Auf ein Neues: Israel hat die Sprache der Hamas immer noch nicht verstanden

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Palästinenser feiern die Freilassung von Terroristen in Nablus am 24. November 2023. Foto IMAGO / ZUMA Wire
Palästinenser feiern die Freilassung von Terroristen in Nablus am 24. November 2023. Foto IMAGO / ZUMA Wire
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Der Terrororganisation Hamas ist es wieder einmal gelungen, Israel zu verhöhnen, seine Nerven zu strapazieren und im psychologischen Bereich Gewinne zu erzielen. Die Überlegenheit der Hamas im psychologischen Krieg und ihre Fähigkeit, Situationen aus einer Position der Schwäche und der Niederlage heraus zu nutzen, ermöglichen es ihr, das Unvermeidliche hinauszuzögern und ihre wachsende Unterstützung in der palästinensischen Öffentlichkeit zu festigen.

von ProfKobi Michael

Die Hamas verstiess nicht nur auf grausame und sarkastische Weise gegen die Verpflichtung, keine Familien zu trennen und Kinder ohne ihre Mütter freizulassen, sondern beschuldigte Israel in ihrer falschen und zynischen Art und Weise, gegen die Bedingungen des Abkommens zu verstossen, weil es die humanitäre Hilfe für den nördlichen Gazastreifen eingestellt und Drohnen im südlichen Gazastreifen eingesetzt habe. Dann stoppte die Hamas die Freilassung der zweiten Gruppe von Geiseln, obwohl Israel seinen Teil der Abmachung erfüllt hatte. Der Hamas, die sich in einer Notlage befindet, durch die ihre militärischen und staatlichen Fähigkeiten bedroht sind – und die folglich vor einer existenziellen Bedrohung steht – ist es gelungen, aus der Tiefe ihrer Notlage heraus ein ganzes Land zu manipulieren. Die offiziellen Sprecher Israels stotterten und zögerten, und abgesehen von einer umfassenden Erklärung zur israelischen Forderung an die Hamas, die Aktion bis Mitternacht abzuschliessen, wurde nichts Wesentliches gesagt.

Die Ägypter hingegen, die für die Vereinbarung bürgen, eilten zum Grenzübergang Rafah, wo sie der Hamas ein unmissverständliches Ultimatum stellten (es ist anzunehmen, dass sie ihr damit drohten, die Hamas im Stich zu lassen und den Grenzübergang Rafah zu schliessen) und sie zwangen, die notwendigen Schritte zu unternehmen und den zweiten Austausch durchzuführen.

Die Freilassung der palästinensischen Terroristen wurde im Westjordanland und in Ostjerusalem mit Jubel begrüsst und mit Hamas-Symbolen gefeiert. Ihre Freilassung wurde als ein weiterer Sieg und Erfolg der Hamas gewertet. Ihre Freilassung stärkt den Einfluss der Hamas im Westjordanland und die öffentliche Unterstützung für die Organisation, teilweise auf Kosten und zur Schwächung der Palästinensischen Autonomiebehörde.

Es steht ausser Frage, dass die Geiseln freigelassen werden müssen

Letztendlich hat die Hamas eine weitere Schlacht in der laufenden Informationskampagne gewonnen. Sie sendet damit ein wichtiges Signal an ihre Bevölkerung und ihre Unterstützer hinsichtlich ihrer Standhaftigkeit und ihres Festhaltens an der Fortsetzung des Kampfes. Katar hat wieder einmal gepunktet und es geschafft, seinen Status als Fürst der regionalen Diplomatie zu festigen und seine Verbrechen als Unterstützer des Terrorismus vor den USA und der internationalen Gemeinschaft zu beschönigen und das wichtigste Interesse aus seiner Sicht erfolgreich zu wahren – das Überleben der Hamas als Herrscher in Gaza. Auch das Rote Kreuz, das seine Zusage bezüglich der rund 200 zusätzlichen Geiseln, die von der Hamas festgehalten werden, verraten hat, konnte am Grenzübergang Rafah PR-Punkte sammeln. In der Zwischenzeit stellt Israel weiterhin seine Schwäche im Kampf gegen die Hamas zur Schau und überlässt die Inszenierung des Ereignisses und des Deals der Terrororganisation. All dies steht im krassen Gegensatz zu den beeindruckenden Erfolgen der IDF und der Tatsache, dass Israel über ein ultimatives Druckmittel verfügt, das es aber nicht einsetzt – ein weiterer bedeutender militärischer Schlag gegen die Hamas oder zumindest ein überzeugendes Signal hinsichtlich dieser Fähigkeit.

Es steht ausser Frage, dass die Geiseln freigelassen werden müssen, selbst um den Preis eines Deals, der die Fortsetzung der militärischen Aktion verzögert – genau die militärische Aktion, die für die Verwirklichung der vom Staat Israel definierten Kriegsziele notwendig ist. Israels Stärke ergibt sich auch aus seiner moralischen Grundhaltung, seinem absoluten Bekenntnis zum Wert des Lebens und der Verantwortung des Staates für die Rückgabe seiner Geiseln. Diese Stärke wird jedoch von der Hamas und ihresgleichen als Schwäche interpretiert und auf zynische und effektive Weise ausgenutzt. Die israelische Herausforderung besteht darin, den Handlungsspielraum und den Einfluss der Hamas im Informationskrieg einzuschränken und in Anbetracht ihres potenziellen Einflusses die Fähigkeit zu erlangen, die Sprache der Hamas mit Entschlossenheit zu sprechen, selbst um den Preis möglicher internationaler Kritik. Auch wenn die Notwendigkeit, die Geiseln freizulassen klar ist, ist es unverständlich, dass die Hamas die Bedingungen festlegt, entscheidet, wann gegen sie verstossen wurde, und so tut, als hätte sie eine Machtposition. Israel muss bei der Festlegung der Bedingungen sehr viel deutlicher werden und unmissverständlich und entschlossen auf derartige Verstösse der Hamas reagieren, sonst wird der Preis noch höher ausfallen.

Prof. Kobi Michael ist leitender Forscher am Institute for National Security Studies (INSS) der Universität Tel Aviv und Chefredakteur von Strategic Assessment. Übersetzung Audiatur-Online.

1 Kommentar

  1. Die Geiseln müssen erkämpft werden- die Hamas sind Nazis mit dem Ziel alle Juden der Welt zu vernichten. Es gibt nur eine militärische Lösung. So grausam diese Lektion ist: Kein Jude ist nach dem Deal noch irgendwo sicher. Sicherheit gibt es erst nach der physischen Vernichtung der Hamas und am besten zusätzlich der Hizbollah.

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