Jüdischer Sportverband: Anfeindungen und Angst nehmen zu 

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TuS Makkabi Berlin. Foto IMAGO / Matthias Koch
TuS Makkabi Berlin. Foto IMAGO / Matthias Koch
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„Viele trauen sich nicht mehr mit dem Trikot ins Training“, beklagt der Chef des Dachverbands des jüdischen Sports in Deutschland. Die Angst vor Judenhass nehme stark zu – auch schon bei den jüngsten Sportlern.

Sportlerinnen und Sportler jüdischer Vereine in Deutschland berichten über zunehmende Anfeindungen angesichts des Kriegs im Nahen Osten. Die Angst unter den Mitgliedern sei „dramatisch grösser geworden“, sagte Alon Meyer, der Präsident des Dachverbands Makkabi Deutschland, dem „Spiegel“ (Mittwoch): „Einige unserer 40 Ortsvereine mussten zeitweise den Spielbetrieb einstellen. Viele trauen sich nicht mehr mit dem Trikot ins Training.“

Eltern riefen an, weil sie um das Wohl ihrer Kinder fürchteten, fügte er hinzu: „Sie fragen mich: Kannst du für die Sicherheit garantieren? Aber ich kann es nicht.“ Meyer berichtete in dem Interview unter anderem von einem Nachwuchsspiel in München, das nach Drohungen gegen einen Trainer abgesagt wurde. Er verwies auch auf Schmierereien mit Davidsternen auf den Sportplätzen und auf Drohungen in den Sozialen Medien.

„Wir haben mehrfach die Polizei eingeschaltet“, so Meyer weiter. An verschiedenen Orten hätten die Vereine zudem die Sicherheit erhöht. Manche Nachwuchsteams hätten sich auf umzäunte Plätze zurückgezogen. Es gebe auch bei Elfjährigen schon Sprüche wie „Scheiss Juden“, so Meyer weiter: „Es ist brutal, womit die Kinder konfrontiert werden.“

Insgesamt sei ein normaler jüdischer Alltag kaum noch möglich, ergänzte er: „Viele von uns würden sich gern im Alltag mit Kippa oder Kette zu erkennen geben. Aber wir können es nicht mehr. Wir müssen Angst haben, wenn wir eine Synagoge betreten oder der Postbote zu Hause die ‚Jüdische Allgemeine‘ einwirft. Unsere Mitgliederzeitschrift schicken wir auf Bitten der Leute mitunter nur noch in neutralen Kuverts raus.“

Makkabi Deutschland ist der Dachverband des jüdischen Sports in Deutschland. Meyer (49) ist seit 2013 Präsident des Verbands. Auch nichtjüdische Sportlerinnen und Sportler gehören den Vereinen an. Hass und Hetze erleben sie laut Meyer in diesen Tagen gleichermassen: „Sobald Sie unser Trikot tragen, ob Jude oder nicht, sind Sie Anfeindungen ausgesetzt. Der Antisemitismus trifft uns alle.“

In seinem Frankfurter Ortsverein seien sogar mehr Muslime aktiv als Juden, berichtete der Verbandspräsident weiter: „Sie haben derzeit noch mehr Angst als unsere jüdischen Mitglieder. Manche werden von ihren Glaubensbrüdern, Fanatikern, muss man vielmehr sagen, als Verräter beschimpft und bedroht, weil sie für uns spielen. Ein paar haben deswegen den Verein verlassen.“

KNA/gbo

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