Der ewige 6. Oktober und wie der SIG Zeit verplempert

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Anti-Israelische Demo in Basel, 13 Juli 2024. Foto IMAGO / SOPA Images
Anti-Israelische Demo in Basel, 13 Juli 2024. Foto IMAGO / SOPA Images
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Auch in der Schweiz eskaliert nach dem 7. Oktober der Antisemitismus der Tat. Doch der Schweizerische Israelitische Gemeindebund, der primäre jüdische Ansprechpartner für die Schweizer Politik, setzt weiterhin auf eine Appeasement-Strategie, die schon vor dem Hamas-Pogrom nicht funktioniert hat. Je länger die sicherheitspolitische Realitätsverleugnung andauert, desto böser wird nachher das Erwachen sein.

Vor 18 Jahren folterte in der Paris Banlieue eine muslimische, sich «Barbaren» nennende Bande den jüdischen Verkäufer Ilan Halimi zu Tode. Hätte man damals energisch gehandelt, wäre es vielleicht noch möglich gewesen, eine akzeptable Sicherheitslage für die französischen Juden zu erhalten. Jetzt ist es zu spät. Nach dem Wahlsieg des islamophilen und in Teilen offen antisemitischen Nouveau Front Populaire fasste der Rabbiner der Grossen Pariser Synagoge, Moshe Sebbag, die Situation wie folgt zusammen: «Es gibt offensichtlich keine Zukunft für Juden in Frankreich. Allen Jungen sage ich, sie sollen nach Israel oder in ein sichereres Land gehen.»

Frankreich ist die Vorhut; mit etwas Anstand folgt das Feld. Dinge wie «Juden auf offener Strasse bespuckt und geschlagen» sind von B wie Belgien bis S wie Schweden Teil der neuen westeuropäischen Normalität. Selbst in der Schweiz, in der es seit 1800 kein Pogrom mehr gab, ist nach dem 7. Oktober unübersehbar, wohin die Jauche fliesst. Man ist zwar noch nicht in Paris – aber auf bestem Weg dorthin.

Dementsprechend wäre jetzt höchste Zeit, entschlossen zu handeln. Aber genau das geschieht nicht. Und zwar auch deshalb nicht, weil der Schweizerische Israelitische Gemeindebund (SIG), der Dachverband der jüdischen Gemeinden – nichts tut oder fordert, was einer weiteren Verschlechterung der jüdischen Sicherheitslage entgegenwirken würde.

Die Dreifaltigkeit der Unsicherheit

Wer die Sicherheit für die jüdische Minderheit verbessern will, muss bei der Frage beginnen, wieso sie schlechter wird. Die Antwort auf diese Frage ist offensichtlich – zumindest für den, der ab und zu Zeitung liest, rudimentäre Kenntnisse in Public Policy besitzt und ideologisch nicht überschwer vorbelastet ist. Schuld an der erodierenden Sicherheit für die Juden ist jene Dreifaltigkeit von Scharia-Einwanderung, soft-on-crime-Politik und institutionalisierter Wehrlosigkeit, die überall zu eskalierender Gewalt führt, wo sie vorherrscht.

Propalästinensische Kundgebung in Basel am 13. Januar 2024. Foto IMAGO / dieBildmanufaktur
Propalästinensische Kundgebung in Basel am 13. Januar 2024. Foto IMAGO / dieBildmanufaktur

Der erste Faktor ist der gewichtigste. Einschlägige Befragungen zeigen konsistent: Muslime hegen signifikant häufiger antisemitische Ressentiments als Nicht-Muslime. Und Kriminalitätsstatistiken zeigen ebenso konsistent: Migranten mit Scharia-Hintergrund begehen um ein Mehrfaches häufiger Gewalt- und Sexualdelikte als der Bevölkerungsdurchschnitt. Es gibt kein einziges westliches Land, in dem mehr muslimische Einwanderung nicht zu einer massiven Zunahme des Droh-, Einschüchterungs- und Gewalt-Antisemitismus geführt hat. Und es gibt kein westeuropäisches Land, in dem der Löwenanteil dieses Antisemitismus nicht auf das Konto muslimischer Täter geht.

