Die Zwei-Staaten-Illusion: Der Lohn des Terrors?

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Hamas-Führer Ismail Haniya und der Führer der Hamas im Gazastreifen, Yahya Sinwar, zeigen sich bei einer Kundgebung anlässlich des 30. Jahrestages der Gründung der islamistischen Terrororganisation in Gaza-Stadt am 14. Dezember 2017. Foto IMAGO / ZUMA Wire
Hamas-Führer Ismail Haniya und der Führer der Hamas im Gazastreifen, Yahya Sinwar, zeigen sich bei einer Kundgebung anlässlich des 30. Jahrestages der Gründung der islamistischen Terrororganisation in Gaza-Stadt am 14. Dezember 2017. Foto IMAGO / ZUMA Wire
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Zwei-Staaten sind nicht die Lösung des Gaza-Konflikts, sondern nur eine höhere Ebene desselben. Der Elefant im Raum muss angesprochen werden: ohne den Iran mit seiner islamistischen Agenda in Schranken zu weisen, wird es keinen Frieden geben. Mit den Palästinensern unter der Hamas ist jedenfalls kein Staat zu machen.

von Daniel Kapp

Die Rechnung der Hamas scheint aufgegangen. Denn eines ist mit dem 7. Oktober fulminant gelungen: die islamistisch-palästinensische Agenda ins absolute Zentrum der globalen Debatte hineinzumorden und hineinzuvergewaltigen. Das zugrundeliegende und vollkommen zynische Kalkül liegt auf der Hand. Je grausamer der Terror, desto zwingender die harte militärische Antwort Israels, und je härter diese Antwort, desto lauter der Aufschrei einer vermeintlich kolonisierten und unter angeblicher Apartheit leidenden Zivilbevölkerung. Und indem sich die Hamas mit ihren militärischen Operationen hinter ziviler Infrastruktur verschanzt, verschafft sie sich einen zweifachen Vorteil: Militärisch wird der israelische Angriff gehemmt, und dort, wo der Schutz der Zivilbevölkerung nicht gelingt, können die Toten als stumme Zeugen angeblicher israelischer Genozid-Pläne dienen. All das ist kalt berechnete Strategie.

Und sie geht auf. „From the river to the sea“ lautet nun der Slogan einer globalen Intifada, die über die Sozialen Netzwerke angefacht wurde, gepaart mit dem bis nach Den Haag getragenen Vorwurf eines angeblichen Genozids durch Israel. Über die Strassen und Plätzen unsere Hauptstädte laufen die Demonstranten und längst geht es dabei nicht mehr um die Frage friedlicher Koexistenz unter gegenseitig fairen Bedingungen. Nein, Israel selbst soll vom Angesicht dieser Erde verschwinden. Das war, ist und bleibt das Ziel der Hamas.

Durchaus geschickt haben die PR-Strategen der Hamas dabei ihr Narrativ an überkommene sozialistische Vorstellungen von Unterdrückung und Dekolonialisierung ausgerichtet. Und tatsächlich fällt dieses Narrativ im Westen ungeachtet der islamistischen Ausrichtung der Hamas auf fruchtbaren Boden: Bei den Alt-Linken, die es seit den 1970er Jahren verabsäumt haben, ihre politische Software zu aktualisieren, aber auch bei den neuen Woke-Linken, die mangels eigener relevanter Not in der „Befreiung Palästinas“ ihre revolutionäre Selbstverwirklichung suchen. In der Folge begegnen wir also einer durchaus skurrilen Allianz radikaler Islamisten mit linken Protagonisten, Weltverbesserern und Menschheitserziehern – von Transgender-Aktivisten bis hin zu Greta Thunberg.

Zauberformel für den Frieden?

Das Problem der UNO sowie der EU im Umgang mit der Krise ist nun, dass mit Antonio Guterres sowie Josep Borrell eben solche Alt-Linke tonangebend sind. Denn indem sie heute die Forderung nach einem palästinensischen Staat in vermeintlich friedlicher Koexistenz aus der Mottenkiste holen, bieten sie der Hamas nicht nur eine Belohnung für Mord, Vergewaltigung und Raketenterror an, vielmehr verkennen sie auch die Realitäten in der Region fundamental. Warum, so fragt man sich, soll eine Idee, die schon unter weit günstigeren Bedingungen gescheitert ist, ausgerechnet jetzt, nach dem Massaker des 7. Oktober, nach monatelangem Raketenbeschuss und einer entsprechend harten militärischen Antwort Israels, die wundersame Zauberformel für den Frieden sein?

19. Juli 2023, Gaza Terroristen der Hamas nehmen an einer Parade in der Nähe der Grenze zu Israel teil, um des 51-tägigen Krieges von 2014 im israelisch-palästinensischen Konflikt zu gedenken. Foto IMAGO / ZUMA Wire
19. Juli 2023, Gaza Terroristen der Hamas nehmen an einer Parade in der Nähe der Grenze zu Israel teil, um des 51-tägigen Krieges von 2014 im israelisch-palästinensischen Konflikt zu gedenken. Foto IMAGO / ZUMA Wire

Das ist sie mit Sicherheit nicht. Denn diese vermeintliche Zauberformel lässt die eine, ganz entscheidende Ursache der aktuellen Eskalation vollkommen ausser Acht: das Machtstreben des despotischen Mullah-Regimes in Teheran. Es ist dies nicht nur ein hegemoniales, wenn nicht sogar koloniales Machtstreben innerhalb der islamischen Welt. Weit mehr formuliert Teheran auch einen aggressiven geopolitischen Anspruch. Dies alles dokumentiert sich für jeden, der es sehen will, bereits seit Jahren in der Beteiligung des Iran am syrischen Bürgerkrieg mit seinen 580.000 Toten (so viel übrigens zum Stichwort „Genozid“), über die Unterstützung der Hisbollah im Libanon, der Hamas in Gaza und nicht zuletzt über das eigene iranische Atomwaffen-Programm.

Es liegt doch auf der Hand: Durch die für die Region so positive Dynamik der Abraham-Accords sah Teheran seinen Anspruch massiv infrage gestellt. Taktisches Ziel des 7. Oktober war es folglich, genau diese Friedensdynamik zu brechen und den sich abzeichnenden Beitritt Saudi-Arabiens zu verhindern. Ob das final gelungen ist, darf derzeit noch bezweifelt werden. Fest steht jedoch eines: Solange der Machtanspruch der Mullahs nicht klar in Schranken gewiesen ist, besteht mit Sicherheit keine Aussicht auf Frieden.

Es ist also an der Zeit, dass sich der Rat der Europäischen Aussenminister mit der Substanz dieser Krise beschäftigt und Antworten findet, die dem Problem gerecht werden. Die Zwei-Staaten-Illusion ist es jedenfalls heute und für die absehbare Zukunft nicht. Solange der Iran seine Finger im Spiel hat, ist sie im besten Fall diplomatisches Spiegelfechten, im schlimmsten Fall eine Belohnung des Terrors und der Ausgangspunkt weiterer Kriege. Mit den Palästinensern unter der vom Iran kontrollierten Hamas ist jedenfalls kein Staat zu machen.

Daniel Kapp ist Unternehmer in Wien und Generalsekretär der Österreichischen Gesellschaft der Freunde der Hebräischen Universität Jerusalem.

1 Kommentar

  1. Danke für die klaren Worte. Sogar Borell, Europas eifrigster HamasUnterstützer wird endlich mal beim Namen genannt – und er ist nicht einmal demokratisch legitimiert wie die gesamte Europäische Kommission. Traurige Zustände!

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