Neue Datenbank für geraubtes jüdisches Umzugsgut

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US-Hauptmann H. H. Davies prüft eine Gemäldesammlung, die im Haus eines SS-Angehörigen in Hannover gefunden wurde, der sie aus Holland geraubt hatte. Foto BU 9651 aus den Sammlungen der Imperial War Museums, Public Domain, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=24494576
US-Hauptmann H. H. Davies prüft eine Gemäldesammlung, die im Haus eines SS-Angehörigen in Hannover gefunden wurde, der sie aus Holland geraubt hatte. Foto BU 9651 aus den Sammlungen der Imperial War Museums, Public Domain, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=24494576
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Nachfahren jüdischer Flüchtlinge, deren Umzugsgut in der Zeit des Nationalsozialismus enteignet wurde, können künftig über ein neues Online-Verzeichnis danach suchen. Die Datenbank LostLift sei die erste dieser Art, teilte das Deutsche Schifffahrtsmuseum in Bremerhaven am Dienstag mit. Sie ist demnach offiziell ab Freitag unter https://lostlift.dsm.museum zugänglich.

Ab 1933 wurden Juden von den Nationalsozialisten dazu gedrängt, aus dem Deutschen Reich auszuwandern. Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs, der sich am Freitag zum 84. Mal jährt, wurde ihr Umzugsgut nicht mehr verschifft. Die Liftvans, wie die Kisten genannt wurden, blieben in den Häfen von Hamburg und Bremen. Der Inhalt wurde später vom Staat beschlagnahmt und öffentlich versteigert.

Diese Enteignungen untersuchen seit 2018 zwei Forschungsprojekte am Deutschen Schifffahrtsmuseum. Wissenschaftlerinnen sichten laut Museum in detektivischer Kleinarbeit tausende Dokumente aus den Staatsarchiven in Hamburg und Bremen. Hinweise zu versteigerten Möbeln, Musikinstrumenten, Gemälden und anderen Gegenständen hätten sie in die neue Datenbank eingepflegt. Sie umfasse bislang 5.500 Einträge im Personenregister sowie rund 3.200 konkrete Fälle von Beraubung – und solle weiter wachsen.

Hätte schon viel früher geschehen müssen

Jeder Eintrag rekonstruiert den Angaben zufolge den Weg des Umzugsgutes einer Familie – vom Verlassen der Wohnung mit einem Spediteur bis zur Beschlagnahmung in einer Hafenstadt und schließlich der Versteigerung. Auch Akten der von Familien in der Nachkriegszeit beantragten Rückerstattungsverfahren seien in die Datenbank aufgenommen worden. Zudem enthielten sie Informationen zu einzelnen Beteiligten, also geschädigten Familien, Speditionen, Gerichten und Käufern der Gegenstände.

Kathrin Kleibl/Carolin Lange – Der Umgang mit geraubtem jüdischen Eigentum in Hamburg und andernorts

“Wir wollen mit der Datenbank auf diesen bisher wenig aufgearbeiteten Aspekt der Beraubung der Juden im Nationalsozialismus aufmerksam machen”, erklärte Provenienzforscherin Kathrin Kleibl. Menschen in Hamburg und Bremen rief sie dazu auf, weitere Hinweise zu geben. Sie sollten sich fragen, ob es womöglich Erbstücke gebe, die nicht eindeutig aus der Familie stammen, sondern während des Kriegs gekauft wurden.

Aus Sicht der Wissenschaftlerinnen kommt die Aufarbeitung jedoch 75 Jahre zu spät. “Was wir machen, hätte schon viel früher geschehen müssen”, so Provenienzforscherin Susanne Kiel.

KNA/mal/amo/lwi

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