Warum palästinensische Führer keinen Frieden mit Israel schliessen können

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Yahya Sinwar und Mustafa Barghouti am 1. Oktober 2022 an einer Kundgebung in Gaza-Stadt. Foto IMAGO / ABACAPRESS
Yahya Sinwar und Mustafa Barghouti am 1. Oktober 2022 an einer Kundgebung in Gaza-Stadt. Foto IMAGO / ABACAPRESS
Lesezeit: 5 Minuten

Der prominente palästinensische Politiker Mustafa Barghouti wurde von vielen Palästinensern scharf kritisiert, nachdem er bei einer Konferenz in Italien gefilmt wurde, wie er einen ehemaligen israelischen Aussenminister umarmte. Barghouti wird vorgeworfen, die Palästinenser zu verraten, indem er die „Normalisierung“ mit Israel fördert.

von Bassam Tawil

Der aktuelle „Skandal“ brach aus, nachdem ein Video in den sozialen Medien aufgetaucht war, in dem Barghouti den ehemaligen israelischen Aussenminister Shlomo Ben-Ami während eines Treffens parlamentarischer Fraktionen in Italien herzlich umarmt. Ben-Ami, ein Historiker, ist bekannt für seine Mitwirkung am Friedensprozess zwischen Israel und den Palästinensern vor mehr als zwei Jahrzehnten. Er ist auch dafür bekannt, dass er sich für die Gründung eines palästinensischen Staates neben Israel einsetzt.

Barghoutis Kritiker machen jedoch keinen Unterschied zwischen einem rechten und einem linken israelischen Juden. Für sie sind alle israelischen Juden, auch diejenigen, die eine Zwei-Staaten-Lösung unterstützen, Feinde.

Barghouti, der eine Partei namens „Palästinensische Nationale Initiativbewegung“ leitet, bekommt nun eine Kostprobe seiner eigenen Medizin. Seit vielen Jahren ist Barghouti ein entschiedener Befürworter der antisemitischen Boykott-, Divestment- und Sanktionskampagne (BDS) gegen Israel. Er hat auch an BDS-Aktivitäten teilgenommen und erklärte: „Wir befinden uns jetzt in der Anfangsphase einer Boykott-, Divestment- und Sanktionskampagne, die sich gegen die israelische Regierung richtet, weil sie sich weigert, internationales Recht zu befolgen.“

Das „Völkerrecht“ bezieht sich oft auf Resolutionen der Vereinten Nationen und anderer internationaler Gremien, die die Errichtung eines palästinensischen Staates neben Israel fordern. Ein solcher Staat wird laut palästinensischen Meinungsumfragen von Mördern und Vergewaltigern der vom Iran unterstützten Terrororganisation Hamas kontrolliert werden.

Barghouti ist auch Vorsitzender der Palestinian Medical Relief Society, einer Gruppe, die mit der Terrororganisation Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP) in Verbindung steht. Im Jahr 2019 nahm er an einer von der PFLP organisierten Konferenz mit dem Titel „Das Verbrechen der Normalisierung [mit Israel] und Wege der Konfrontation“ teil. Die Konferenz fand zu Ehren des 11. Jahrestages des Todes von PFLP-Gründer George Habash statt. Auf der Konferenz hielt Barghouti einen Vortrag über „Die Rolle der Parteien und Gruppierungen bei der Förderung des Boykottkonzepts“.

Barghouti hat sogar den von der Hamas geführten Angriff auf Israel am 7. Oktober 2023 gerechtfertigt, bei dem Hunderte von Israelis getötet, vergewaltigt, enthauptet, verstümmelt, lebendig verbrannt, gefoltert und in den Gazastreifen entführt wurden:

„Diese Initiative (Angriff) ist… eine Antwort auf diejenigen, die dachten, dass sie durch eine Normalisierung mit den arabischen Ländern die palästinensische Frage beseitigen und marginalisieren können. Sie kommt auf die bestmögliche Art und Weise zurück… Sie zeigt, dass Israel nicht allmächtig ist, und sie zeigt auch, was die Palästinenser tun können, wenn sie entschlossen sind, für ihre Freiheit zu kämpfen…“

Mit anderen Worten: Barghouti ist froh, dass der Anschlag die Friedensbemühungen zwischen Israel und einigen arabischen Ländern, darunter Saudi-Arabien, vereiteln könnte.

