Der Tauhid-Finger und der Hass auf den Westen

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28. Oktober 2023: Zeigen des Tauhīd-Fingers auf einer Pro Palästina Demonstration in München. Foto IMAGO / ZUMA Wire.
28. Oktober 2023: Zeigen des Tauhīd-Fingers auf einer Pro Palästina Demonstration in München. Foto IMAGO / ZUMA Wire.
Lesezeit: 5 Minuten

Der deutsche Fussball-Nationalspieler Antonio Rüdiger zeigt den Tauhid-Finger im Netz. Das hat eine Diskussion angestossen. Ex-Bild-Chefredakteur Julian Reichelt hat diese Geste als „Islamisten-Gruss“ bezeichnet. Ist der Tauhid-Finger ein Bekenntnis zu dem einen, einzigen Gott (Allah) – oder ist er ein Zeichen für islamischen Radikalismus und Nähe zum ‚Islamischen Staat’?

Der Nationalspieler Antonio Rüdiger und der Deutsche Fussball-Bund (DFB) sind dagegen juristisch vorgegangen. Reichelt habe ihn verunglimpft und verleumdet, so Rüdiger und hat deshalb Strafanzeige bei der Berliner Staatsanwaltschaft gestellt. Der DFB hat die Sache bei der Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT) gemeldet, wie die “Bild” berichtete.

Reichelt sah in dem Foto auf Instagram beim Länderspiel Deutschland gegen Frankreich ein Zeichen für „Islamismus heute Abend in der deutschen Start-Elf.“ Das deutsche Bundesinnenministerium hält die Geste für unproblematisch „unabhängig von der Tatsache, dass islamistische Gruppen dieses Symbol vereinnahmen und für ihre Zwecke missbrauchen.“

Der Tauhid-Finger kann „als Zeichen einer salafistischen bzw. islamistischen Radikalisierung angesehen werden, wenn Akteure sich bewusst dieser Mehrdeutigkeit bedienen”. Rüdiger hat sich in diesem Zusammenhang inzwischen eindeutig positioniert: „Gewalt und Terrorismus sind absolut inakzeptabel.“ Bereits vorher war der Tauhid-Finger in Deutschland in gewissen Kontexten aufgefallen. Im November 2023 hatten Demonstranten gegen den Gaza-Krieg, darunter zahlreiche verschleierte Frauen, diese Geste unter Allahu-Akbar-Rufen gezeigt. Auch der Attentäter vom Berliner Breitscheidplatz, Anis Amri, zeigte den Tauhid-Finger.

Steht das Kalifat bevor?

Bei den Gaza-Demonstrationen wurde ein Kalifat gefordert und „Allahs Sieg ist nahe“ gerufen. Hier scheint der Kontext ziemlich eindeutig. Wenig vom Schicksal der Menschen in Gaza ist hier die Rede, aber viel von einem islamischen Staat, der offenbar das Ideal der Demonstranten ist. „ Eine Ummah, eine Einheit, eine Lösung – Khilafah“ war auf Transparenten zu lesen. Wobei ‚Ummah’ die Weltgemeinschaft der muslimischen Gläubigen ist, die als Staat organisiert ist in einem Kalifat [„Khilafah“], in dem nur Muslime volle Bürgerrechte haben.

Äusserungen von Muslimen in der Öffentlichkeit, gibt also in der Tat Anlass zu Skepsis, nicht nur in Deutschland.“Yallah, Intifada, von Dahlem bis nach Gaza!“ hörte man auf Demonstrationen, in Berlin  – ein eindeutiger Aufruf zur Gewalt. Denn die Intifada war und ist ein Aufstand. Immer wieder gibt es diese Aufrufe zu Gewalt von Seiten nahöstlicher Migranten. Bezeichnenderweise sind Gaza-Demonstrationen oft von massiver Gewalt begleitet, zahlreiche Polizisten werden verletzt. Das sind nicht Menschen, die sich Sorgen machen um das schwere Schicksal der Bewohner von Gaza, hier wütet der islamistische Gewaltmob.

Hass auf den Westen

Bemerkenswert ist, dass Muslime Gewalt gerade gegen diejenigen Staaten und Gesellschaften fordern, in denen sie Sicherheit und ein friedliches Leben gefunden haben und deren Sozialsysteme sie grosszügig versorgen. Der Ruf nach ‚Ummah’ und Khilafah’ impliziert eine Forderung nach Abschaffung unseres demokratischen Rechtsstaates. So ist es kaum verwunderlich, dass Muslime in Umfragen die Vorschriften des Islam über die Regeln des demokratischen Rechtsstaates stellen. Ihren Gastländern gegenüber sind viele Migranten ablehnend bis feindlich eingestellt.  In Grossbritannien wurden Transparente gezeigt „Europe is the Cancer, Islam is the Answer“ oder „Fuck the UK“.