Die zweite Komponente der Unsicherheits-Trojka ist die schleichende «Kalifornisierung» der Schweizer Städte. Sie ist das Resultat einer Art von Strafrecht, Justiz und Polizeiarbeit, bei der nicht die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit im Vordergrund steht, sondern die «Verhältnismässigkeit» im Vorgehen gegen alle Arten von Asozialen, Querulanten und Geistesgestörten – mögen sie noch so disruptiv, renitent und gewaltbereit sein. Wann in der Geschichte hat eine Atmosphäre der Gesetzlosigkeit nicht auch zu einer Zunahme von sichtbarem Antisemitismus geführt? Dementsprechend liegt es auf der Hand, dass das Laissez-faire in Bezug auf Delinquenz und Extremismus auch den rabiaten Judenhass anspornt.

Die dritte Komponente hat damit zu tun, dass in kriminologischen Zusammenhängen die Relativität der Zeit keine Rolle spielt. Um jemanden zu erstechen, genügen 1-10 Sekunden; für einen lebensgefährlichen Prügelangriff reichen 1-30 Sekunden. Solange die Polizei keine Teleporter hat, kommt sie immer zu spät. Und genau aus diesem Grund hat eigentlich jeder zivilisierte Staat – auch die Schweiz – eine Notwehr- und Notwehrhilfsgesetzgebung, die für Angegriffene und Zeugen das staatliche Gewaltmonopol aufhebt, bis der Angriff beendet ist.

Das Problem dabei ist, dass dieses zur Abschreckung und Abwehr von Gewalt- und Sexualstraftätern so zentrale Recht zum Selbst- und Drittschutz seit Ende der Neunzigerjahre bis zur Unkenntlichkeit ausgehöhlt wurde (in anderen westeuropäischen Staaten geschah das schon früher). Seit 1999 dürfen Privatpersonen ausser zur Ausübung bestimmter Berufe keine Waffen mehr tragen. Und täterfreundliche Staatsanwälte und Richter verlangen von Opfern und guten Samaritern allzu oft eine Zurückhaltung, die einer faktischen Pflicht nahekommt, Recht vor Unrecht weichen zu lassen. Die Folge davon ist die ungehinderte Ausbreitung einer zunehmend arabisch-migrantisch geprägten Pöbel- und Gewaltkultur, die besonders für Juden an Leib und Leben gefährlich ist.

Sich anbiedern, um «Vorurteile abbauen»

Vor diesem Hintergrund sollte sich eine projüdische Politik spätestens seit 10/7 in erster Linie um drei Dinge drehen: eine Verringerung der Zuwanderung aus Scharia-Ländern, mehr Law and Order und mehr Wehrhaftigkeit sowohl für die Mitglieder der jüdischen Community als auch für potentielle gute Samariter. Doch dem SIG scheint das alles zu entgehen oder nicht von Belang zu sein. Unter «Sicherheit und Extremismus» figuriert auf der Verbandswebsite eine einzige Position: das Verbot von Nazi-Symbolen. Diese Forderung wird ergänzt durch die Unterstützung einer Strategie gegen Antisemitismus. Genau wie beim Hakenkreuzverbot ist bei diesem Bürokratismus die totale Wirkungslosigkeit gegen den Judenhass a priori garantiert.

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Zürich „Pride“ 2024, 15 Jun 2024. Foto IMAGO / SOPA Images

Auch sonst setzt der SIG inmitten des eskalierenden Antisemitismus auf das, womit er schon vorher keinen Erfolg hatte und womit kein jüdischer Verband in einem anderen Land je etwas erreicht hat: auf Anbiederung bei muslimischen Gruppierungen, auf unerwiderte Liebe zu israelfeindlichen open-borders und soft-on-crime Parteien, und auf «Dialog», «Bildung» und «Aufklärung», um «Vorurteile abzubauen» – was nur schon deshalb scheitern muss, weil Antisemitismus kein Vorurteil ist, sondern ein Ressentiment.  

