produktionsfähigkeit für Raketentreibstoff schwer beschädigt. China versuche nun, den Iran mit ausreichend Natriumperchlorat zu beliefern, um Hunderte von Raketen anzutreiben
China unterstützt Iran schon lange
Ob die chinesische Regierung von den Lieferungen weiss, ist gemäss Financial Times unklar. Die chinesische Botschaft in Washington erklärte, man sei mit der Situation „nicht vertraut“ und setze sich für Frieden und Stabilität in der Region ein. Der ehemalige CIA-China-Analyst Dennis Wilder weist darauf hin, dass China seit 1979 umfangreiche Waffenverkäufe an den Iran tätigt, darunter 1986 während des Iran-Irak-Krieges „Silkworm“-Schiffsabwehrraketen. Seit den frühen 1990er Jahren unterstützt China das iranische Militär bei der Entwicklung ballistischer Raketen mit Expertise, Technologie und Training.
China-Iran-Russland
Nach Einschätzung Wilders hilft China dem Iran auch heimlich bei der Raketenproduktion für den russischen Krieg in der Ukraine. Motive seien der gemeinsame Kampf gegen die wahrgenommene US-Hegemonie sowie Chinas jährliche Käufe grosser Mengen verbilligten iranischen Rohöls. Die USA haben China wiederholt kritisiert – sowohl wegen der Unterstützung des Iran und der Verletzung von US-Sanktionen durch den Kauf iranischen Öls als auch wegen der Lieferung von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck an Russland für den Krieg gegen die Ukraine. Kritiker warfen der Biden-Regierung jedoch vor, die Sanktionen nicht ausreichend durchgesetzt zu haben.