Forderung am Parteitag: «Die SP soll sich Boykottbewegung gegen Israel anschliessen»

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Foto Screenshot Youtube / SP Schweiz
Foto Screenshot Youtube / SP Schweiz
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Der Genfer SP-Ständerat Carlo Sommaruga nutzte den Parteitag der Sozialdemokratischen Partei (SP) am 24. Februar, um unter anderem einen flammenden Aufruf zum Boykott Israels zu lancieren.

Am SP-Parteitag in Genf ging es nicht nur um Gesundheitskosten oder Asylfragen. Nein, die Sozialdemokraten wollen auch «bis 2030 die Armut abschaffen». Nichts weniger als das. Von der Medienberichterstattung unbeachtet, wurde eine mehrheitlich anti-israelische Resolution verabschiedet, in der unter anderem die Forderung von Carlo Sommaruga aus dem Jahr 2010, die Schutzmauer zu Gaza (von der SP «Trennmauer» genannt) abzureissen und den Bau zu stoppen, verlangt wird.

Ägyptische «Trennmauer»? Noch nie gehört.

Warum die «Genossen» die ägyptische «Trennmauer», die wie der israelische Teil, zum Schutz der Grenze zum Gazastreifen gebaut wurde und mit einer unterirdischen bis zu 20 Meter tiefen Stahlwand versehen ist, nicht abreissen wollen, ist unklar. Auf eine Anfrage von Audiatur-Online hat das Co-Präsidium der SP Schweiz, Mattea Meyer und Cédric Wermuth, nicht geantwortet. Übrigens baut Ägypten seit Dezember 2009 an dieser Mauer, für SP-Ständerat Carlo Sommaruga hätte es also bereits 2010 die Möglichkeit gegeben, einen Vorstoss im Schweizer Parlament gegen «Trennmauern» zu unternehmen. Aber da es nicht um Israel ging, kam nichts vom notorischen «Israel-Kritiker».

Was berechtigt eigentlich die SP Schweiz, sich in die Sicherheit eines anderen Staates (in diesem Fall Israel) einzumischen und warum nur Israel? Oder gibt es weitere Vorstösse der SP Schweiz zum Thema «Trennmauern» weltweit, wie zum Beispiel die Marokkanische Westsaharamauer, die Barriere zwischen Indien und Myanmar, die Sicherheitsbarriere zwischen Pakistan und Afghanistan oder das Sperrgebiet entlang der Grenze zwischen Hongkong und China usw. Auch auf diese Fragen haben Meyer und Wermuth keine Antwort. Allerdings finden sich aber auch keine solchen Vorstösse.

In der ersten Fassung der Resolution stand der Satz: «Der Missbrauch der Bevölkerung im Gazastreifen als menschliche Schutzschilde durch die Hamas ist inakzeptabel.» Die Streichung dieses Satzes wurde von Alice Froidevaux und anderen beantragt, mit der Begründung, dass «diese Rhetorik bereits von George W. Bush verwendet wurde, um seine widerrechtliche Invasion im Irak zu rechtfertigen». Diese Rhetorik werde von Israel heute genutzt, «um Angriffe auf Zivilpersonen und Krankenhäuser zu legitimieren.» Die SP insinuiert also damit, dass Israel mit der Begründung von menschlichen Schutzschilden, absichtlich Angriffe auf Zivilpersonen und Krankenhäuser ausführt. Ob die Parteileitung der SP Schweiz auch dieser Meinung ist, ist auf Grund fehlender Antworten nicht bekannt.

Die Wortführerin für eine Abänderung der ersten, ursprünglich noch fast ausgewogenen Resolution, Alice Froidevaux, ist bei der NGO «Medico International» zuständig für Kommunikation & Öffentlichkeitsarbeit. Diese unterstützte laut Jahresbericht zum Beispiel die Organisation «Palestinian Medical Relief Society» (PMRS). Diese palästinensische Hilfsorganisation hat auch Verbindungen zum Terrorismus. Im Mai 2023 verhaftete Israel beispielsweise das PMRS-Mitglied Mohammad Al-Barq zusammen mit fünf weiteren Verdächtigen, die für die Herstellung und Anbringung einer Bombe in einem Bus in der Stadt Beitar Illit im Auftrag der Terrororganisation Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) verantwortlich waren. Im Januar 2019 nahm Mustafa Barghouti, Vorsitzender der PMRS, an einer von der PFLP organisierten Konferenz mit dem Titel «Das Verbrechen der Normalisierung und Wege der Konfrontation» teil. Auf der Konferenz hielt Barghotui einen Vortrag über «Die Rolle der Parteien und Gruppierungen bei der Förderung des Boykottkonzepts». Weitere Partner-Organisationen von «Medico International» beteiligen sich laut israelischen Sicherheitsdiensten und «NGO Monitor» unter anderem an Israel-Boykott Aktionen und der Dämonisierung von Israel oder haben Verbindungen zum Terrorismus. Der Abänderungsantrag von Froidevaux wurde trotz oder vielleicht gerade deswegen mit grosser Mehrheit am SP-Parteitag verabschiedet.

