Am 15. Mai haben die Vereinten Nationen mit der Aufnahme des „Nakba-Tages“ in ihren offiziellen Jahreskalender eine weitere Schandtat begangen. „Nakba“ bedeutet auf Arabisch „Katastrophe“. Das internationale Gremium UNO erklärte der Welt frech, dass „die Nakba ein Ereignis im Jahr 1948 ist“ – welches zufällig genau mit der Gründung des Staates Israel zusammenfiel.
von Bassam Tawil
Das Sahnehäubchen auf der israelfeindlichen Veranstaltung bei der UNO war jedoch die einstündige Rede des Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmoud Abbas. Er ergriff für das Doppelte seiner vorgesehenen Redezeit das Wort und bezeichnete die Gründung Israels (oder „Nakba“ für die Palästinenser) als eine „Tragödie [die] eine Narbe für die Menschheit darstellt“.
Abgesehen von der vorhersehbar israelfeindlichen Rhetorik der UN und von Abbas (und der Vergleich Israels mit den Nazis ist eher eine Nebensächlichkeit) war die empörendste Äusserung auf der Veranstaltung das von Abbas gestellte Ultimatum, dass Israel das „Recht auf Rückkehr“ der Palästinenser akzeptieren müsse oder aus der UN-Mitgliedschaft ausgeschlossen werden solle.
„Ich bin ein Flüchtling, ein palästinensischer Flüchtling“, erklärte Abbas. „Ich will in meine Stadt zurückkehren. Ich kann nicht in Paris oder New York leben. Ich will nach Safed [eine Stadt im Norden Israels]. Das will ich.“
Das „Recht auf Rückkehr“ ist eigentlich kein „Recht“, vor allem wenn man die Partei ist, die den Krieg begonnen und dann verloren hat, wie es 1948 der Fall war.
Jordanische, ägyptische, syrische, libanesische, irakische und saudische Truppen drangen nach der Beendigung des britischen Mandats für Palästina, dem Abzug der britischen Soldaten und der Ausrufung des Staates Israel am 14. Mai 1948 ein. Die arabische Invasion wurde von den Vereinigten Staaten, der Sowjetunion und dem UN-Generalsekretär Trygve Lie verurteilt. Die arabischen Staaten verkündeten ihr Ziel eines einzigen „Vereinigten Staates Palästina“ anstelle der Gründung zweier Staaten: Israel und einen arabischen Staat, wie es der UN-Teilungsplan vorsah.
Das „Recht auf Rückkehr“ ist vielmehr eine Forderung: alle Palästinenser, die während des Krieges von 1948 aus ihrer Heimat geflohen sind – und alle ihre Nachkommen – sollen in den heutigen Staat Israel zurückkehren dürfen.
Abbas Ambivalenz
Tausende von wohlhabenden Arabern verliessen ihre Häuser in Erwartung eines Krieges, Tausende weitere folgten den Aufrufen der arabischen Führer, den vorrückenden arabischen Armeen aus dem Weg zu gehen. Einige wenige wurden vertrieben, aber die meisten flohen einfach, um nicht ins Kreuzfeuer zu geraten, als die Araber als Reaktion auf die Gründung Israels einen Krieg führten.
Trotz Israels früherem beharren darauf, dass die umliegenden arabischen Staaten, die den Krieg gegen den neu erklärten und von den Vereinten Nationen anerkannten Staat Israel begonnen hatten, die Verantwortung für die Wiedergutmachung der Vertreibung tragen sollten, nahm das verarmte Israel etwa 850.000 Juden auf, die damals aus den arabischen Staaten vertrieben wurden oder fliehen mussten.
Seitdem hat Israel im Namen des Friedens versucht, den Palästinensern ein begrenztes „Rückkehrrecht“ zuzugestehen und ihnen umfangreiche finanzielle Entschädigungen anzubieten. Alle Angebote wurden jedoch von den Palästinensern abgelehnt.
Abbas selbst hat in seiner Haltung zum „Rückkehrrecht“ eine gewisse Ambivalenz gezeigt. In einer offiziellen Erklärung der Palästinensischen Autonomiebehörde aus dem Jahr 2008 heisst es:
„Präsident Abbas hat deutlich gemacht, dass wir mit jedem Wort und jedem Satz zum Recht der Flüchtlinge auf Rückkehr entschlossen sind, denn das ist ein heiliges Recht und darf nicht verzögert oder verschoben werden.“
Offensichtlich hat Abbas in den folgenden vier Jahren einige Worte und Sätze verinnerlicht. In einem 2012 im Fernsehen ausgestrahlten Interview mit dem israelischen Nachrichtensender Channel 2 erklärte Abbas: „Ich bin [ein] Flüchtling, aber ich lebe in Ramallah.“ In Bezug auf seinen Geburtsort Safed fuhr er fort: „Es ist mein Recht, ihn zu sehen, aber nicht, dort zu leben….“.