Barghoutis Anti-Israel-Kampagnen und seine Unterstützung für die Gräueltaten vom 7. Oktober werden jedoch von vielen Palästinensern ignoriert, die ihn beschuldigen, ein Verbrechen begangen zu haben, indem er den israelischen Ex-Minister umarmte. Einige Palästinenser haben sogar ein mit Photoshop bearbeitetes Bild von Barghouti in einer israelischen Militäruniform gepostet, um ihren Vorwurf zu untermauern, er sei ein Verräter.

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Mustafa Barghouti und Hamas-Führer Ismail Haniyeh. Foto IMAGO / Eibner International 

Aufgeschreckt durch die Anschuldigungen sah sich Barghouti gezwungen, sich bei den Palästinensern dafür zu entschuldigen, dass er es gewagt hatte, in der Öffentlichkeit mit einem israelischen Juden aufzutreten. „Dies war ein unbeabsichtigter Fehler, der vermieden und nicht gemacht werden sollte“, sagte er. „Ich habe den Mut und das Selbstvertrauen, was hoffentlich jeder hat, einen Fehler einzugestehen, wenn er passiert.“

Ausserdem versprach er, sich weiterhin gegen eine Normalisierung der Beziehungen zu Israel zu wehren:

„Unsere Position hat sich nicht geändert und wird sich nicht ändern. Während meines kurzen Besuchs in Italien wurde ich eingeladen, an einem politischen Symposium teilzunehmen, an dem acht Redner teilnahmen, darunter der Bürgermeister von Rom, Parlamentarier und italienische Diplomaten. Es handelte sich um ein öffentliches Symposium und nicht um ein palästinensisch-israelisches Treffen, wie einige böswillige Leute behaupteten. Leider hatte ich aus Zeitmangel keine Gelegenheit, die Identität aller Teilnehmer des Symposiums zu recherchieren, an dem auch der israelische Politiker und Oppositionelle Shlomo Ben-Ami teilnahm, der als Dozent an spanischen Universitäten tätig ist.

Die Verleumdungskampagne gegen Barghouti verdeutlicht, wie palästinensische Führer und Funktionäre ihr Volk so weit gegen Israel radikalisiert haben, dass es unmöglich, wenn nicht sogar gefährlich geworden ist, sich in der Gesellschaft eines israelischen Juden zu zeigen. Barghouti kann nur sich selbst die Schuld für die Gegenreaktionen geben, mit denen er konfrontiert ist, nachdem er zusammen mit Ben-Ami an der Konferenz in Italien auftrat.

Barghouti hetzt seit langem die Palästinenser und den Rest der Welt gegen Israel auf. Er befürwortet seit langem den Boykott Israels und hat sich gegen eine Normalisierung der Beziehungen zu den Israelis ausgesprochen. Er hat daher kein Recht, sich über die Angriffe auf ihn aufzuregen oder die Diffamierungskampagne zu beklagen, die Palästinenser gegen ihn gestartet haben.

Angesichts der enormen Aufregung, die diese kurze Begegnung zwischen einem israelischen Juden und einem Palästinenser ausgelöst hat, kann man sich nur vorstellen, welche Folgen dies für jeden palästinensischen Führer haben würde, der es auch nur wagt, über einen Frieden mit Israel zu sprechen oder ihn in Erwägung zu ziehen. Der Aufschrei über das Treffen in Italien macht deutlich, warum sich der Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde Mahmoud Abbas seit zehn Jahren weigert, an den Verhandlungstisch mit Israel zurückzukehren. Abbas weiss genau, dass seine wiederholten Angriffe auf Israel die Palästinenser so sehr gegen Israel radikalisiert haben, dass die meisten von ihnen das Massaker vom 7. Oktober an den Israelis unterstützen, die Hamas gegenüber der Palästinensischen Autonomiebehörde bevorzugen und ihn bei der kleinsten Übertretung gerne als Verräter umbringen würden.

Bassam Tawil ist ein im Nahen Osten lebender muslimischer Araber. Auf Englisch zuerst erschienen bei Gatestone Institute. Übersetzung Audiatur-Online.

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