Carlo Sommaruga: Fake News mit erhobenem Zeigefinger

Laut einem Bericht von Blick.ch vom 25. Februar 2024 hat Ständerat Carlo Sommaruga am Parteitag die SP Schweiz dazu aufgefordert, sich der «Boykott, Desinvestitions- und Sanktions-Bewegung» (BDS) gegen Israel anzuschliessen. Mit erhobenem Zeigefinger habe er hinzugefügt, das sei kein Antisemitismus, da der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) dies in einem Urteil das Frankreich betraf, festgestellt habe. Ob das Präsidium der SP Schweiz die Aufforderung von Herr Sommaruga, sich der antiisraelischen BDS-Bewegung anzuschliessen unterstützt, ist wegen Kommunikationsverweigerung seitens Mattea Meyer, Cédric Wermuth und Mediensprecherin Lena Allenspach nicht klar.

Carlo Sommaruga hat allerdings unrecht. Die französische Strafgerichtsentscheidung hat nicht darüber geurteilt, ob BDS antisemitisch ist oder nicht. Das Gericht hat in weiser Zurückhaltung jegliche Bewertung von BDS unterlassen. Es beschreibt nur deren Entstehungsgeschichte und Anliegen, bewertet jedoch den streitgegenständlichen Boykottaufruf als legitimen politischen Protest ohne rassistische oder antisemitische Konnotation oder darin liegender Aufforderung zu Hass, Gewalt und Intoleranz und stellt bezüglich der Beschwerdeführer fest, dass diese nicht aus den genannten Gründen verurteilt wurden. Es handelt sich also um einen spezifischen Fall, der nichts darüber aussagt, ob BDS antisemitisch ist oder nicht. Laut dem Politikwissenschaftler Jakob Baier lässt die Darstellung der Programmatik, Rhetorik und Methodik von BDS und ihrer Unterstützer erkennen, «dass es der Kampagne um weit mehr geht als um eine internationale Isolation Israels». Vielmehr ziele die Kampagne auf eine «systematische Dämonisierung und Delegitimierung des jüdischen Staates im politischen und gesellschaftlichen Diskurs». Für Baier ist klar, dass wer bei seinem Engagement für BDS in ein Kampagnenbündnis mit terroristischen Vereinigungen und offen antisemitisch argumentierenden Akteuren tritt, mit zweierlei Mass misst. Und auch wenn BDS-Befürworter den Vorwurf des Antisemitismus weit von sich weisen: «Eine Unterstützung von BDS kommt – unabhängig von der individuellen Motivation und Intention – einer Unterstützung der antisemitischen Kampagnenziele gleich. Und dies bedeutet im äussersten Fall eine Zerstörung des demokratisch organisierten, jüdischen Staates Israel.»

Die pensionierte Unia-Spitzengewerkschafterin Rita Schiavi lobte 2022 das autoritäre Katar, Hauptgeldgeber der Hamas, in Sachen Arbeiterrechte und kürzlich Carlo Sommaruga für seinen Einsatz gegen Israel. Foto Screenshot Instagram / Carlo Sommaruga.

Bereits in ihrem Positionspapier vom 15. Juni 2010 unterstützte die SP den «gezielten Boykott von Waren und Dienstleistungen aus den israelischen Siedlungen in den besetzten Gebieten und jener Unternehmen – ob israelisch oder nicht – welche an der Umsetzung dieser Politik mitwirken». Dazu schreibt David Klein: «Durch die Mitwirkung der SP bei der BDS-Bewegung, mit der die Partei auch deren Ziele legitimiert, bestreitet die SP de facto das Existenzrecht Israels. Denn BDS fordert Massnahmen, bei deren Umsetzung Israel als jüdischer Staat aufhören würde zu existieren.» Offenbar hat sich seit 2010 wenig geändert in der SP Schweiz.

Folgende Fragen wurden durch die SP Schweiz nicht beantwortet, noch reagierte man auf mehrmaliges Nachfragen:

1. In der Resolution fordert die SP “Israel auf, die Errichtung der Trennmauer zu stoppen und bestehende Abschnitte abzureissen.“ 

1.1 Ist Ihnen bewusst, dass es sich bei der von der SP als „Trennmauer“ bezeichneten Sperranlage, um einen Grenzschutz vor Terrorismus handelt und wenn dieser nicht bestehen würde, während dem Hamas-Massaker vom 7. Oktober 2023 und allen zuvor versuchten Terroranschlägen tausende Israelis mehr getötet worden wären? 

