Frankreich: Unterwerfung gegenüber dem Islamismus auf dem Vormarsch

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Schüler und Eltern legen am 17. Oktober 2020 vor dem Gymnasium du Bois-d Aulne in Conflans-Sainte-Honorine, nordwestlich von Paris, Blumen nieder und erweisen dem ermordeten Lehrer Samuel Paty die letzte Ehre. Foto IMAGO / ABACAPRESS
Schüler und Eltern legen am 17. Oktober 2020 vor dem Gymnasium du Bois-d Aulne in Conflans-Sainte-Honorine, nordwestlich von Paris, Blumen nieder und erweisen dem ermordeten Lehrer Samuel Paty die letzte Ehre. Foto IMAGO / ABACAPRESS
Lesezeit: 9 Minuten

16. Mai 2023. Die französischen Untersuchungsrichter, die für den Mord an Samuel Paty zuständig sind, einem Gymnasiallehrer, der am 16. Oktober 2020 in Conflans Sainte Honorine, einer kleinen Stadt in den Vororten von Paris, wo er unterrichtete, brutal enthauptet wurde, geben die Liste der Personen bekannt, die sie anklagen wollen.

von Guy Millière

Auf der Liste der 14 Personen ist der Mörder Abdullakh Anzorov nicht aufgeführt: Er wurde von der Polizei erschossen. Vor der Ermordung von Paty war sein Name in der Datenbank der Zentralstelle für Verbrechensbekämpfung eingetragen, aber er war nicht unter polizeiliche Überwachung gestellt worden. Er war ein tschetschenischer Muslim, 18 Jahre alt, mit Flüchtlingsstatus in Frankreich und hatte versucht, sich islamischen Terrororganisationen im Nahen Osten anzuschliessen. Zwei junge radikalisierte französische Muslime, Azim Epsirkhanov und Naïm Boudaoud, hatten ihn in ein Geschäft begleitet, wo er ein Jagdmesser kaufte, um seinem Opfer den Kopf abzuschneiden. Beide Männer sagten den Ermittlern, dass sie wussten, was Abdullakh Anzorov vorhatte, und dass sie es billigten. Sie werden wegen „krimineller Zusammenarbeit“ angeklagt. Ihre Haftstrafe wird 10 Jahre nicht überschreiten; sie können nach sieben oder acht Jahren entlassen werden – ein erschreckend geringer Zeitraum.

Zwei weitere Männer, die wegen „Anstiftung zum Mord“ angeklagt wurden, sind Brahim Chnina, der Vater von Zohra, einer Schülerin, die gelogen hatte, was Samuel Paty in einer Vorlesung über Säkularismus und Toleranz gesagt hatte, und Abdelhakim Sefrioui, ein Mann, der Videos in sozialen Netzwerken veröffentlichte, in denen Chnina zum Mord am Lehrer Paty aufrief.

Chnina gab gegenüber den Ermittlern nicht nur zu, dass seine Tochter gelogen hatte, sondern auch, dass sie ihm gesagt hatte, sie habe Patys Unterricht gar nicht besucht. Obwohl Chnina schnell herausfand, dass seine Tochter die Geschichte erfunden hatte, verbreitete er ihre Lüge trotzdem weiter. Er hatte zum Mord an einem Lehrer aufgerufen, obwohl er wusste, dass seine Anschuldigung auf einer Lüge beruhte. Brahim Chnina und Abdelhakim Sefrioui werden wahrscheinlich relativ geringe Haftstrafen erhalten, höchstens vier bis fünf Jahre. Priscilla Mangel, eine junge Frau, die zum Islam konvertiert ist, wird ebenfalls wegen Anstiftung zum Mord angeklagt: Sie hatte in sozialen Netzwerken Nachrichten gepostet, in denen es hiess: „Jeder, der den Propheten beleidigt, verdient den Tod“ und verwies dabei auf den Lehrer Samuel Paty.

Mehrere muslimische Jugendliche im Alter zwischen 14 und 15 Jahren, die das Gymnasium besuchten, in dem Paty unterrichtete, gaben zu, Abdullah Anzorov auf Paty hingewiesen zu haben, obwohl sie wussten, dass Anzorov ihn töten wollte. Nach Angaben der Ermittler hat keiner von ihnen Reue gezeigt. Sie werden wegen „Nichtanzeige eines Straftäters“ angeklagt, d. h. weil sie es versäumt haben, ein bevorstehendes Verbrechen aufzudecken. Sie riskieren keine Strafe, sondern lediglich einen Verweis und die Verpflichtung, Kurse zu besuchen, in denen Säkularismus und Toleranz gelehrt werden – genau das, was Paty gelehrt hatte.

