Alt Bundesrätin Ruth Dreifuss und die «Friedensbewegung» im Nahostkonflikt

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Die ehemalige SP-Bundesrätin Ruth Dreifuss hat den Finanzierungsstopp der Schweiz für palästinensische und israelische NGOs scharf kritisiert. Foto IMAGO / ZUMA Press
Die ehemalige SP-Bundesrätin Ruth Dreifuss hat den Finanzierungsstopp der Schweiz für palästinensische und israelische NGOs scharf kritisiert. Foto IMAGO / ZUMA Press
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Die ehemalige SP-Bundesrätin Ruth Dreifuss hat am 11. November 2023 den Finanzierungsstopp der Schweiz für einige palästinensische und israelische Nichtregierungsorganisationen (NGO) scharf kritisiert. Es schwäche die «Friedensbewegung auf beiden Seiten», sagte Dreifuss in einem Interview mit der «Schweiz am Wochenende».

Am 25. Oktober 2023, also 3 Wochen nach dem schrecklichen Massaker durch die Terrororganisation Hamas im Süden Israels, kündigte das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) an, die Mittel für 11 NGOs (6 palästinensische und 5 israelische) zu suspendieren, bis «eine eingehende Analyse der Übereinstimmung der Kommunikation dieser Organisationen mit dem Verhaltenskodex und der Antidiskriminierungsklausel des EDA, denen die externen Partner unterliegen», durchgeführt wurde. So weit so gut, respektive besser spät als nie.

Alt Bundesrätin Ruth Dreifuss findet die Suspendierung nicht richtig und bezeichnete den Entscheid des Aussendepartements gar als «mehr als falsch». Laut Medienberichten «betrifft die Suspendierung rund 2,3 Mio. CHF von insgesamt 4,78 Mio. CHF, die für die Finanzierung der Aktivitäten von NGOs in der Region vorgesehen sind». Laut dem Bundesrat gäbe es keine Anzeichen dafür, dass die Gelder zugunsten der Hamas verwendet wurden, aber «es gibt eindeutig Bedenken hinsichtlich der politischen Neutralität einiger NGOs».

Wie Recherchen von NGO Monitor und Audiatur-Online zeigen, geht es um folgende NGOs:

  1. Das Palästinensische Zentrum für Menschenrechte (PCHR, 342’300 CHF, EDA-Portfolio 2 – Rechtsstaatlichkeit, Schutz und Gleichstellung der Geschlechter) Das PCHR hat Verbindungen zur Terrororganisation PFLP. Die NGO und einige der Mitarbeiter rechtfertigen Gewalt gegen israelische Zivilisten.

    Während des Gaza-Konflikts im Mai 2023 veröffentlichte das PCHR eine Erklärung, in der es «das palästinensische Volk zum Widerstand gegen die Besatzung mit allen verfügbaren Mitteln, einschliesslich des bewaffneten Kampfes, aufruft.» Nach Kritik und auf Druck der Geldgeber – darunter auch der EU – wurde dieser Text geändert.

    Am 8. Oktober 2023, einen Tag nach dem Massaker an über tausend Zivilisten im Süden Israel, unterzeichnete PCHR eine gemeinsame Erklärung, in der es heisst: «Palästinensische bewaffnete Gruppen haben eine Operation als Reaktion auf die eskalierenden israelischen Verbrechen gegen das palästinensische Volk durchgeführt.»
  2. Palästinensisches NGO-Netzwerk (PNGO, 186’200 CHF, EDA-Portfolio 4 – Lokale Regierungsführung und Erbringung grundlegender Dienstleistungen). Auch das PNGO-Netzwerk hat Verbindungen zur Terrororganisation PFLP.

    Im November 2021 verurteilte PNGO die Entscheidung der britischen Regierung, die Hamas zu einer Terrororganisation zu erklären.

    Am 8. Oktober 2023, einen Tag nach den Massakern im Süden Israels, veröffentlichte PNGO eine Erklärung: «Das palästinensische Volk befindet sich in einer Phase der nationalen Befreiung und gibt sich nicht mit den Illusionen eines Friedens zufrieden, der auf dem Aufzwingen vollendeter Tatsachen beruht. Es wehrt sich mit aller Kraft und unter grossen Opfern dagegen. Die Welt muss heute aufwachen, um die Rechte der Palästinenser durchzusetzen, indem sie den Besatzungsstaat verfolgt, boykottiert und mit Sanktionen belegt.»
  3. MIFTAH: Palästinensische Initiative zur Förderung des globalen Dialogs und der Demokratie (177’000 CHF, EDA-Portfolio 2 – Rechtsstaatlichkeit, Schutz und Gleichstellung).

