Berlusconi und seine Liebe zu Israel

Der verstorbene italienische Ministerpräsident war ein wahrer Freund der Juden, manchmal der einzige unter den europäischen Politikern.

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Der ehemalige italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi in Jerusalem am 1. Februar 2010. Foto IMAGO / UPI Photo
Der ehemalige italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi in Jerusalem am 1. Februar 2010. Foto IMAGO / UPI Photo
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Im Februar 2010 begleitete ich den damaligen italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi, der am 12. Juni verstarb, auf einer Reise nach Israel, die den grössten Wandel in der italienischen Politik gegenüber dem jüdischen Staat zur Folge hatte.

von Fiamma Nirenstein

Wir wurden vom israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu und dem damaligen Staatspräsidenten Schimon Peres begrüsst und beglückwünscht. Obwohl sie auf entgegengesetzten Seiten des politischen Spektrums standen, waren sich Netanjahu und Peres einig, dass Berlusconi eine andere Art von europäischem Politiker war. Berlusconi setzte sich leidenschaftlich für das Wohlergehen des jüdischen Volkes ein und war angesichts der normalerweise pro-arabischen europäischen Politik ein echter Revolutionär.

Zu dieser Zeit war ich Mitglied des italienischen Parlaments und der Vizepräsident des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, und mir war klar, dass Berlusconi dabei war, die Geschichte zu verändern. Die Rede, die er vor der Knesset halten wollte, wurde zunächst von Giuliano Ferrara geprüft, einem grossen Freund Israels und Gegner einer Verwässerung der Rede, und ich hatte das Privileg, sie ebenfalls zu begutachten.

Mit dem Tod Berlusconis ist es an der Zeit, sich an diesen äusserst wichtigen und umstrittenen Akteur der italienischen Politik zu erinnern und an seine Abkehr von der Haltung Italiens gegenüber Israel im Kalten Krieg, die sowohl auf der rechten als auch auf der linken Seite eine starke pro-palästinensische Tendenz beinhaltete.

Berlusconi war damit nicht einverstanden. Als Unternehmer, Liberaler und Konservativer, der von der europäischen Linken oft geschmäht wurde, war seine Sympathie für Israel selbstverständlich. Israels Feinde waren seine Feinde und Israels Freunde waren seine Freunde.

Er wusste, dass das jüdische Volk im Land Israel entstanden war. Er wusste, was die Juden im Laufe der Jahrhunderte erlitten hatten. Er wusste, dass die Verleumdungen und Verschmähungen, die ständig gegen Israel gerichtet werden, eben genau das sind. Er sah den jüdischen Staat als unverzichtbar an und hoffte, dass er eines Tages Teil der Europäischen Union werden würde. „Wir Liberalen danken euch, dass es euch gibt“, sagte er zu Israel und nannte die Juden, wie schon Papst Johannes Paul II, die „älteren Geschwister“ des christlichen Europas.

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Der Eintrag vom ehemaligen italienischen Ministerpräsident Silvio Berlusconi im Gästebuch der Knesset, dem israelischen Parlament: „Ich fühle mich geehrt, mein Land fühlt sich geehrt, hier zu sein und in diesem Parlament zu sprechen, das selbst ein Symbol der Demokratie ist…Mit tief empfundener Rührung danke ich Ihnen, Mittwoch, 3. Februar 2010, in Jerusalem. Foto IMAGO / UPI Photo

Berlusconi merkte auch an, dass die Existenz Israels für Fanatiker und Terroristen unerträglich ist, weil sie zeigt, dass „es eine Möglichkeit gibt, die Demokratie auch ausserhalb der Grenzen des Westens zu leben“.

Auf seiner Reise nach Israel beschränkte er sich nicht auf blosse Worte. Er versprach, er werde „Sanktionen gegen den Iran erwirken, der Atomwaffen will, um Israel zu zerstören“, und er werde dies „ohne Zeitverlust“ und mit „täglichem Engagement“ tun. Das war eine klare Ansage.

