Bremer Pro-Gaza-Demos plakatierten Israels Premier Netanjahu grossflächig als blutsaugenden Vampir. Eine Reproduktion der Ritualmordlegende von Juden als blutrünstige Kindermörder. Mittendrin: Die BDS-Gruppe Deutsch-Palästinensische Gesellschaft.
Seit Beginn des Terrorangriffs der Hamas auf Israel demonstrieren in Bremen lokale Pro-Palästina-Aktivisten für Gaza. Wurde ein erster Versuch der BDS-nahen Organisation „Palästina spricht“ vom Bremer Innensenator und Ordnungsamt noch verboten, unter anderem weil in Online-Beiträgen der Organisation „Israel das Existenzrecht abgesprochen werde“, konnte eine andere Kundgebung unter dem Namen „Demonstration für Palästina“, zu der die Palästinensische Gemeinde Bremen sowie die BDS-Gruppe „Deutsch-Palästinensische Gesellschaft“ aufgerufen hatten, unter erheblichen Auflagen am 20. Oktober 2023 stattfinden.
Ein Redner sagte dabei in Bezug auf die Auflagen des Bremer Ordnungsamts, man müsse sich „leider daran halten“, dass keine Kennzeichen, Symbole und Fahnen von Hamas, Hisbollah sowie Volksfront zur Befreiung Palästinas gezeigt werden dürfen. Verboten waren seinerzeit ebenfalls „Inhalte, die gegen die Bevölkerung Israels oder Menschen jüdischen Glaubens zum Hass aufstacheln oder in denen sie böswillig verächtlich oder verleumdet werden. Wer gegen die Vorgaben verstösst, begeht eine Straftat“, heisst es in einer Pressemitteilung der Bremer Innenbehörde.
Wie Bild- und Videomaterial bezeugt, hielt diese deutliche Ankündigung des Innensenators die Pro-Gaza-Demonstranten indes nicht davon ab, bei Kundgebungen am 20. Januar 2024 wie auch eine Woche später, am 28. Januar 2024, ebenso am 3. Februar 2024 und 11. Februar 2024 sowie zuletzt am 17. Februar 2024 Israels Premier Netanjahu, den deutschen Bundeskanzler Scholz und US-Präsident Biden jeweils grossflächig als blutsaugenden Vampir an der Spitze des folgenden Protestzugs durch die Bremer Innenstadt zu plakatieren. An der letzten Januar-Kundgebung sollen um die 1000 Demonstranten teilgenommen haben und an der Demonstration vom 17. Februar 2024 um die 1.800 Menschen, nach Darstellung von Sympathisanten der Demo sogar um die 3000 Personen.
Darstellung als Vampir reproduziert mittelalterliche Ritualmordlegende
Die Darstellung Netanjahus mit bluttriefenden spitzen (Eck-)Zähnen und blutverschmierten Händen samt Vampirfingernägeln (beziehungsweise Teufelshänden) ist eine Reproduktion der mittelalterlichen Ritualmordlegende von Juden als blutrünstige Kindermörder. Die Antisemitismus-Expertin Susanne Urban von der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (kurz RIAS) erklärt zu den historischen Hintergründen: „Nach der Legende haben die Juden angeblich kleine Kinder von Christen ermordet, um aus dem Blut ungesäuertes Brot, die Matzen, zu backen“. Scholz und Biden werden als politische Partner Netanjahus und Israels dabei ebenfalls zur Projektionsfläche dieses antisemitischen Schauermärchens. So ist nämlich „Deutschland finanziert, Israel bombardiert!“ eine offizielle Demo-Parole sowie „USA finanziert, Israel massakriert!“ ein anderer unlängst am 17. Februar 2024 angestimmter Slogan.
Direkt neben dem Netanjahu-Plakat wurde bei der Bremer Kundgebung vom 20. Januar 2024 überdies ein blutgetränkter Baby-Leichensack hochgehalten; eine Woche später wiederholte sich dies beim Marsch durch die Innenstadt. Rot bemalte Leichensäcke sind ein beliebtes Accessoire auf Pro-Gaza-Demos, die tote palästinensische Kinder symbolisieren sollen. Offen bleibt auch, ob das direkt vor der Netanjahu-Darstellung gespannte und anscheinend Blut besprenkelte Laken ein Leichentuch repräsentieren soll oder gar das Betttuch eines von Netanjahu vermeintlich „ermordeten“ Kindes.
Beim anschliessenden Protestmarsch durch die Bremer Innenstadt, bei dem das Netanjahu-Banner an der Spitze des Protestzugs getragen wurde, erklangen am 20. Januar 2024 dann die Rufe „Augen auf, Augen auf, unsere Kinder gehen drauf“ und „Stopp die Besatzung, stopp den Mord, unsere Kinder sterben dort“, die gleichfalls den angeblichen Mord an palästinensischen Kindern durch Israel aufgreifen. Hierzu passt, dass Teilnehmer der Kundgebung ein „Kindermörder sind Kindermörder“-Plakat hochhielten. Bei der jüngsten Kundgebung vom 17. Februar 2024 wiederholten sich die Schlachtrufe (hier beziehungsweise hier in einer Variation zu hören), ergänzt um den Slogan „Unsere Kinder wollen leben, Israel ist dagegen“. Vor dem Protestzug trugen mehrere Demonstrierende überdies direkt neben dem Netanjahu-Vampir-Plakat ein Grossbanner „Mütter gegen Kindermörder“.