Auch jüdisches Appeasement führt ins Verderben

Symbolpolitik und Dialogblabla sind nicht die Mittel, um den Schweizer Juden das Los ihrer französischen Geschwister zu ersparen. Woke-linke Israelhasser und Hamas-Apologeten sind nicht die richtigen Partner für eine projüdische Politik. Indem der SIG das Gegenteil vorgibt, macht er sich in breiten Kreisen unglaubwürdig ­– und schmälert so ohne Not seinen politischen Einfluss. Zudem erleichtert er woke-linken Parteien, ihr sicherheitspolitisches Laissez-faire zu legitimieren, und erschwert es den Bürgerlichen, die nötige Härte gegen gewaltbereite Asoziale durchzusetzen, die ein ziviles Zusammenleben unter westlichen Vorzeichen erst ermöglicht.  

Am Antisemitismus sind die Antisemiten schuld, nicht die Juden. Diese Regel gilt ohne Ausnahme. Dementsprechend trifft den SIG keine Schuld, egal, wie sehr der Judenhass sich in der Schweiz noch verschlimmert. Damit ist aber nicht gesagt, dass die SIG-Führung der jüdischen Community keinen Bärendienst leistet, wenn sie nicht von ihrer realitätsverleugnenden Politik des ewigen 6. Oktober abrückt. Eine andere Regel ohne Ausnahme lautet nämlich: Appeasement führt ins Verderben. Chamberlain war nicht schuld an Hitlers Krieg. Aber wenn er rechtzeitig auf Aufrüstung gesetzt hätte, statt mit Herrn Hitler rumzureden, wären doch so einigen Briten einige Unannehmlichkeiten erspart geblieben.

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Über Lukas Joos

Lukas Joos studierte Philosophie und Osteuropäische Geschichte. Er ist selbstständiger Berater im Bereich strategische Kommunikation.

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1 Kommentar

  1. Das Problem der Scharia Einwanderung ist eine Folge der Zerstörung von Irak, Syrien, Libyen etc. Nach der Tötung von Ghaddafi und Saddam entstand ein Machtvakuum, das die islamischen Nazis gefüllt haben. Ich denke, es ist richtig, dass Judenhass der „Kitt“ der arabischen und nordafrikanischen Länder ist und die kommen jetzt hierher. Wir sind nunmal die Nachbarn. Die Leute Krieg und Bürgerkrieg zu überlassen, den die NATO mit entfesselt hat, halte ich für nicht realistisch. Abschiebungen sind teuer und schrecken niemanden ab. Statt dessen halte ich es für sinnvoll, die Scharia und das Khalifat zu verbieten, Konten zu sperren, und den muslimischen Antisemitismus zusammen mit Postkolonialismus zu bekämpfen. Mit allen Mitteln außer der Todesstrafe. Das heißt aber auch, den säkularen Staat zu stärken und die Fehler der Vergangenheit- beten ist besser als Tarifrecht- zu unterlassen. Die grauen Wölfe und die Moslembruderschaften werden verboten und verfolgt, geächtet und gebannt. Waffen tragen ist sehr problematisch, es setzt einen Waffenschein voraus und gerade in der Schweiz werden Frauen bei Ehestreitigkeiten oft erschossen. Ich empfehle daher, Waffenhandel brutal zu unterbinden und Kurse in Selbstverteidigung zu machen. Auch Messer können einiges anrichten und Entwaffnen lernen ist daher sinnvoll. Es ist aber der weichgespülte Kurs, die Schuldabwehr der Europäer, der das ermöglicht und natürlich der Kalte Krieg. Und Israel ist von Feinden umgeben, denn Ägypten, mittlerweile auch Libyen, Algerien, Tunesien, Irak und Syrien sind korrupt und tiefbraun. Und Israel kann nun wirklich keine Dreifronten Kriege führen, das wäre eine Überstreckung der Armee. Das Problem muss bei aller realen Verzweiflung und aller realen tödlichen Bedrohung anders gelöst werden.

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