Im Jahr 2024 werden zwei Prozesse stattfinden, einer für Erwachsene und einer für Minderjährige.

Schockierend ist, dass die Strafen für Mord so gering sind. Das französische Justizsystem ist extrem milde: Für die unmittelbare Beteiligung an einem vorsätzlichen Mord oder für die Anstiftung zum Mord muss ein Erwachsener einige Jahre ins Gefängnis; bei 14- oder 15-Jährigen genügen einfache Verweise und Pflichtkurse. Die Aufnahme in eine polizeiliche Datenbank führt nicht zu einer Überwachung durch die Sicherheitsbehörden und auch nicht zum Verlust der Flüchtlingseigenschaft.

Kein Unterricht über den Holocaust

Fünf Tage nach der Ermordung von Paty hat der französische Präsident Emmanuel Macron ihm ein feierliches Gedenken gewidmet: „Samuel Paty wurde ermordet, weil die Islamisten unsere Zukunft wollen und sie wissen, dass sie diese mit stillen Helden wie ihm niemals bekommen werden“.

Seitdem hat der Islamismus in Frankreich an Boden gewonnen, insbesondere in den Gymnasien. Die Lehrer sind heute keine „stillen Helden“: Alle Untersuchungen zeigen, dass sie Angst haben und Selbstzensur üben. Seit 10 Jahren unterrichten die Lehrer nicht mehr über den Holocaust. Sie haben es auch aufgegeben, die Themen anzusprechen, die zum Mord an Paty geführt haben: Laizismus, Toleranz und das Recht, Religionen zu kritisieren.

In ganz Frankreich bedrohen muslimische Schüler offen Lehrer, indem sie ihnen sagen, dass sie „das Risiko eines Samuel Paty“ eingehen. In einem kürzlich erschienenen Buch mit dem Titel „Ces petits renoncements qui tuent“ (Diese kleinen Verleugnungen, die töten) lässt die Journalistin Carine Azzopardi einen Lehrer zu Wort kommen, der seine eigenen Erfahrungen und die vieler seiner Kollegen beschreibt. Viele Themen können nicht mehr im Klassenzimmer behandelt werden. Im Erdkundeunterricht sei die Behauptung, die Erde ist rund, gefährlich geworden: Viele muslimische Schüler würden behaupten, der Islam lehre, die Erde sei flach. Im Biologieunterricht sei es ebenso unsicher, über die Evolution oder Charles Darwin zu sprechen.

Immer mehr Lehrkräfte kündigen, und die Rekrutierung neuer Lehrer ist zu einem Problem geworden. Die Zahl der Personen, die sich für die jährliche Einstellungsprüfung für Gymnasiallehrer in Frankreich angemeldet haben, ist von Januar 2008 bis Januar 2020 um mehr als 30 % zurückgegangen. Im Herbst 2022 waren Tausende von Gymnasiallehrerstellen unbesetzt; die französische Regierung musste Personen einstellen, die nicht über die erforderlichen Diplome verfügten.

Kürzlich hat die Anthropologin Florence Bergeaud-Backler in einem Buch mit dem Titel „Le frérisme et ses Réseaux, l’Enquête“ (Die Bruderschaft und ihre Netzwerke: Eine Untersuchung) ausführlich dargelegt, wie die Muslimbruderschaft und andere islamistische Bewegungen in Frankreich soziale Netzwerke und Moscheen nutzen, um muslimische Kinder und Jugendliche dazu anzustacheln, den Unterricht in den Gymnasien in Frage zu stellen, um das französische Bildungssystem dazu zu bringen, sich ihren Vorstellungen vom Islam zu unterwerfen.

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Am 29. Oktober 2020, kurz nach der Ermordung von Samuel Paty, fordert ein weiterer Terroranschlag eines radikalen Islamisten 3 Tote in der Kirche Notre Dame in Nizza. Foto IMAGO / Hans Lucas.

Die französischen Behörden sind sich der Vorgänge bewusst, unternehmen aber nichts. Offenbar haben auch die Regierungsvertreter Angst und wollen kein Risiko eingehen. Sie wissen, dass es im Land mehr als 750 No-Go-Zonen gibt und dass es immer wieder zu Ausschreitungen kommt. Im Frühjahr 2023 fanden in den wichtigsten Städten des Landes Demonstrationen gegen die Rentenreform der Regierung statt. Die meisten endeten in Gewalt durch junge Menschen aus den No-Go-Zonen, die Autos anzündeten und Geschäfte plünderten.

Am 29. September 2020, zwei Wochen vor der Ermordung von Paty, hielt Macron eine Rede, in der er die zunehmende islamistische Bedrohung und das Entstehen rein muslimischer Viertel anprangerte, die sich vom Rest der französischen Gesellschaft abgrenzen. Er sagte, er wolle, dass die Nationalversammlung ein Gesetz zur Bekämpfung des so genannten „islamischen Separatismus“ verabschiedet. Französische muslimische Organisationen protestierten sofort.