1.2 Warum verlangt die SP Schweiz nicht, dass die ägyptische „Trennmauer“ abgerissen wird, die zum Schutz der Grenze zum Gazastreifen ab 2009 gebaut wurde und mit einer unterirdischen Stahlwand versehen ist, die bis zu 20 Meter in die Tiefe reicht?

1.3 Was berechtigt die SP Schweiz, sich in die Sicherheit eines anderen Staates (in diesem Fall Israel) einzumischen und warum nur Israel? Oder gibt es weitere Vorstösse der SP Schweiz zum Thema „Trennmauern“ weltweit, wie z.Bsp. Marokkanische Westsaharamauer, Barriere zwischen Indien und Myanmar, Sicherheitsbarriere zwischen Pakistan und Afghanistan, Sperrgebiet entlang der Grenze zwischen Hongkong und China usw.

2. Laut einem Bericht von Blick.ch vom 25. Februar 2024 hat Ständerat Carlo Sommaruga die SP Schweiz dazu aufgefordert, sich der “Boykott, Desinvestitions- und Sanktions-Bewegung (BDS) gegen Israel anzuschliessen. Mit erhobenem Zeigefinger habe er hinzugefügt, das sei kein Antisemitismus, da der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) dies in einem Urteil, das Frankreich betraf, festgestellt habe. Unterstützt die SP Schweiz Parteileitung die Aufforderung von Herr Sommaruga, sich der antiisraelischen BDS Bewegung anzuschliesen?

2.1 Ist die SP Schweiz Parteileitung auch der Meinung, die BDS Bewegung, die den Staat Israel als rassistisches, imperialistisches und (neo)koloniales Projekt anprangert, sei nicht antisemitisch?

3. In der ersten Fassung der Resolution stand der Satz: „Der Missbrauch der Bevölkerung im Gazastreifen als menschliche Schutzschilde durch die Hamas ist inakzeptabel.“ Die Streichung dieses Satzes wurde von Alice Froidevaux und anderen, mit der Begründung, dass “diese Rhetorik bereits von George W. Bush verwendet wurde, um seine widerrechtliche Invasion im Irak zu rechtfertigen“ beantragt. Diese Rhetorik werde von Israel heute genutzt, “um Angriffe auf Zivilpersonen und Krankenhäuser zu legitimieren.“ Ist die SP Schweiz Parteileitung auch der Meinung, dass Israel die Begründung von menschlichen Schutzschilden nutzt, um Angriffe auf Zivilpersonen und Krankenhäuser auszuführen?

4. Zur SP “Nahost-Resolution“ äusserte sich auch ein gewisser Daniel Schmid, SP Collombey-Muraz. Laut Herr Schmid setzt die Hamas, “in der Unmöglichkeit, mit Israel zu verhandeln, Gewalt ein, um ihren Forderungen Gehör zu verschaffen.“ Ist die SP Schweiz Parteileitung auch dieser Meinung?

4.1 Weiter war Herr Schmid der Ansicht, die Israelis im Westjordanland und in Gaza würden “die Palästinenser nicht töten, weil sie Palästinenser sind, sondern um ihnen ihr Land zu rauben“. Teilt die SP Schweiz Parteileitung diese Meinung? Falls Nein, warum gab es dazu keinen Widerspruch?

4.2 Laut Herr Schmid hätten “Donald Trump und Joe Biden die Situation verkommen lassen, mit dem bekannten Ergebnis, dass auf beiden Seiten die Extreme aufkommen. Auf palästinensischer Seite die Hamas und auf israelischer Seite die extreme Rechte und die ultra-orthodoxen Religiösen.“ Ist auch die SP Schweiz Parteileitung der Meinung, ultra-orthodoxe religiöse Juden könne man auf dieselbe Stufe wie die Hamas stellen? Falls Nein, warum gab es dazu keinen Widerspruch?

Angesichts des furchtbaren islamistischen Terroranschlages vom 2. März in Zürich, bei dem ein orthodoxer jüdischer Mann nach dem Synagogenbesuch durch einen tunesischstämmigen Jugendlichen, der sich zum IS bekannte, brutal niedergestochen wurde, sollten sich Politiker und politische Parteien, die konstant Israel delegitimieren, jüdische Siedler als gewalttätige Kolonialisten abstempeln und eine Masseneinwanderung aus vorwiegend muslimischen Ländern fördern, hinterfragen wieviel sie zum Judenhass und Antisemitismus beitragen.

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