«Wenn hier jemand weg muss, dann sind das Salafisten, Islamisten, Terroristen und alle, die Gewalt schüren»

1
Mehrere tausend Personen nahmen am 28.10.2023 in Zürich an einer Pro-Palästina Demonstration teil. Es wurden antisemitische Parolen und Gewaltaufrufe geäussert. Foto IMAGO / dieBildmanufaktur
Mehrere tausend Personen nahmen am 28.10.2023 in Zürich an einer Pro-Palästina Demonstration teil. Es wurden antisemitische Parolen und Gewaltaufrufe geäussert. Foto IMAGO / dieBildmanufaktur
Lesezeit: 4 Minuten

Auf einmal, im Oktober 2023, wurde sich die deutsche und die europäische Öffentlichkeit wachsender Judenfeindlichkeit in unseren Ländern, die von Muslimen ausgeht, bewusst.

Wer behauptet, diese sei bedingt durch die harte Reaktion Israels auf den Terrorangriff der Hamas vom 7. Oktober, hat die vorausgehende Entwicklung – bewusst oder aus Naivität – nicht erfasst.

Muslimischer Judenhass  –  nichts Neues

Bereits Anfang 2023 stellte die Tagesschau [ARD] fest, „die Zahl judenfeindlicher Gewalttaten“ habe 2022 zugenommen. Während es 2021 insgesamt 63 derartige Delikte gegeben habe, lag die Zahl antijüdischer Gewaltakte 2022 bei 83. „Antisemitismus wird gewalttätiger“ konstatierte Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland.

Jahrelang wurde der Judenhass von offizieller Seite als ausschliesslich oder vorwiegend von rechts kommend dargestellt. Doch der muslimische Judenhass liess sich immer weniger verschleiern und verharmlosen. Lehrer traten in Medien auf [WDR 26.10.23] mit der Aussage, dass sie „krasse antijüdische Äusserungen…vor allem von muslimischen Schülern“ hörten. „Dramatische Rückmeldungen aus Schulen mit muslimischen Schülern“ konstatiert Professor Uffa Jensen vom Zentrum für Antsisemitismusforschung [TU Berlin]. Aussagen von nahöstlichen Politikern giessen noch Öl ins Feuer, so Antisemitismusforscher Jensen, wenn etwa der türkische Präsident Erdogan sagt, die Hamas sei keine Terrororganisation, sondern eine Befreiungsbewegung. Zwar fehle es noch an detaillierten Studien, doch könne man, so der Berliner Professor, jetzt bereits feststellen: „Antisemitismus ist unter Menschen mit Migrationshintergrund und Muslimen weiter verbreitet als unter Menschen ohne Migrationshintergrund.“

Dies wollte man jedoch lange nicht wahrhaben, denn die Existenz von muslimischem Antisemitismus anzuerkennen, würde, so fürchtete man, Migrationskritikern zugute kommen. Zu bequem war es, antijüdische Gesinnung und judenfeindliche Straftaten automatisch als ‚rechts’ zu brandmarken.

„Über die verbreiteten antisemitischen Neigungen unter vielen muslimischen Jugendlichen in Schulen… wird geschwiegen.“ Sagt der algerischstämmige Professor für islamische Theologie, Abdel Hakim Ourghi, in einem Interview vom 7.1.2024. Er selbst sei mit antisemitischer Prägung nach Deutschland gekommen – ähnlich wie der deutsch-syrische Professor und Adorno-Schüler Bassam Tibi, der von sich selbst sagt, er sei als Antisemit nach Deutschland gekommen. In den Parallelgesellschaften, die Muslime hier oft bilden, bleibt der Judenhass erhalten und wird quasi weitervererbt. Ereignisse in Nahost tragen dann dazu bei, die Flamme des antijüdischen Fanatismus am brennen zu halten.

Importierter Antisemitismus

Bereits 2015 anlässlich der Flüchtlingskrise [„wir schaffen das!“] warnte der Zentralrat der Juden vor den Gefahren eines „importierten Antisemitismus“. Und bereits 2014 wurde bei verschiedenen Demonstrationen, beispielsweise in Gelsenkirchen, skandiert:“Hamas, Hamas, Juden ins Gas.“ Das hat nichts mehr mit legitimer Israelkritik zu tun – hier liegt ein bewusster Schulterschluss mit dem Nationalsozialismus vor. Hier geht es gegen Juden als solche.

Dennoch wird der Mythos in Europa weiter gepflegt, einen islamischen Judenhass gebe es nicht. „Im Islam gibt es keinen … traditionellen Antisemitismus“ lässt die ‚Süddeutsche’ den Islamwissenschaftler Peter Wien 2018 schreiben. Der Antisemitismus sei erst durch den Kolonialismus in den Nahen Osten gelangt. Historische Quellen, die dies widerlegen, werden ignoriert .Die Hypothese vom europäischen Antisemitismus, dessen Opfer die Muslime so angeblich wurden, hilft auch, die enge Kooperation des Muftis von Jerusalem mit den Nazis zu relativieren.

„Antisemitischer Hass wird immer mehr zum Gradmesser eines als authentisch empfundenen Muslim-Seins.“ Schreibt in einem Gastbeitrag Murat Kayman am 4.11.23 im ‚Spiegel’. Dabei wird immer weniger Unterschied gemacht zwischen dem Staat Israel und seiner Politik einerseits und ‚den Juden’ andererseits. In den Hassparolen, die jetzt verstärkt weltweit zu hören sind, werden immer öfter ‚Juden’ ganz allgemein ins Visier genommen, nicht Israel.

Was tut die Politik?

Wenn Bundesinnenministerin Faeser anlässlich gewalttätiger Palästinademonstrationen und vor dem Hintergrund sprunghaft ansteigender antisemitischer Straftaten „deutlich spürbare Konsequenzen“ fordert, sind das Sonntagsreden. Der bayrische Ministerpräsident Söder fordert die Abschiebung von Straftätern mit doppelter Staatsangehörigkeit, denen der deutsche Pass abgenommen werden soll. CDU-Chef März will eine strengere Kontrolle muslimischer Verbände. Erst zu Jahresbeginn hat der dänische Migrationsminister Bek gefordert, Deutschland müsse endlich damit aufhören, Migranten Anreize zu bieten, zu uns zu kommen.

Dem ist nur zuzustimmen, denn leider haben immer noch zu viele Muslime in ihrem Reisegepäck einen tief verwurzelten Judenhass.

Die Lösung kann nicht sein, dass Juden [wieder einmal] unsere Länder verlassen. Eine Jüdin sagte dem Bayrischen Rundfunk: “Wenn hier jemand weg muss, dann sind das Salafisten, Islamisten, Terroristen und alle, die Gewalt schüren.“ Wer wollte dem widersprechen?

Über Alfred Schlicht

Alfred Schlicht ist promovierter Orientalist und pensionierter Diplomat. 2008 erschien sein Buch „Die Araber und Europa“. Sein Buch „Das Horn von Afrika“ erschien 2021, beide im Kohlhammer-Verlag.

Alle Artikel

1 Kommentar

  1. Ich empfehle die Bücher von Hamed Abdel- Samad z. B. „Der Islamische Faschismus“! Sehr aufschlussreich!

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.