Gesetz umgeschrieben und abgeschwächt

Auch in mehreren muslimischen Ländern kam es zu Demonstrationen gegen Frankreich. Macron schickte umgehend Aussenminister Jean-Yves Le Drian nach Kairo, um sich mit Scheich Ahmed al-Tayeb, dem Grossimam der Al-Azhar-Moschee, zu treffen, vermutlich um einen Weg zur Beruhigung der Situation zu finden. Nach dem Treffen verkündete Le Drian, dass er bestrebt sei, alle Missverständnisse auszuräumen und dass Frankreich einen „tiefen Respekt“ für die muslimische Religion empfinde.

Das von Macron vorgeschlagene Gesetz mit dem Titel „Gesetz zur Bestätigung der Achtung der Grundsätze der Republik“ wurde inzwischen umgeschrieben. Alle Verweise auf den Islam und den Islamismus wurden aus dem Text entfernt. Es wurde am 24. August 2021 verabschiedet und enthält derzeit keine Massnahmen zur Bekämpfung der islamistischen Gefahr. Ein Absatz spricht von der Notwendigkeit, „die Lehrer zu schützen“, aber die Lehrer sind immer noch nicht geschützt. Die islamistischen Bewegungen an den französischen Gymnasien bestehen weiter.

Bei den Präsidentschaftswahlen 2022 sprach nur ein einziger Kandidat, Éric Zemmour, über die prekäre Lage, in der sich das Land heute befindet – den zunehmend beunruhigenden islamischen Druck in den französischen Bildungseinrichtungen und die Drohungen, die auf den Lehrern lasten. Er sprach von den muslimischen Vierteln in Frankreich, aus denen Nicht-Muslime geflohen sind und in die die Polizei nicht mehr geht. Er sprach von der zunehmenden Zahl von Angriffen junger muslimischer Banden auf Nicht-Muslime. Er prangerte die Laxheit der französischen Justiz gegenüber Mördern und Terroristen an und sagte, wenn sich nichts ändere, werde es zweifellos weitere ermordete Lehrer geben. Er erhielt sieben Prozent der Stimmen.

Jean-Luc Mélenchon – ein Kandidat der extremen Linken, der im November 2019 zu den Organisatoren eines „Marsches gegen Islamophobie“ gehörte, der mit Rufen wie „Allahu Akbar!“ („Allah ist der Grösste!“) endete, erhielt die Unterstützung der wichtigsten islamischen Organisationen Frankreichs und 21,95 % der Wählerstimmen. In der Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen erhielt er mehr als 34 % der Stimmen und 69 % der Stimmen der französischen Muslime.

Der Anteil der Muslime an der französischen Bevölkerung nimmt weiter zu. Nach den neuesten verfügbaren Informationen kommen jedes Jahr etwa 400.000 legale Einwanderer aus der muslimischen Welt nach Frankreich. Darin nicht enthalten sind die Tausende, die illegal einreisen. Im Jahr 2016 bestand Frankreichs Bevölkerung aus 8,8 % Muslimen und war damit das grösste Land mit muslimischer Bevölkerung in Europa.

Eine Studie des Pew Research Center aus dem Jahr 2017 ergab, dass sich die Zahl der Muslime in Frankreich unter Berücksichtigung der Zuwanderung und der Geburtenrate bis 2050 auf etwa 18 % verdoppeln würde – möglicherweise sogar noch höher. Umfragen zeigen, dass sich die französischen Muslime immer weniger integrieren und dass die Nichtintegration unter jungen Muslimen besonders hoch ist. Eine Studie vom September 2020 ergab, dass 74 % der französischen Muslime unter 25 Jahren die Scharia über die Gesetze der Republik stellen. Bei den Muslimen über 35 Jahren lag der Anteil mit 25 % deutlich niedriger. Eine weitere Studie, die ein Jahr später veröffentlicht wurde, ergab, dass zwei Drittel der muslimischen Gymnasiasten die Scharia ebenfalls über die Gesetze der Republik stellen. Dieselbe Umfrage ergab, dass 9 % der jungen Muslime angaben, die Motive des Mörders von Paty zu „teilen“.

