Die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) Bayern dokumentierte in den ersten sechs Monaten nach dem 7. Oktober 2023 in Bayern 527 antisemitische Vorfälle mit einem Bezug zu Israel. In den sechs Monaten zuvor waren es 43 – ein Zuwachs von 1125 Prozent.
Wie aus der RIAS-Bayern-Veröffentlichung „‘Free Palestine from German guilt‘?“ hervorgeht, handelt es sich bei den diesen Vorfällen nach dem 7. Oktober 2023, dem Tag des Massakers der Hamas im Süden Israels, um fünf Angriffe, zwölf gezielte Sachbeschädigungen, 19 Bedrohungen, elf Massenzuschriften und 480 Fälle verletzenden Verhaltens, darunter 127 Versammlungen. Allein auf bayerischen Straßen wurden 243 Vorfälle mit einem Bezug zu Israel dokumentiert, zwischen dem 1. Januar und dem 6. Oktober 2023 waren es nur 26. Dem antiisraelischen Aktivismus sind 22 Prozent der Vorfälle zuzurechnen, gefolgt vom islamisch/islamistischen und linken Milieu mit je vier Prozent. Bei einem Grossteil der Vorfälle war ein bestimmter politischer Hintergrund nicht eindeutig zuordenbar.
„Angesichts der von uns dokumentierten Vorfälle kann ich leider nachvollziehen, dass sich viele bayerische Jüdinnen und Juden wie auch Israelis in Bayern nicht mehr sicher fühlen. Wer für den jüdischen Staat einsteht oder jüdische Symbole zeigt, muss mindestens mit Anfeindungen rechnen. Viel zu lange wurde und wird der israelbezogene Antisemitismus als vermeintliche ‚Israelkritik‘ verharmlost, anstatt zuzugeben, dass es gegen Jüdinnen und Juden insgesamt geht“, sagte RIAS-Bayern-Leiterin Annette Seidel-Arpacı im Münchner Presseclub bei der Vorstellung des neuen Berichts.
„Nein, Geschichte wiederholt sich nicht. Aber der Antisemitismus bleibt. Und immer wieder sprudeln neue Quellen. Ihr Wasser fliesst zunächst in Bäche, dann Flüsse, Ströme und ins Meer. Es sind dieselben Quellen, Bäche, Flüsse, Ströme, Meere und doch nicht dieselben.“ erklärte Michael Wolffsohn, Historiker und Publizist zu den veröffentlichten Zahlen.
Talya Lador-Fresher, Generalkonsulin des Staates Israel für Süddeutschland: „Am 5. September schoss ein islamischer Terrorist mit einem Gewehr auf das israelische Generalkonsulat und das NS-Dokumentationszentrum. Im Mai wurde bereits eine Flasche mit einer Gewehrkugel auf das Gelände des Generalkonsulates geworfen. Angriffe wie diese sind erschreckende und gefährliche Höhepunkte der antisemitischen Vorfälle, die insbesondere Jüdinnen und Juden sowie Israelis derzeit erleiden müssen. Neben diesen Angriffen erhielt auch das Generalkonsulat in den letzten Monaten hunderte antisemitische Nachrichten und Kommentare in den Sozialen Medien. Diese Aufrufe und Angriffe sind keine legitime Kritik. Sie sind purer Hass und ganz eindeutig Antisemitismus. So etwas darf nicht einfach hingenommen werden, sondern muss zu einem öffentlichen Aufschrei in der gesamten Bevölkerung führen.“