Weitere Siege der Hamas an palästinensischen Universitäten geben Anlass zur Sorge

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Palästinensische Studenten an einer Debatte im Vorfeld der Studentenratswahlen an der Birzeit-Universität am 23. Mai 2023. Foto IMAGO / APAimages
Palästinensische Studenten an einer Debatte im Vorfeld der Studentenratswahlen an der Birzeit-Universität am 23. Mai 2023. Foto IMAGO / APAimages
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Bei den jüngsten Wahlen zu den Studentenräten an den grossen palästinensischen Universitäten konnte die Hamas zwei entscheidende Siege erringen, was auf eine wachsende Unzufriedenheit mit der Palästinensischen Autonomiebehörde, der regierenden Fatah-Partei und Präsident Mahmoud Abbas hindeutet.

von Baruch Yedid

Palästinensische Offizielle räumten ein, dass die Wahlergebnisse an der Birzeit-Universität in der Nähe von Ramallah und der Al-Najah-Universität in Shechem (Nablus) auf die wachsende Popularität der Terrororganisation Hamas unter den Palästinensern hinweisen. Birzeit ist die wichtigste Universität der Palästinensischen Autonomiebehörde.

“Die Wahlergebnisse widerspiegeln das politische Kräfteverhältnis in den Gebieten der Palästinensischen Autonomiebehörde und zeigen”, so palästinensische Funktionäre, “den Aufschwung der Hamas auf Kosten der Fatah und der Palästinensischen Autonomiebehörde, die zunehmend schwächer werden”.

In Birzeit erhielt der der Hamas nahestehende Block “Loyalität” 25 der 51 Sitze, während der Fatah-Block “Jassir Arafat” nur 20 Sitze errang. Die verbleibenden fünf Sitze erhielt der Demokratische Progressive Studentenpol (DPSP), welcher der Terrororganisation Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP) angehört, die sich gegen die Palästinensische Autonomiebehörde stellt.

Auch in Al-Najah siegte die Hamas mit knappem Vorsprung und erhielt 40 Sitze gegenüber 38 Sitzen der Fatah. Die DPSP erhielt die restlichen drei Sitze. Dieses Ergebnis ist bemerkenswert, da die Al-Najah mit 22 000 Studenten die grösste palästinensische Universität ist. Sie gilt seit jeher als eine Hochburg der Fatah.

Die Wahlbeteiligung lag bei über 75 %, was die Bedeutung der Ergebnisse für die Palästinenser unterstreicht. Etwa 65 % der palästinensischen Bevölkerung sind unter 28 Jahre alt. Offizielle Stellen sind der Ansicht, dass das Ergebnis ein schlechtes Licht auf die politische Zukunft der Palästinensischen Behörde wirft.

Der Demokratische Progressive Studentenpol (DPSP), welcher der Terrororganisation Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP) angehört. Foto IMAGO / APAimages.

“Es muss festgestellt werden, dass die politische Zukunft der Palästinensischen Autonomiebehörde völlig ungewiss ist, während es der Hamas gelingt, sich unter den jungen Studenten zu etablieren, welche die palästinensische Zukunft bestimmen werden”, so palästinensische Quellen.

Die Ergebnisse der Universitätswahlen bestätigen Meinungsumfragen, die eine weit verbreitete Unzufriedenheit mit der Palästinensischen Autonomiebehörde und Präsident Mahmoud Abbas persönlich zeigen.

Die Palästinenser haben seit 2005 keine nationalen Wahlen mehr abgehalten, und Abbas befindet sich nun im 18. Jahr seiner eigentlich auf vier Jahre angelegten Amtszeit. Seitdem hat er mehrere Wahlversuche aufgrund von Unstimmigkeiten zwischen Fatah und Hamas abgesagt, zuletzt im Jahr 2021.

Die Wahlen an den Universitäten fanden vor dem Hintergrund der israelischen Antiterroroperationen in Judäa und Samaria, insbesondere in den Städten Dschenin und Schechem, statt. Die wachsende Zahl bewaffneter Gruppen, die in der Region operieren, auch unter den Studenten und ihren Anhängern, stellt eine zusätzliche Herausforderung für die Palästinensische Behörde dar. Die Bemühungen der Palästinensischen Autonomiebehörde, diese terroristischen Gruppen zu zerschlagen, sind auf heftige Kritik gestossen und werden der Zusammenarbeit mit dem israelischen Militär bezichtigt.

Während des Wahlkampfes in Birzeit behaupteten Studenten, der palästinensische Sicherheitsapparat habe versucht, die Wahlvorbereitungen der Hamas zu sabotieren, und unter anderem mehr als 100 Studenten des “Islamischen Blocks” verhört.

Die Hamas hat nach ihren Siegen viel Optimismus an den Tag gelegt und sieht darin einen wichtigen Schritt zur Konsolidierung ihrer politischen Macht innerhalb der PA. Gleichzeitig setzt die Organisation ihre Destabilisierungsbemühungen fort, einschliesslich des Einsatzes von Terrorzellen vom Gazastreifen aus, wie aktuelle Untersuchungen des israelischen Inlandsgeheimdienstes (Shin Bet) zeigen.

Baruch Yedid ist leitender Mitarbeiter am Israel Defense and Security Forum. Übersetzung Audiatur-Online.

2 Kommentare

  1. Für einen palästinensischen Staat braucht es unter anderem eine Anerkennung Israels, fähige nicht korrupte Politiker und den Willen zu einem wirtschaftlichen Aufbau. Alles leider seit Jahrzehnten nicht vorhanden. In den Schulbüchern wird, mir der Duldung der UNWRA und Geberländer, immer noch dargestellt wie man Juden umbringt. – Das von Europa und den USA gespendete Geld fliesst leider irgendwo hin, aber nicht dorthin wo es sollte. Irgendwann verliert man die Geduld.

  2. Wundern sollte man sich über diese Erfolge der Hamas und die zunehmende Radikalität vieler Palästinenser nicht. Denn auf der einen Seite ist die Palästinensische Autonomiebehörde nicht nur korrupt (das würde man ihr noch eher verzeihen), sondern vor allem weitgehend erfolglos gegen den Druck Israels und auf dem Weg zu einem eigenen palästinensischen Staat. Und auf der anderen Seite schreitet die israelische Siedlungspolitik heftig voran und unter der jetzigen Regierung werden die Stimmen lauter, die meinen, Israel solle das gesamte Westjordanland annektieren und am besten gleich alle Palästinenser von dort vertreiben. Kein Wunder, dass die Lösung für viele in einer gesteigerten Radikalität liegt.

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