Kein einziger Lehrer des Gymnasiums unterstützte Paty

Ein kürzlich veröffentlichtes Buch des Journalisten Stéphane Simon, „Les derniers jours de Samuel Paty“ (Die letzten Tage von Samuel Paty), bietet Einblicke in die marode Situation, in der sich Frankreich befindet. Simon führte eine Untersuchung durch, in der er alles auflistete, was in den elf Tagen zwischen dem Zeitpunkt, an dem Paty eine Vorlesung über Laizismus hielt, und dem Zeitpunkt seiner Ermordung geschah. Kein einziger Lehrer des Gymnasiums, an dem er unterrichtete, unterstützte ihn, im Gegenteil, sie distanzierten sich von ihm. Einige beschuldigten ihn, sie in Gefahr gebracht zu haben. Auch das Bildungsministerium beschuldigte ihn, die Gefühle der muslimischen Schüler verletzt zu haben.

Die Polizei nahm die Drohungen zur Kenntnis, bot Paty aber keinen Schutz an. Obwohl Anzorovs Name in einer Polizeidatenbank gespeichert war und obwohl die Polizei und Patys Kollegen wussten, dass er bedroht wurde, konnte Anzorov stundenlang vor dem Gymnasium stehen, an dem Paty unterrichtete. Anzorov sprach mit Schülern und forderte sie auf, auf Paty hinzuweisen, wenn der Schultag zu Ende war und die Lehrer nach Hause gingen. Anzorov verfolgte Paty durch die Strassen, stach auf ihn ein, schlitzte ihm die Kehle auf, enthauptete ihn, fotografierte sich selbst neben dem abgetrennten Kopf und veröffentlichte die Fotos in sozialen Netzwerken in aller Welt.

Zwischen dem Zeitpunkt, an dem Anzorov Paty ermordete, und dem Zeitpunkt, an dem er von den Polizeibeamten, die ihn festnehmen wollten, erschossen wurde, verging fast eine Stunde. Autofahrer fuhren an der Leiche und dem Kopf von Samuel Paty vorbei, aber niemand reagierte, niemand rief die Polizei.

Am Tag seiner Ermordung hatte Paty einen Hammer in seiner Tasche, um sich im Falle eines Angriffs zu verteidigen, aber er hatte keine Zeit, ihn zu benutzen. Seit dem Abend des 16. Oktober 2020 kursierten in den sozialen Medien Aufrufe zum Tod von Samuel Paty, die bis zum Tag seiner Ermordung ungestraft blieben.

Sechs Tage nach der Enthauptung schrieb der Kolumnist Ivan Rioufol:

„Die schlafwandelnden Politiker müssen angesichts des entfesselten Islam aufwachen. Andernfalls wird den Franzosen nichts anderes übrig bleiben als Unterwerfung oder Bürgerkrieg: Wer sich weigert, die Verbote des Islamofaschismus zu befolgen, wird nur auf seine eigenen Kräfte zählen können, um Widerstand zu leisten.“

Die gleiche Warnung könnte er heute wieder schreiben.

Dr. Guy Millière ist Professor an der Universität von Paris und Autor zahlreicher Bücher zum Thema Frankreich und Europa. Auf Englisch zuerst erschienen bei Gatestone Institute. Übersetzung Audiatur-Online.

1 Kommentar

  1. Führende europäische Politiker, darunter auch Uschi-Gertrud vd Leyen, erweisen seit Jahren dem Islam ihre Referenz und ebnen der weiteren Islamisierung den Boden. Dabei wird so getan, als ob der Islam europäisiert, d.h. abgemildert werde.
    Aber „der Islam bleibt der Islam“, so drückte es Erdogan deutlich aus.
    Das Wort Allahs , der Koran, darf nicht abgeändert werden und hat seine volle Gültigkeit auch heute. Ein gute, leicht verständliche Übersetzung des Koran ist die von Max Henning (Pseudonym), 1990 in neuer Auflage im Reclam-Verlag erschienen.
    Die vor wenigen Tagen mit dem höchsten bayerischen Verdienstorden ausgezeichnete Ex-Kanzlerin Merkel (CDU) behauptete 2015, als sie den islamischen Flüchtlingsströmen aus Syrien und Afghanistan die Türen weit aufmachte und diese unkontrolliert ins Land ließ: „Der Islam gehört unzweifelhaft zu Deutschland!“ Damit rechtfertigte sie ihr gesetzwidriges Handeln, aber alle sahen darüber hinweg – auch das Bundesverfassungsgericht!
    Allerdings behaupteten schon vor ihr der ehemalige Innenminister und spätere Parlamentspräsident Schäuble (2006) und der Kurzzeitpräsident Wulff (2010) – alle drei „Christdemokraten“ – dass der Islam zu Deutschland gehöre.
    Offenbar ist diesen Repräsentanten deutscher Politik weder deutsche Geschichte noch Kultur bekannt. Ihnen ist wohl auch entfallen, dass Deutschland das Land der Reformation ist, in dem schon Luther forderte, den Koran ins Deutsche zu übersetzen, damit jeder nachlesen könne, was für ein schändliches Buch der Koran sei.

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