Überfällige Justizreform in Israel auf den Weg gebracht – Netanjahu will Gespräche

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Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu (2. v. l.) nimmt an der Abstimmung im israelischen Parlament in Jerusalem teil, 24. Juli 2023. Foto IMAGO / Xinhua
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu (2. v. l.) nimmt an der Abstimmung im israelischen Parlament in Jerusalem teil, 24. Juli 2023. Foto IMAGO / Xinhua
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Nach der Annahme eines Kernelements der umstrittenen Justizreform sind auch in der Nacht zu Dienstag landesweit Zehntausende Menschen in Israel auf die Strassen gegangen. In der zentralisraelischen Stadt Kfar Saba wurden nach Polizeiangaben drei Personen leicht verletzt, als ein Mann in eine Gruppe Demonstranten fuhr.

von Andrea Krogmann 

Landesweit waren mehrere Hauptverkehrsstrassen zeitweise blockiert, mindestens 34 Demonstranten wurden laut israelischen Medien festgenommen. In Tel Aviv und Jerusalem setzte die Polizei Wasserwerfer gegen die Menge ein.

Die Vorsitzende der Arbeiterpartei, Merav Michaeli, kritisierte das Vorgehen der Polizei. “Die korrupte Aufhebung der Angemessenheitsklausel, die die Motivation für diese berechtigten Demonstrationen ist, gibt der Polizei nicht die Erlaubnis, in einer völlig unangemessenen Weise gegen israelische Bürger vorzugehen”, heisst es in einem Schreiben Michaelis an Polizeichef Kobi Schabtai von Montagabend. Sie rief Schabtai dazu auf, die Öffentlichkeit zu schützen.

Der frühere israelische Ministerpräsident Ehud Olmert bezeichnete das Gesetz zur Angemessenheitsklausel als eine “ernsthafte Bedrohung”. Das Land gehe in einen Bürgerkrieg, sagte er laut israelischen Medienberichten im Interview mit dem britischen Nachrichtensender “Channel 4 News”.

Notwendiger demokratischer Schritt

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu rief seine Landsleute am späten Montagabend in einer Ansprache “zu Frieden und gegenseitigem Respekt” auf. Die Abschaffung der Angemessenheitsklausel durch das Parlament am Montagnachmittag bezeichnete er als “notwendigen demokratischen Schritt”, der “ein gewisses Gleichgewicht zwischen den Behörden wiederherstellen soll”. Dies sei nötig, “damit die gewählte Regierung Politik nach dem Willen der Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger des Staates machen kann” und bedeute keineswegs ein Ende der Demokratie.

Netanjahu bekundete Bedauern, dass keiner von der Koalition eingebrachte Kompromissvorschläge von der Opposition angenommen worden sei und kündigte an, “schon in den nächsten Tagen” erneut den Dialog mit der Opposition zu suchen. Zugleich warnte er davor, die israelische Armee in den politischen Streit hineinzuziehen. Die Armee müsse “ausserhalb jeder politischen Kontroverse bleiben”. Vor der entscheidenden Abstimmung hatten mehr als 10.000 Reservisten angekündigt, nicht zum Dienst zu erscheinen, sollte das Gesetz zur Abschaffung der Angemessenheitsklausel angenommen werden.

Der Premierminister bestätigte Berichte, wonach die Koalition während der am 30. Juli beginnenden Sommerpause eine Einigung über den Rest des Justizreformpakets anstreben werde.

Netanjahu sagte, alle seien sich einig, dass die Gerichte weiterhin unabhängig sein werden. “Ich möchte dies noch einmal betonen: Keine Partei hat das Recht, die Gerichte zu kontrollieren”, sagte er.

“Wir haben ein Land, ein Parlament, ein Volk. Am Vorabend von Tisha B’Av müssen wir dies vor allem bewahren”, sagte er. Er forderte seine “Brüder und Schwestern in der Reserve” auf, die israelischen Verteidigungskräfte “aus jeder politischen Kontroverse herauszuhalten”.

Hauptgewerkschaftsführer Arnon-Bar David kündigte unterdessen laut Bericht der Tageszeitung “Haaretz” (Dienstag) an, “einen allgemeinen Arbeitskonflikt auszurufen und einen Generalstreik auszurufen, falls dies erforderlich sein sollte”. Auch der israelische Ärzteverband kündigte an, das Gesundheitssystem für 24 Stunden stillzulegen und die Krankenhäuser nach ihren Schabbatplänen arbeiten zu lassen.

Gesundheitsminister Mosche Arbel reichte laut Bericht der “Jerusalem Post” einen Antrag auf einstweilige Verfügung gegen den Medizinerstreit ein, der zu “erheblichen Störungen in den staatlichen Krankenhäusern” führen und “den Patienten Schaden zufügen” könne. Die Klage wurde am Dienstag bei einem Arbeitsgericht eingereicht.

KNA/akr/sky/Aud

1 Kommentar

  1. Was für ein einseitiger, angst schürender Bericht!! Die Polizei kann eingreifen wie sie will, linkspositionierte Stimmen, die im Mainstream ausserordentlich oft zu Wort kommen, sind immer empört! Nur wenn sie nicht oder spät eingreifen, wenn Juden mit Kippas bedroht sind, dann schweigen die Linken – traurig!

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