    Miftah propagiert regelmässig den «Widerstand» (ein Euphemismus für Terroranschläge) und glorifiziert Terroristen. Miftah bedient sich auch israelfeindlicher Rhetorik, indem er Israel beschuldigt, «Massaker», «kulturellen Völkermord», «Kriegsverbrechen» und «Apartheid» zu begehen.

    In einem Interview mit Democracy Now! bestritt Hanan Ashrawi, Gründerin und Vorsitzende des MIFTAH-Verwaltungsrats, die Gräueltaten der Hamas vom 7. Oktober und bezeichnete die Vorwürfe von Massakern, Vergewaltigungen und Enthauptungen von Kindern als «Unsinn».
  4. Jerusalem Legal Aid and Human Rights Centre (JLAC, 184’000 CHF, EDA-Portfolio 2 – Rechtsstaatlichkeit, Schutz und Gleichstellung).

    Das JLAC ist sehr aktiv bei der Propagierung von BDS-Kampagnen, bei der Lobbyarbeit in internationalen Gremien und bei der Verwendung äusserst hetzerischer Rhetorik.

    Im Jahr 2010 veröffentlichte JLAC «We Have Names, We Have a Homeland», in dem behauptet wurde, dass «Brutalität und Sadismus das wahre Gesicht des Zionismus und des Besatzungsstaates sind» und beschuldigt Israel der «grausamen», «abscheulichen» und «faschistischen» Praktiken. In dem Buch heisst es weiter: «Hat die Geschichte der Menschheit jemals eine solche Brutalität gekannt, wie sie von den Händen Israels praktiziert wird?»
  5. Women’s Centre for Legal Aid and Counselling (WCLAC, 360’500 CHF, EDA-Portfolio 2 – Rechtsstaatlichkeit, Schutz und Gleichstellung).

    Beschuldigt Israel der «kollektiven Bestrafung», der «Menschenrechtsverletzungen», der «Verletzung der Rechte der Frauen» und des Versuchs, «Widerstand zu unterdrücken», indem «die Zivilgesellschaft ins Visier genommen wird, um Land zu erlangen und weiterhin die wirtschaftliche Stabilität, das Wachstum und die Entwicklung der palästinensischen Gesellschaft zu behindern».

    Am 15. Oktober 2023 unterzeichnete WCLAC eine gemeinsame Erklärung, in der die «europäischen Staats- und Regierungschefs» aufgefordert wurden, «die Ursachen der anhaltenden Gewalt zu beseitigen, nämlich Israels sieben Jahrzehnte andauerndes Siedlerkolonialunternehmen und die Unterdrückung des palästinensischen Volkes». Am 17. Oktober unterzeichnete die Organisation eine gemeinsame Erklärung, in der sie Israel «Apartheid», «Kriegsverbrechen» und «Anstiftung zum Völkermord» vorwarf.
  6. 7amleh (148’000 CHF, EDA-Portfolio 2 – Rechtsstaatlichkeit, Schutz und Gleichstellung)

    Am 12. Oktober 2023 twitterte der Leiter der Interessenvertretung Jalal Abukhater: «Europa hat eine Ideologie der ethnischen Vorherrschaft, die zu völkermörderischer Gewalt neigt, bis in unser gesegnetes kleines Land exportiert. Sie nannten es Zionismus, und es ist unaufhaltsam.»
  7. Gisha (80’300 CHF, EDA-Portfolio 2 – Rechtsstaatlichkeit, Schutz und Gleichberechtigung)

    Nutzt «Apartheid»-Rhetorik und -Vokabular unter Berufung auf internationales Recht und Menschenrechte, um eine parteipolitische und ideologische Agenda zu fördern.

    Im Januar 2021 veröffentlichte Gisha einen Artikel mit dem Titel «Die Realität benennen» und schrieb, dass das «Wort Apartheid Abscheu hervorruft, wie es auch sein sollte. Es gibt zweifellos Unterschiede zwischen dem Apartheidregime in Südafrika und Israel, aber der rote Faden, der sie verbindet, ist unbestreitbar.»