„Kindermörder Israel“-Parole als moderne Form der Ritualmordlegende
Zwei Tage vor der initialen Kundgebung vom 20. Oktober 2023 − pikanterweise selbst in einer Täter-Opfer-Umkehr des seinerzeit nur knapp zwei Wochen zurückliegenden Terrorangriffs der Hamas mit dem Bild eines geschundenen palästinensischen Kindes beworben − skandierten auf dem Bremer Bahnhofsvorplatz Teilnehmer einer spontanen mitternächtlichen Demonstration „Kindermörder Israel“. Diese Parole ist die moderne Form der Ritualmordlegende, bei der dem Staat Israel unterstellt wird, „er würde das Blut palästinensischer Kinder mit Absicht und Genugtuung vergiessen“, erläutert ein Faltblatt der Amadeu Antonio Stiftung.
„So werden oftmals jahrhundertealte antisemitische Stereotype auf den aktuellen Staat Israel übertragen. […] Das Motiv des Kinder schlachtenden Judens rückte insbesondere nach dem Gazakrieg im Jahr 2014 in den Mittelpunkt antiisraelischer Agitation“, wie das Bundesamt für Verfassungsschutz schreibt. Abgebildet ist als Beispiel ein Plakat einer Israelhass-Demonstration, auf dem Israels Premier Netanjahu als Kindermörder mit blutigem Mund gezeigt wird. Eine deutliche bildliche Parallele zum Netanjahu-Grossplakat bei den Bremer Kundgebungen.
„Sowohl der auf zahlreichen Demonstrationen vorgetragene Slogan ‚Kindermörder Israel‘ als auch das mitunter exzessive Zeigen von toten Kindern in antiisraelischen Propagandamaterialien sind in diesem Zusammenhang zu sehen“, heisst es weiter beim Bundesamt für Verfassungsschutz. Den letzten Punkt reproduzierte eine weitere Bremer Pro-Gaza-Demonstration vom 4. November 2023, bei der Zettel mit abgebildeten, mutmasslich getöteten Kindern, Kinderschuhe, Teddybären, Babypuppen, kleine Leichensäcke sowie ein Sarg mit einem islamischen Sargtuch vor den Stufen zur Bremischen Bürgerschaft, dem Landesparlament, abgelegt wurden.
Der antisemitisch motivierte Vorwurf des Kindsmords an Israel ist in der Vergangenheit immer wieder auf Pro-Palästina-Demonstrationen in Bremen erhoben worden. So ebenso während des erwähnten Gaza-Krieges aus dem Jahr 2014 bei einer 5000-Personen starken Pro-Gaza-Kundgebung, auf der ein antisemitischer Mob auf dem Bremer Marktplatz lautstark „Kindermörder Israel“ skandierte. Wie RIAS auf X (vormals Twitter) dokumentierte, soll 2021 bei einer Pro-Palästina-Demonstration gegen die israelischen Verteidigungsmassnahmen, mit rund 1500 Teilnehmern, ebenfalls „Kindermörder Israel“ gerufen worden sein.
Israel-Boykotteure unterstützen Pro-Gaza-Kundgebungen
Organisiert wurden die Kundgebung vom 20. Januar 2024, jüngst jene vom 17. Februar 2024, auch diejenige vom 4. November 2023 sowie die initiale Demonstration vom 20. Oktober 2023 mit Unterstützung der Bremer Regionalgruppe der politischen Lobbyorganisation „Deutsch-Palästinensische Gesellschaft“ (kurz DPG), die bereits 2014 zur Demo mit den „Kindermörder Israel“-Sprechchören aufrief.
Die DPG ist eine Israel-Boykott-Gruppe, die sich schon im Juni 2015 dem „Deutschlandweiten BDS-Aufruf“ des BDS-Koordinierungsgremiums in Deutschland anschloss sowie sich in einem Rundbrief vom Januar 2017 ausdrücklich dazu bekennt, dass sie die israelfeindliche „BDS-Bewegung unterstützt“. Infolgedessen erhielt die DPG nicht nur einen Eintrag in einem Buch des israelischen Forschungsinstituts „Jerusalem Center for Public Affairs“ aus dem Jahr 2018 über die Wurzeln von BDS und Kampagnen zur Delegitimierung Israels in Deutschland, sondern schaffte es obendrein zu einer namentlichen Erwähnung in der 2020er Antisemitismus-Liste des „Simon Wiesenthal Center“.