Da er als Vertreter des palästinensischen Volkes sprach, wurden diese Erklärungen als dramatische Wende in der palästinensischen Politik wahrgenommen. Israelische Regierungsvertreter lobten Abbas‘ Erklärungen. Israels damaliger Präsident Shimon Peres reagierte darauf:
„Das sind bedeutsame Worte… Diese Positionen stehen genau im Einklang mit denen Israels… das die Lösung von zwei Staaten für zwei Völker unterstützt. Dies ist eine mutige und wichtige öffentliche Erklärung, in der Abbas deutlich macht, dass er einen Staat nur im Westjordanland und im Gazastreifen anstrebt und nicht auf dem Gebiet des Staates Israel… [Seine] mutigen Worte beweisen, dass Israel einen echten Partner für den Frieden hat.“
Viele Israelis, darunter auch Premierminister Benjamin Netanjahu, spekulierten, dass Abbas‘ Worte eher eine besänftigende Massnahme, ein Täuschungsmanöver, als ein tatsächliches Angebot waren, von der Forderung nach dem „Recht auf Rückkehr“ abzurücken.
In einem Artikel von Reuter’s heisst es:
„Abbas hatte Israel und die USA herausgefordert, indem er plante, die UN-Vollversammlung zu bitten, die Palästinenser zu einem UN-Nichtmitgliedstaat aufzuwerten. …. Abbas hat eine sofortige Rückkehr zu Friedensgesprächen nach der UN-Abstimmung versprochen… Die im Fernsehen übertragenen Äusserungen … schienen auch darauf abzuzielen, die Israelis vor ihren … Wahlen zu beeinflussen.“
„Wie jeder gute Politiker“, bemerkte ein saudischer Kommentator, „versucht Abbas, sich auf die Seite seines Gegners zu stellen …. [aber] es gibt eine Grenze, wie weit Abbas gehen sollte, um Israel zu beschwichtigen“.
Unter den Palästinensern war die Reaktion ein weltweiter Aufruhr. Plakate von Abbas wurden verbrannt, die Hamas schimpfte, und laut Electronic Intifada enthielt ein umfangreicher Brief an Abbas, der von 78 palästinensischen Organisationen unterzeichnet wurde, eine halb versteckte Morddrohung.
Der erfahrene Experte für israelisch-palästinensische Angelegenheiten Roni Shaked bemerkte optimistisch:
„Die Kluft zwischen der Führung und der Öffentlichkeit ist gross, aber Abbas‘ Erklärung könnte eine Debatte auslösen und einen Prozess in Gang setzen, der zur Akzeptanz der Realität führt.
In einem Bericht von Reuter’s aus dem Jahr 2012 wurde behauptet:
„… geheime palästinensische Protokolle, die im vergangenen Jahr an die Medien durchgesickert sind, zeigen, dass Abbas während der Gespräche mit der vorherigen, eher bürgerlichen israelischen Regierung bereit war, bei einigen Kernforderungen nachzugeben – einschliesslich … der Akzeptanz einer Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen in Israel.“
In seiner Rede vor der UNO im Mai hat Abbas jedoch bewiesen, dass er offenbar all die Jahre über seine Bereitschaft gelogen hat, auf das „Recht auf Rückkehr“ zu verzichten. Mit seiner Aussage, er wolle in seine Heimatstadt Safed zurückkehren, hat Abbas bewiesen, dass seine wahre Absicht darin besteht, Israel mit Millionen von Palästinensern zu überschwemmen, in der Hoffnung, es in einen weiteren arabischen Staat zu verwandeln. Inzwischen ist klar geworden, dass Abbas, wenn er sagt, er unterstütze die Zwei-Staaten-Lösung, in Wirklichkeit von einem palästinensischen Staat im Westjordanland, im Gazastreifen und in Ost-Jerusalem und einem weiteren Staat spricht, der an die Stelle Israels treten würde.
Wie viele „Flüchtlinge“ gibt es? Einigen Schätzungen zufolge gab es ursprünglich etwa 750.000 palästinensische Flüchtlinge, von denen 75 Jahre später nur noch ein kleiner Prozentsatz am Leben ist.
Wie die immer höher werdenden Kreditkartenzinsen steigt die Zahl Flüchtlinge mit jeder Generation weiter an und macht eine Lösung immer unwahrscheinlicher.
Die „Flüchtlings“-Zahlen sind unterschiedlich und erschreckend. Die UNO gab fünf Millionen an, Abbas behauptete bei vielen Gelegenheiten sechs Millionen. Andere haben sieben Millionen genannt, und einzelne Palästinenser haben sie phantasievoll auf „mehrere zehn Millionen“ erweitert.