Islamisten in Grossbritannien fordern die Sharia. Foto IMAGO / UIG

Gerade die Länder, in die Migranten mit aller Macht und allen Mitteln drängen, stehen im Mittelpunkt migrantischer Feindschaft und Ablehnung. Ganz besonders in Deutschland, dem Traumziel aller Flüchtlinge . Schon 2009 berichtete die Neuköllner Jugendrichterin Kirsten Heisig in einem Spiegel-Interview, wie die jugendlichen Delinquenten das Land, in dem [und oft genug auch von dem] sie leben, sehen. „Ich scheiss auf Deutschland“ oder „Deutsche kann man nur vergasen“ waren hier Kernsätze. Dass dies keine Einzelfälle sind, zeigt eine Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen, das bei 30 % der türkischen Jugendlichen in Deutschland „Deutschfeindlichkeit“ konstatiert. Bei arabischen Jugendlichen dürfte die Rate mindestens so hoch liegen. Auch unsere Werte sind im Fokus radikaler Islamisten. So gab es in Grossbritannien Transparente, die zum Mord aufriefen: “Massacre Those Who Insult Islam“ oder „Freedom Go to Hell.“ Dies belegt, dass viele der hierzulande lebenden Muslime eben nicht wirklich in unseren freiheitlichen Gesellschaften angekommen sind.

Hamas-Mitglieder in Gaza. Foto IMAGO / ZUMA Wire

Nicht Israelkritik, sondern Judenhass

Gegen Juden sind besonders üble Hassformeln und Gewaltforderungen an der Tagesordnung. „From the River to the Sea Palestine will be Free“ ist ein häufiger Slogan, der, zu Ende gedacht, Israel das Existenzrecht abspricht. Nazi-affin sind schon seit Jahren übliche Rufe wie „Hamas, Hamas, Juden ins Gas“ – dies ist keine legitime Israelkritik, sondern purer Judenhass, der den Schulterschluss mit dem Nationalsozialismus sucht. Nur folgerichtig also, dass es immer wieder zu muslimischen Anschlägen auf Synagogen kommt und zu Angriffen auf Menschen, die die Kippa tragen oder im öffentlichen Raum hebräisch sprechen. Nach dem Hamas-Massaker in Israel wurden Häuser und Wohnungen, in denen Juden leben, mit dem Davidstern gekennzeichnet.

13. Oktober 2023, München: Pro-palästinensische Demonstranten zeigen den Tauhid-Finger. Foto IMAGO / ZUMA Wire

Viele jüdische Institutionen vertrauen der Polizei nicht mehr. Die Beschwichtigungsformeln und Placebos der Politik haben ihre Glaubwürdigkeit verloren und werden nicht mehr ernst genommen.

Nicht nur Worte, sondern Gewalt

Verharmlosungen und Beschwichtigungen verfangen nicht mehr. Die Parolen und Slogans im öffentlichen Raum sind keine reinen Verbalradikalismen. Den Worten folgen Taten. Seit dem Hamas-Überfall auf Israel nehmen antijüdische Straf- und Gewalttaten zu. Wer im März 2024 erstaunt ist, dass an Schulen in Deutschland vermehrt Gewalt festzustellen ist, vergisst, dass dies auch vor 20 Jahren schon der Fall war. Muslimische Gewalt ist kein Phänomen einiger weniger Terroristen oder radikalisierter Demonstranten, sondern ein Breitenphänomen, das den Alltag an unseren Schulen und in unseren Strassen bestimmt. Bereits 2010 beklagte der deutsche Lehrerverband, „dass Lehrerinnen von muslimischen Schülern als ‚Schlampen’ attackiert werden… dass sich deutsche Schülerinnen und Schüler nicht mehr auf den Pausenhof zu gehen trauen“. Und die Feststellung, dass Migranten eine besonders hohe Kriminalitätsrate aufweisen, ist seit vielen Jahren durch Studien belegt. Schon in der ersten Hälfte der 1960er-Jahre veröffentlichte das Magazin, Spiegel’ Zahlen über den unverhältnismässig hohen Anteil von Algeriern an der Schwerstkriminalität in Paris. Auf deutschen und europäischen Strassen und in einschlägigen Blättern wird indessen weiter gegen ‚Islamophobie’ agitiert. Und Migrationsromantiker hängen Leuchtschriften auf ‚Happy Ramadan’.

Über Alfred Schlicht

Alfred Schlicht ist promovierter Orientalist und pensionierter Diplomat. 2008 erschien sein Buch „Die Araber und Europa“. Sein Buch „Das Horn von Afrika“ erschien 2021, beide im Kohlhammer-Verlag.

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3 Kommentare

  1. Sehr guter Artikel. Die deutschen Medien und die deutsche Bundesregierung jedoch versuchen die Geste dieses islamistischen Fussballspielers zu verharmlosen.

  2. Ein ausgezeichneter Artikel. Leider begreifen zuwenige die Gefahr der Hamas und des Postkolonialismus. Allein unser Dummes Dorf, das “antimuslimischen Rassismus” erfunden hat.

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