Landshut: Ein berühmtes Flugzeug erreicht seine endgültige Parkposition

0
Die Landshut, 1977 von palästinensischen Terroristen entführt, in Mogadischu von der GSG 9 befreit und zuletzt in Fortaleza (Brasilien) auf einem Flughafen abgestellt, wurde 2017 nach Deutschland überführt. Foto IMAGO / 7aktuell
Die Landshut, 1977 von palästinensischen Terroristen entführt, in Mogadischu von der GSG 9 befreit und zuletzt in Fortaleza (Brasilien) auf einem Flughafen abgestellt, wurde 2017 nach Deutschland überführt. Foto IMAGO / 7aktuell
Lesezeit: 3 Minuten

An Bord dieses Flugzeugs spielten sich dramatische Szenen ab. 1977 wurde die „Landshut“ von Terroristen gekapert, wenig später stürmte die GSG 9 die Maschine und befreite die Geiseln

von Joachim Heinz

„Hier ist der Deutschlandfunk mit einer wichtigen Nachricht. Die von Terroristen in einer Lufthansa-Boeing entführten 86 Geiseln sind alle glücklich befreit worden.“ Wenige Minuten zuvor, am 18. Oktober 1977 um 00.12 Uhr deutscher Zeit, hatte Staatsminister Hans-Jürgen Wischnewski nach Bonn durchgegeben: „Die Arbeit ist erledigt.“

Nicht nur im Bundeskanzleramt, sondern „in aller Welt“ atmeten die Menschen auf, wie es Bundeskanzler Helmut Schmidt zwei Tage darauf in seiner Regierungserklärung vor dem Bundestag zusammenfasste. Nach 9.000 Kilometern und mehr als 100 Stunden Todesangst für Passagiere und Besatzung fand der Irrflug der „Landshut“ im somalischen Mogadischu ein Ende.

Vor einigen Jahren trat das geschichtsträchtige Flugzeug noch einmal eine lange Reise an. Im Herbst 2017 wurde es auf Betreiben des damaligen Außenministers Sigmar Gabriel (SPD) von Brasilien zum Flughafen Friedrichshafen am Bodensee überführt.

Anschließend blieb lange unklar, was mit dem sperrigen Erbe passieren würde. Im November 2020 erhielt die Bundeszentrale für politische Bildung vom Bundestag schließlich den Auftrag, das Wrack der „Landshut“ in historisch-politische Bildungskontexte einzubinden. Dafür soll die Boeing 737 dauerhaft im Rahmen des neuen „Lernortes“ präsentiert werden.

Dieser Lernort entsteht ebenfalls am Flughafen Friedrichshafen, in einer eigens dafür umgebauten ehemaligen Flugzeugwerft. Zuletzt stand das Flugzeug in einem anderen Hangar zwischen Privatjets, die auf eine Reparatur warteten. Am Dienstag erreichte die „Landshut“ ihre endgültige Parkposition. Auf ihrer mutmaßlich letzten Reise wurde die Maschine über rund 500 Meter transportiert.

Eine wichtige Etappe beim Entstehen des „Lernortes“ ist damit gemeistert. Aber offene Fragen gibt es trotzdem noch. Nach den Vorstellungen der Bundeszentrale für politische Bildung soll die „Landshut“ in ihrem jetzigen Zustand konserviert werden, um die „verschiedenen Zeit- und Materialschichten“ sichtbar zu lassen. „Welche gegenwärtigen und künftigen Bezugspunkte die Ereignisse von damals sowie der Umgang mit dem historischen Objekt für die Demokratie heute haben, sollen Besuchende herausfinden und miteinander aushandeln.“

Manch einem ist das zu wolkig. Der Ulmer Historiker Michael Berg wetterte unlängst in der „Welt“ über ein „Pseudo-Interesse an der ‚Landshut'“, das er für entwürdigend halte. „Ich würde mir wünschen, dass nun nicht krampfhaft wenig stichhaltige Argumente gesucht werden, um das Flugzeug nicht rekonstruieren zu müssen.“ Auch unter den Zeitzeuginnen und Zeitzeugen gibt es über genau diesen Punkt Diskussionen. Bis Ende 2026 soll der Lernort der Öffentlichkeit zugänglich sein.

Noch einmal ein Blick zurück: Von den vier palästinensischen Terroristen, die die Lufthansa-Maschine am 13. Oktober 1977 auf ihrem Flug von Palma de Mallorca nach Frankfurt in ihre Gewalt gebracht hatten, wurden drei bei der Erstürmung der „Landshut“ durch die Spezialeinheit GSG 9 erschossen.

Mit ihrer Aktion wollten die Entführer, die unterwegs Pilot Jürgen Schumann umbrachten, unter anderem die in Stuttgart-Stammheim inhaftierten Anführer der Roten Armee Fraktion (RAF) freipressen. Der Vorfall gilt als eines der Schlüsselereignisse im „Deutschen Herbst“, in dessen Verlauf der Terror der RAF seinen Höhepunkt erreichte.

Bereits im April hatte die Terrorgruppe Generalbundesanwalt Siegfried Buback ermordet, im Juli den Dresdner-Bank-Chef Jürgen Ponto. Am 5. September schließlich entführte ein RAF-Kommando Arbeitgeberpräsident Hanns-Martin Schleyer in Köln.

Nur wenig später überstürzten sich die Ereignisse. Mit der „Operation Feuerzauber“ endete die Geiselnahme in dem Lufthansa-Flieger. Die in Stammheim inhaftierten RAF-Anführer Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe töteten sich selbst; Irmgard Möller überlebte schwer verletzt. Nahezu zeitgleich wurde Hanns-Martin Schleyer von seinen Entführern ermordet. Insgesamt starben durch den Terror der RAF Dutzende Menschen; erst 1998 löste sich die Gruppe auf. Bis heute allerdings, das zeigen die Fälle Burkhard Garweg und Daniela Klette, wird immer noch nach Terroristen gefahndet.

KNA/joh/lwi

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.