In ihrem Beirat waren und sind aktuelle wie ehemalige Bundestagsabgeordnete vertreten, darunter Prof. Dr. Norman Paech, der im Jahr 2010 an der berüchtigten Gaza-Flottille teilnahm. Ihr Vizepräsident, der ehemalige Bremische Landtagsabgeordnete Dr. Detlef Griesche, tritt dabei als regelmässiger Redner der aktuellen Pro-Gaza-Demos auf. Im Juni 2020 behauptete Griesche im Bremer Weser-Kurier, dass „ein jüdischer Staat, wie er 2018 im Nationalstaatsgesetz von der Knesset festgeschrieben wurde […] kein demokratischer Staat für alle Bürger mit gleichen Rechten und Pflichten sein“ könnte. Weiter attestierte Griesche Israel eine „stille[] Vertreibungspolitik“ und das „Bestreben, die palästinensische Identität auszulöschen“.
Anti-Israel-Kundgebung mit palästinensischen Terrororganisationen
Anlässlich der 15. Documenta in Kassel rief die DPG im Juni 2022 sogar gemeinsam mit dem „Internationalistischen Bündnis“, zu dessen Trägern Gruppen und Sympathisanten der palästinensischen Terrororganisationen „Demokratische Front zur Befreiung Palästinas“ und „Volksfront zur Befreiung Palästinas“ gehören, zu einer Anti-Israel-Kundgebung auf. Wenig verwunderlich, dass Rabbi Abraham Cooper, stellvertretender Direktor des Simon Wiesenthal Centers, im Oktober 2020 gegenüber der „Jerusalem Post“ erklärte, dass die „Deutsch-Palästinensische Gesellschaft […] die Zerstörung des jüdischen Staates fördert“.
Zuletzt luden die Palästinensische Gemeinde Bremen und, wie eben angeführt, die Deutsch-Palästinensische Gesellschaft am 17. Februar 2024 zu einer Grossdemonstration vom Hauptbahnhof zum Bremer Marktplatz ein, deren „Augenmerk […] sich dabei insbesondere auf das Leid in Palästina, vor allem auf die systematische Vernichtung [!] des palästinensischen Volkes im Gaza-Streifen durch Israel“ richten würde. Redner waren wiederum DPG-Vize Griesche sowie der in sozialen Medien reichweitenstarke Influencer Serhat Sisik, der laut der Jungle World zuvor behauptet haben soll, man sei „im Dritten Reich angekommen“, da die Pro-Gaza-Aktivisten angeblich „keine friedlichen Demonstrationen machen“ dürfen. Der Verfassungsschutz in Bremen sei auf Sisik aufmerksam geworden, „auch wegen seiner verschwörungstheoretischen Inhalte“, berichtete darüber hinaus das Regionalmagazin buten un binnen.
Auf der Demonstration wurde ein „Apartheid Israel“-Plakat hochgehalten (hier ab Minute 1:06 rechts der Bildmitte zu sehen). Ein vergleichbares Schild mit dem Titel „Israel Apartheid“ auf einer Palästina-Mahnwache vor den Bremer Domtreppen erklärte die Polizei, gemäss der Website des DPG-nahen „Nahost-Forum Bremen“ (DPG-Vize Griesche ist deren Mitherausgeber), im Dezember 2023 mit der Begründung „Volksverhetzung“ als verboten, beschlagnahmte es, nahm anschliessend Personalien auf und kündigte sogar eine Strafanzeige an.
Zuerst erschienen am 16. Februar 2024 auf Die Achse des Guten. Audiatur-Online veröffentlicht den Artikel in einer um die Ereignisse der Kundgebung vom 17. Februar 2024 erweiterten Version.
Es ist nicht zu fassen, das dieser Bremer Innensenator solche Hass-Demos gestattet.
Aber nun weiß man ja um seine Einstellung. Schlimmer geht nicht.
„Denk ich an Deutschland in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht“.
Das passt leider zur allgemeinen Entwicklung.
Über diese Slogans auf den Bannern und Plakaten, wie auch die antisemitischen Hetzreden, berichteten die Bremer Medien (Radio Bremen Intendantin Yvette Gerner ist eine SPD-Genossin), eng verfilzt mit der Bremer rotrotgrünen Landesregierung, so gut wie gar nicht.
Im Gegenteil, Ex-SPD-Genosse Griesche ist ein gern gesehener Gesprächspartner von Radio Bremen.
Und der Deutsch-Palästinensischen-Gesellschaft (DPG) gehören, neben grünen, auch SPD-Genossen an: Die SPD-Bundestagsabgeordnete Aydan Özoguz,
DPG-Beiratsmitglied: der grüne Bundestagsabgeordnete Omid Nouripour und
Wolfgang Gehrcke, Bundestagsabgeordneten von PDS und Linkspartei, war DPG-Beiratsmitglied.
Das alles umrahmt von einem SPD-Innensenator Mäurer, der in der Bremer Bürgerschaft Hetzreden gegen Israel hielt.