Seit den tödlichen Schüssen eines Polizisten auf den 17-jährigen Franzosen algerischer Herkunft, Nahel M., in der Pariser Vorstadt Nanterre, herrscht in Frankreich ein regelrechtes Chaos.
In Gebieten mit einem hohen muslimischen Bevölkerungsanteil haben Randalierer Autos angezündet und Geschäfte geplündert, es kam zu Zusammenstössen mit der Polizei und Hunderten von Verletzten.
Zusammenstösse, Plünderungen und Sachbeschädigungen trafen auch die jüdische Gemeinschaft in Frankreich. Jüdische Geschäfte in Sarcelles und Garges Les Gonesse sowie Gedenkstätten für Deportierte wurden verwüstet, berichtete Radio Shalom. Parolen wie „Tod den Juden“ waren zu hören und Botschaften wie „Wir werden eine Shoah machen“ an eine Wand gesprüht.
In Nanterre haben Vandalen ein Denkmal zum Gedenken an den Holocaust und an die jüdischen Mitglieder des französischen Widerstands gegen die Nazis mit dem Spruch „Polizeiabschaum“ beschmiert.
Im Pariser Vorort Sarcelles, der wegen seiner grossen jüdischen Bevölkerung auch „Klein-Jerusalem“ genannt wird, wurden bei Ausschreitungen antisemitische Parolen skandiert und jüdische Geschäfte geplündert.
In der Region wird eine Wiederholung der antisemitischen Gewalt von 2014 befürchtet, als während des siebenwöchigen Krieges zwischen Israel und der Terrororganisation Hamas im Gazastreifen, jüdische Geschäfte und Synagogen von Antisemiten gezielt angegriffen wurden.
„Das ist ein absoluter Skandal und eine Schande. Es gibt keinen Respekt vor irgendetwas“, twitterte Ariel Goldmann, Vorsitzender des Jüdischen Sozialfonds (United Jewish Social Fund). Auch der Europäische Jüdische Kongress äusserte sich entsetzt über die Zerstörungen.
Israel verfolgt die „Wellen des Antisemitismus, die Frankreich überschwemmen, mit grosser Sorge“, sagte der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu am Sonntag auf der wöchentlichen Kabinettssitzung.
„In den letzten Tagen haben wir kriminelle Angriffe auf jüdische Einrichtungen erlebt. Wir verurteilen diese Angriffe aufs Schärfste und unterstützen die französische Regierung in ihrem Kampf gegen Antisemitismus“, fügte er hinzu.
Aufrufe zur Intifada
Palästinensische Organisationen wie „Collectif Palestine Vaincra“, „Samidoun“ und „Masar Badil“, einige davon mit Verbindungen zur Terrororganisation „Volksfront zur Befreiung Palästinas“ (PFLP) rufen derweil in Frankreich zu einer Intifada auf.
Der jüdisch-französische Abgeordnete Meyer Habib erklärte am Samstagabend, dass die Wurzeln der Gewalt vor allem in Gebieten liegen, in denen Antisemitismus und andere Formen des Hasses endemisch sind.
„Es sieht aus wie eine Intifada im Herzen Frankreichs“, warnte Habib. „Frankreich steht in Flammen, 249 Polizisten wurden verletzt. Nichts, nicht einmal der dramatische Tod eines jungen Mannes, rechtfertigt dieses Chaos“.
Keine Frage – die französische Version der Intifada läuft und nähert sich bedrohlich dem Rest von Europa und auch der Schweiz.
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Die Lippenbekenntnisse der Verantwortlichen (dieser Situation) bzw. der Politiker führen bei mir zu einer Mischung aus maximaler Irritation und angewiderter Ablehnung.
es ist haarsträubend! Vor hundert Jahren hat dieser Irrsinn begonnen – geschworen hat man sich: nie wieder!!! – aber in Wahrheit hat es nie aufgehört. Die Menschheit und die Politik lernt eben nicht aus der Geschichte! Leider, leider, leider.
Ja das ist entsetzlich und wird leider auch in Deutschland von einem massiv wachsenden Anteil der Bevölkerung unterstützt. Mittlerweile fühle ich mich ähnlich wie ein berühmter Staatsanwalt: Sobald ich auf die Straße gehe, bewege ich mich im Feindesland.
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