Laut dem “Corriere della Sera” wusste Papst Pius XII. von Judenvernichtung in Lagern

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Papst Pius XII. im Jahr 1941. Foto IMAGO / United Archives International
Papst Pius XII. im Jahr 1941. Foto IMAGO / United Archives International
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Papst Pius XII. (1939-1958) wusste offenbar bereits seit Dezember 1942 von der Massenvernichtung von Juden im Dritten Reich. Die italienische Zeitung “Corriere della Sera” veröffentlichte in ihrer Sonntagsbeilage (“Lettura”) einen Brief im Original, aus dem dies hervorgeht. In dem Schreiben des deutschen Jesuiten Lothar König heisst es unter anderem: “Die letzten Angaben über ‘Rawa Russka’ mit seinem SS-Hochofen, wo täglich bis zu 6.000 Menschen, vor allem Polen und Juden, umgelegt werden, habe ich erneut über andere Quellen bestätigt gefunden. Auch der Bericht über Oschwitz (Auschwitz) bei Kattowitz stimmt.”

Der Brief Königs ist an den persönlichen Assistenten von Papst Pius XII. gerichtet, Robert Leiber. Er enthält zudem den Hinweis, dass die beiliegenden Informationen “unter dem äussersten Risiko beschafft” worden seien. “Wenn sie nicht unter der allergrössten Vorsicht und Umsicht gebraucht” würden, sei das Leben des Autors und anderer Menschen in Gefahr. Weiter schreibt König: “Hier ist die Besorgnis sehr gross, ob in Rom mit der nötigen Vorsicht vorangegangen würde und bei einer etwaigen Besetzung des Vatikans nichts, wirklich nichts Belastendes vorgefunden werden könnte, was man gegen die deutsche Kirche auswerten kann.”

Zwei Wochen später hielt Pius XII. eine von Radio Vatikan weltweit übertragene Weihnachtsansprache. Darin beklagte er, dass “Hunderttausende Menschen ohne irgendeine Schuld und nur aufgrund ihrer Nationalität oder Rasse in den Tod geschickt werden”.

In derselben Ausgabe der Zeitungsbeilage vom Sonntag findet sich ein Interview mit dem Vatikan-Archivar Giovanni Coco, der das Schreiben als erster ausgewertet hat. Darin berichtet er, dass der in dem Brief erwähnte Bericht über Auschwitz bislang noch nicht wiedergefunden worden sei.

Coco fügt hinzu, er gehe davon aus, dass bis zum Eintreffen des König-Briefes vom 14. Dezember 1942 der Vatikan zwar über die Existenz von Lagern wie Dachau oder Auschwitz informiert war. Man habe aber zunächst gemeint, dass die Konzentrationslager lediglich Masseninhaftierungslager seien, in denen viele Menschen aufgrund schlimmer Haftbedingungen starben.

Der nun gefundene Brief habe diese Wahrnehmung geändert, erklärte Coco. Das Schreiben habe sich in Beständen des vatikanischen Staatssekretariates befunden, die dem zentralen Apostolischen Archiv (früher: Vatikanisches Geheimarchiv) erst 2019 übergeben worden seien.

Laut dem “Corriere della Sera” sei es jedoch zweifellos so, dass Pius XII. während des Zweiten Weltkriegs, als immer detailliertere Nachrichten über die von den Nazis begangenen Gräueltaten den Vatikan erreichten, es vorzog, zu schweigen oder allenfalls in allgemeinen Worten sein Bedauern auszudrücken. Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang eine kurze Passage aus der langen Weihnachtsansprache von Papst Pacelli vom 24. Dezember 1942, in der er von den “Hunderttausenden von Menschen spricht, die ohne eigenes Verschulden, manchmal nur aufgrund ihrer Nationalität oder Abstammung, dem Tod oder dem fortschreitenden Verfall preisgegeben sind”.

KNA/lri/brg

1 Kommentar

  1. Ja natürlich wusste er davon. Er war mit dem Bischoff von Preyseng befreundet, eine wirklich schöne Gestalt. Der hat seinerseits erst die Konvertierten versucht zu unterstützen und zu schützen, dann alle jüdischen Berliner, die er irgendwie unterstützen konnte. Seine Mitarbeiterin ist auch eine Gerechte – sie hat die Proteste gegen die Deportationen der Ehepartner von Katholiken organisiert. Und sein Domprobst ist mindestens 7 mal in den frühen KZ gefoltert worden. Der Bischof hat die Nonnen angewiesen, alles Wissen zusammenzutragen und er hat es an alle Katholiken in Europa, Afrika, Asien, Nordamerika und natürlich dem Papst verteilt. In Belgien wurden alle Katholiken in den Hirtenbriefen aufgefordert, den Juden zu helfen. Nicht nur in Belgien. Aber in Belgien haben sich die meisten an die Worte des Pfarrers gehalten.

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