Selbst als es am schwierigsten war, inmitten der massiven Opposition gegen den Irak-Krieg in Europa, hielt Berlusconi an seinem Engagement für die Beziehungen zu Israel und den Vereinigten Staaten fest. Das kam ihn teuer zu stehen, zumal der Krieg vom Papst und dem italienischen Staatspräsidenten abgelehnt wurde. Dennoch blieb er in seiner Haltung stark und ehrenhaft.

Während seiner Amtszeit beteiligte sich Italien auch am weltweiten Krieg gegen den Terror und stand dem damaligen US-Präsidenten George W. Bush und dem damaligen britischen Premierminister Tony Blair nahe, auch wenn er versuchte, einen Zusammenstoss mit Frankreich und Deutschland zu vermeiden, die beide gegen den Irakkrieg waren.

Berlusconi tat dies, weil er glaubte, dass die Beseitigung der Quellen des Terrorismus, der Sieg über Saddam Hussein und die Förderung der Sicherheit im Nahen Osten der natürliche Weg für eine europäische Demokratie sei, und dazu gehörten auch freundschaftliche Beziehungen zu Israel, der einzigen Demokratie im Nahen Osten.

Der Besuch Berlusconis in Israel wurde daher mit Erstaunen und Herzlichkeit aufgenommen. Er war der erste europäische Staatschef seit Jahrzehnten, der trotz seines Treffens mit dem Chef der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmoud Abbas, seinen absoluten und unnachgiebigen Glauben an das Recht der Juden auf einen eigenen Staat zum Ausdruck brachte.

Sicherlich war der Friedensprozess für ihn wichtig, aber der Frieden war nicht sein vorrangiges Ziel. Ihm ging es mehr um das Leben von Juden und er wiederholte immer wieder, dass die Juden das Recht haben, sich zu verteidigen. Ich hatte die Ehre, mehrere Male von seiner Mutter Rosa zu hören, die ihr eigenes Leben aufs Spiel setzte, um ein junges jüdisches Mädchen zu retten.

Berlusconi liebte es, Geschichten zu erzählen. Er war ein Vulkan von Ideen. Dies führte dazu, dass ich mit seinem Segen die erste Kommission gegen Antisemitismus im italienischen Parlament und den ersten interparlamentarischen Ausschuss mit der Knesset einrichten konnte.

Er hörte uns zu, ermutigte uns, unsere Ideen in die Tat umzusetzen, und dann ging er zu seiner nächsten Idee, seinem nächsten Projekt über und erzählte uns manchmal einen seiner Witze, bevor er ging.

Ich bat ihn respektvoll, keine Witze über Juden zu machen, auch wenn sie völlig harmlos waren. Er hat mir nicht zugehört. Aber er hörte auch sonst selten auf jemanden. Im Gegensatz zu den Behauptungen seiner Gegner war das seine grösste Stärke.

Fiamma Nirenstein war Mitglied des italienischen Parlaments (2008-13), wo sie als Vizepräsidentin des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten der Abgeordnetenkammer diente. Auf Englisch zuerst erschienen bei Jewish News Syndicate. Übersetzung Audiatur-Online.

2 Kommentare

  1. Berlusconi kannte nur einen einzigen Freund: sich selbst. Mit Demokratie hatte er nicht viel am Hut, und bei seiner bekannten Einstellung zu Frauen ist es schon seltsam, dass ihm gerade eine Frau solche Lobeshymnen singt. Auf eine besondere Gemeinsamkeit zwischen ihm und Netanjahu hat sie übrigens vergessen: die „gute Bekanntschaft“, die beide mit diversen Gerichten hatten/haben.

  2. Berlusconi war ein antidemokratischer Populist, der viel Schaden angerichtet hat.
    Netanjahu ist für ca. die Hälfte der Israelis
    weg. seiner Justizreform mit Berluusconi vergleichbar.

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