Schweiz: Krieg in Gaza führt zu starker Antisemitismuswelle

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Pro-Palästinensische Demonstration in Zürich am 28.10.2023. Es wurden antisemitische Parolen und Gewaltaufrufe geäussert. Foto IMAGO / dieBildmanufaktur
Pro-Palästinensische Demonstration in Zürich am 28.10.2023. Es wurden antisemitische Parolen und Gewaltaufrufe geäussert. Foto IMAGO / dieBildmanufaktur
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Die Terroranschläge der Hamas in Israel am 7. Oktober 2023 und der dadurch ausgelöste Krieg gegen die Hamas in Gaza haben eine regelrechte Antisemitismuswelle bewirkt. Erhebungen des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebunds (SIG) und der Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus (GRA) zeigen eine massive Zunahme antisemitischer Vorfälle.

74 Prozent der Vorfälle des Jahres 2023 in der realen Welt seien im Zeitraum nach dem 7. Oktober passiert, bei den Online-Fällen waren es laut dem Bericht 47 Prozent. Besonders auffallend seien 10 registrierte Tätlichkeiten, also direkte physische Übergriffe auf Juden, heisst es im aktuellen Antisemitismusbericht 2023. Bisher wurde jährlich lediglich 1 oder gar keine Tätlichkeit registriert.

Die Messerattacke vom 2. März 2024 in Zürich Selnau, auf einen äusserlich als jüdisch erkennbaren Mann Opfer, sei das schwerwiegendste antisemitische Hassverbrechen in der Schweiz seit zwei Jahrzehnten, schreiben SIG und GRA. Nur mit viel Glück hat das Opfer das Attentat überlebt. Auch im europäischen Vergleich sei die Tat ein Ausnahmeereignis.

Der im Oktober «ausgelöste Trigger» habe eine Dynamik entfacht, wie sie in der Schweiz in diesem Ausmass noch nicht bekannt war. Die Intensität und Heftigkeit, die bei den einzelnen Vorfällen zu Tage traten, seien aussergewöhnlich und es sei eine Dynamik im Gange, die einerseits latent vorhandenen Antisemitismus an die Oberfläche spüle und andererseits verstärkend wirke. Die Messerattacke auf den jüdischen Familienvater, das willkürlich ausgewählte jüdische Ziel, stelle einen Kulminationspunkt dar.

«Mehr staatliches Engagement»

Diese Entwicklung mit der Messerattacke als bisherigem Höhepunkt muss laut SIG und GRA eine Zäsur in der schweizerischen Politik zur Antisemitismusbekämpfung zur Folge haben. Es sei ein Weckruf auch für die «Zivilgesellschaft», die mit Gegenrede, Zivilcourage und Dialog reagieren müsse. Vorangehen müssten Politik und Behörden, welche den bereits mehrfach dargelegten Forderungen nach Massnahmen nachkommen müssen. SIG und GRA hätten jahrelang davor gewarnt, dass auf Worte auch Taten folgen können. Jetzt könne nicht mehr abgewartet werden. Es brauche dringend mehr staatliches Engagement beim Monitoring von Antisemitismus und Rassismus. Es brauche auch endlich eine rechtliche Handhabe gegen Hassrede und den Willen, «auf Social Media-Plattformen einzuwirken», damit diese die Verbreitung von Hass unterbinden würden. Generell brauche es eine klare «Strategie des Bundes gegen Antisemitismus», hier müsse die Politik die Diskussionen beschleunigen. Schliesslich brauche es ein deutliches «Zeichen gegen Nazi-Symbole», die dieses Jahr zahlreich an Hauswänden aufgetaucht seien. Das Parlament müsse auf eine rasch umsetzbare und konstruktive Spur zurückkommen und eine uferlose Debatte vermeiden, heisst es im Antisemitismusbericht 2023.

Ganzer Bericht zum Download

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