Zentralrat der Juden fürchtet US-Verhältnisse an deutschen Unis

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Pro-palästinensische Kundgebung an der FU Berlin im Februar 2024. Foto IMAGO/serienlicht
Pro-palästinensische Kundgebung an der FU Berlin im Februar 2024. Foto IMAGO/serienlicht
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In den USA protestieren Studierende seit Wochen vehement für Palästina und gegen Israel. Schwappt diese Stimmung auch auf deutsche Hochschulen über?

von Christoph Arens (KNA)

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, hat angesichts antisemitischer Proteste an US-Universitäten vor ähnlichen Verhältnissen an deutschen Hochschulen gewarnt. “Meine grösste Sorge ist, dass die Verhältnisse, die wir den USA sehen, sich auch in Deutschland zeigen werden, da viele Gruppen international vernetzt sind”, sagte Schuster der Düsseldorfer “Rheinischen Post” (Samstag).

Auch Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) appellierte an die deutschen Universitäten, konsequent gegen Antisemitismus vorzugehen. “Das Ausmass an Israel- und Judenhass an zahlreichen westlichen Universitäten ist unerträglich. Die massiven Ausschreitungen der vergangenen Tage müssen uns eine Mahnung und Warnung sein”, sagte sie der Zeitung. Hochschulleitungen müssten konsequent von ihrem Hausrecht Gebrauch machen und auch eine Exmatrikulation müsse in besonders schweren Fällen möglich sein.

Schuster betonte, jüdische Studenten in Deutschland seien seit vielen Monaten in hohem Masse von Antisemitismus betroffen und das habe ein extremes Unsicherheitsgefühl unter ihnen hervorgerufen. “Auch jetzt nach den Ferien gibt es wieder einige Vorfälle, wie zum Beispiel an der Universität in Oldenburg, wo einige Studenten angegriffen wurden, die antisemitische Flugblätter eingesammelt hatten”, sagte Schuster.

Der Zentralrat stehe mit der Politik und der Hochschulrektorenkonferenz in engem Austausch, “um strukturelle Änderungen an den Universitäten voranzutreiben, die ein wirksamer Schutz gegen Hass und Hetze gegen Juden und gegen Israel auf dem Campus sein können”, sagte Schuster weiter. “Aktuell mangelt es häufig am Erkennen und am Umgang von und mit antisemitischen Umtrieben unter Studenten und Lehrenden, sowie meist auch an den richtigen Instrumenten, um gegen die Treiber dieser Entwicklung vorzugehen”, sagte Schuster.

Auch der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, befürchtet eine Eskalation antiisraelischer Aktionen in Deutschland. “Wir haben zwar nicht die Dimensionen erreicht, die in den USA zu beklagen sind. Aber eine antisemitische Grundhaltung ist leider weitverbreitet und kann sehr schnell zu einer Eskalation führen”, sagte er der “Rheinischen Post”.

Er höre immer wieder, dass jüdische Studierende für Aktionen der israelischen Armee verantwortlich gemacht werden. “Sie werden in Kollektivhaft genommen und etwa nur dann in Hörsäle oder Seminarräume gelassen, wenn sie das militärische Vorgehen verurteilen. Viele trauen sich dadurch nicht mehr an die Uni oder zeigen ihre jüdische Identität nicht mehr so offen.” Universitäten sollten von ihrem Hausrecht konsequent Gebrauch und im Zweifel auch Hausfriedensbruch anzeigen, forderte Klein.

Auch Bayerns Antisemitismusbeauftragter Ludwig Spaenle verlangte von Hochschulen mehr Einsatz gegen Juden- und Israelhass. Nötig seien beispielsweise “öffentliche Stellungnahmen der bayerischen Universitäten und Hochschulen gegen Antisemitismus und Antizionismus”, teilte Spaenle am Sonntag in München mit.

Auch sollten die bayerischen Hochschulen analog etwa zu Justiz und Polizei Antisemitismusbeauftragte für ihre Handlungsbereiche berufen. Spaenle ergänzte: “Bei der Anmeldung von Veranstaltungen insbesondere zum Nahost-Konflikt benötigen die Hochschulen eine hohe Sensibilität und Wachsamkeit. Ferner sollten die Hochschulen ihre Satzungen im Blick auf die Frage überprüfen, ob massive Übergriffe mit den bestehenden rechtlichen Mitteln adäquat geahndet werden könnten. “Zu prüfen ist zum Beispiel, ob gewaltsame Attacken von Studierenden eine Exmatrikulation nach sich ziehen können.” Gegebenenfalls sei eine Anpassung des Hochschulrechts nötig.

KNA/cas/api

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