In Israel leben derzeit etwa sieben Millionen Juden und zwei Millionen Araber. Ein Zustrom von ungezählten Millionen Palästinensern würde buchstäblich das Ende Israels bedeuten. Dies scheint genau das zu sein, was Abbas und andere Palästinenser zu erreichen hoffen.
Mit seinem hartnäckigen Drängen auf das „Recht auf Rückkehr“ strebt Abbas eine Zweistaatenlösung an: zwei palästinensische Staaten, einer im Westjordanland und im Gazastreifen, der andere in ganz Israel.
Das palästinensische Volk will „ganz Palästina“
Aber vielleicht erkennt er im Alter von 87 Jahren, dass die Kluft zwischen seinen diplomatischen Bemühungen um einen eigenen Staat und dem unmöglichen palästinensischen Traum von der Rückeroberung ganz Israels zu gross ist, um sie zu überbrücken. Abbas hat auf lange Sicht gespielt, aber seine Zeit läuft ab, und sein Volk ist zutiefst verärgert und enttäuscht über das Ausbleiben greifbarer Ergebnisse, sei es bei der Verdrängung Israels oder bei der Verbesserung ihres Lebens.
Vielleicht wollte Abbas in seiner UN-Rede ein letztes Mal Stellung beziehen und einen ehrenvollen Platz in der Geschichte seines Volkes einnehmen.
Arsen Ostrovsky, ein Menschenrechtsanwalt, stellte fest:
„Die Rede von Abbas wurde mit stehenden Ovationen, Applaus und Rufen wie ‚Free, Free Palestine‘ und ‚Vom [Jordan] Fluss bis zum [Mittelmeer] Meer wird Palästina frei sein‘ begrüsst. Dies sind gängige Slogans, die von pro-palästinensischen Gruppen und terroristischen Organisationen, einschliesslich der Hamas und des Palästinensischen Islamischen Dschihad, verwendet werden, um zur Zerstörung Israels aufzurufen.“
Sie fordern also die Übernahme des gesamten Landes, das derzeit zu Israel gehört.
Das klingt nicht wie die Stimme eines Friedenspartners. Vielmehr handelt es sich um Stimmen, die noch immer Abbas‘ Vision der Umwandlung Israels in einen palästinensischen Staat unterstützen.
Der Kern der Forderung nach einem „Rückkehrrecht“ für Flüchtlinge liegt in der Resolution 194 der UN-Generalversammlung, in der es heisst: „Flüchtlingen, die in ihre Heimat zurückkehren und in Frieden mit ihren Nachbarn leben wollen, sollte dies gestattet werden….“
Jonathan Schanzer schrieb im Jahr 2001:
„Die Formulierung ‚in Frieden mit ihren Nachbarn‘ stellt ein Hindernis für das Rückkehrrecht dar, da nur wenige Palästinenser die Bereitschaft gezeigt haben, in Harmonie mit Israelis zu leben… Dies wurde durch die Steine, Molotowcocktails, Scharfschützengeschosse und ferngesteuerten Bomben, die alltäglich geworden sind, deutlich gemacht. ….“
Diese Aussage wurde vor dem Rückzug Israels aus dem Gazastreifen im Jahr 2005 gemacht. Wir können die obige Liste der Feindseligkeiten nun aktualisieren, und zwar mit Raketenangriffen, Messerattacken, Rammattacken mit Autos und Brandbomben.
Im Kommentarbereich eines Videos von Abbas‘ UN-Rede gibt es einen Eintrag, der hier aus dem arabischen Original übersetzt wurde und die Gründe für Israels Zögern, Selbstmord zu begehen, indem es seine Grenzen für Millionen von Palästinensern öffnet, widerspiegelt. Der Kommentar bringt die Strategie von Abbas und vielen Palästinensern auf den Punkt: An Abbas gerichtet, lautet der Kommentar:
„Wir, das palästinensische Volk, Mahmoud Abbas, wollen ganz Palästina… 67 und 48, das ganze Land, Wasser, Himmel, Luft… und die Juden existieren nicht mit uns…. Lassen Sie die Geschichte Ihren Namen schreiben. Sie haben zugegeben, dass die Verhandlungen mit den Zionisten ein Fehler und eine Sünde waren… Herr Präsident. Safed ist Ihr Zuhause, und Sie wollen zurück in Ihr Land… Palästina hat Dutzende von Millionen von Landbesitzern, und Sie wiederholen seit 20 Jahren denselben Fehler. Das palästinensische Volk besteht aus zig Millionen Menschen. Wir werden zurückkehren. Wir werden die Juden vertreiben und verdrängen. Selbst ihre Gräber, Herr Präsident, werden nicht unter unserem Boden bleiben… wir werden sie töten.“
Bassam Tawil ist Muslim und lebt als Wissenschaftler und Journalist im Nahen Osten. Auf Englisch zuerst erschienen bei Gatestone Institute. Übersetzung Audiatur-Online.