    Am 10. Oktober 2023 twitterte die Exekutivdirektorin von Gisha, Tania Hary: «Heute haben mir viele eine Version der Frage ‚Wie lange haben sie noch?‘ in Bezug auf die Belagerung gestellt. Meinen sie, wie lange noch, bis sie verhungert sind? Ich kann es nicht sagen. Vielleicht sollte man die israelischen Offiziellen fragen, wie viele Menschen in Gaza noch sterben müssen, bevor der Durst nach Rache gestillt ist.»
  8. Hamoked (354’000 CHF, EDA-Portfolio 2 – Rechtsstaatlichkeit, Schutz und Gleichstellung)

    HaMoked macht falsche und hetzerische Anschuldigungen über israelische «Apartheid», «Deportationen», «Folter» und «Gewaltsame Umsiedlungen» und beschuldigt Israel der «kollektiven Bestrafung» und der «Ghettoisierung des Westjordanlandes».
  9. Ärzte für Menschenrechte-Israel (PHR-I, 214’200 CHF, EDA-Portfolio 4 – Lokale Regierungsführung und Erbringung grundlegender Dienstleistungen)

    Unter dem Deckmantel medizinischer Expertise und wissenschaftlicher Fakten verbreitet das PHR-I verzerrte und falsche Darstellungen, die darauf abzielen, Israel auf der internationalen Bühne zu dämonisieren und zu delegitimieren.
  10. Adalah (202’400 CHF, EDA-Portfolio 2 – Rechtsstaatlichkeit, Schutz und Gleichstellung)

    Adalah lehnt die Legitimität des jüdischen Staates ab und versucht, ihn als von Natur aus rassistisch und diskriminierend darzustellen. Adalah unterstützt eine «Umwandlung Israels in ein transnationales Regime im gesamten historischen Palästina», also eine Ein-Staat-Formel.

    Am 11. Oktober 2023 veröffentlichte Adalah eine Erklärung, in der es hiess: «Die extremistische, rassistische israelische Regierung benutzt die Angriffe militanter Palästinenser als Vorwand, um illegale Angriffe zu starten und Kriegsverbrechen in Richtung ethnischer Säuberung gegen das palästinensische Volk in Gaza zu begehen.»

    Am 17. Oktober veröffentlichte Adalah eine Erklärung, in der es heisst: «Die Taktik, Zivilisten zu bewaffnen, wurde von israelischen Siedlern im Westjordanland übernommen, um die Kontrolle durch Terror auszuüben… Die israelische Regierung nutzt nun die Wut und Angst der Israelis im Nebel des Krieges aus, um ihr Apartheidsystem in der Polizeiarbeit als Teil ihrer Vorherrschaftspolitik zu festigen.»
  11. Al-Shabaka (61’500 CHF, EDA-Portfolio 1 – Konfliktprävention und Friedensförderung)

    Die Rhetorik von Al-Shabaka beinhaltet Anschuldigungen wie «ethnische Säuberung», «Apartheid», «Völkermord», «kollektive Bestrafung» und «Kriegsverbrechen» sowie die Unterstützung eines palästinensischen «Rückkehrrechts

    Seit dem 7. Oktober 2023 haben die Mitarbeiter von Al-Shabaka Dutzende von Erklärungen abgegeben, in denen sie das Massaker der Hamas rechtfertigen oder kontextualisieren.

    Am 8. Oktober twitterte Al-Shabaka: «Al-Shabaka lehnt die kolonialen Grenzen des israelischen Regimes ab, die darauf abzielen, die palästinensische Existenz zu fragmentieren und letztlich auszulöschen. Die Überwindung dieser Grenzen erweitert die palästinensische Vorstellungswelt um Möglichkeiten des Widerstands und der kollektiven Freiheit. Wir sind uns bewusst, dass Entkolonialisierung keine Metapher ist; es handelt sich nicht um blosse Erklärungen oder Analysen, sondern um einen aktiven Prozess, der den Abbau der kolonialen Macht und die Rückgewinnung von Land erfordert. Wir stehen an der Seite derjenigen, die sich für diese Bemühungen und für die Befreiung der Palästinenser weltweit einsetzen.»

Ob solche NGOs wirklich als «Friedensbewegung» bezeichnet werden können und von den Schweizer Steuerzahlern weiterhin finanzielle Unterstützung erhalten sollen, ist mehr als fragwürdig. Diese Organisationen fördern im Nahen Osten aber sicherlich nicht «Frieden und Zusammenarbeit in der Zivilgesellschaft», wie Frau Dreifuss meinte.