Davids-Turm-Museum in Jerusalem eröffnet neue Dauerausstellung

0
Davidszitadelle, Jerusalem. Foto IMAGO / Schöning.
Davidszitadelle, Jerusalem. Foto IMAGO / Schöning.
Lesezeit: 3 Minuten

Digital, interaktiv, kurzweilig und barrierefrei: So will ein neues Museum 4.000 Jahre Jerusalemer Geschichte nahebringen. Ein zentrales Thema: die Bedeutung der Stadt für drei Weltreligionen.

von Andrea Krogmann

Es ist ein ehrgeiziges Vorhaben: Nicht weniger als “der neue Eingang zur Jerusalemer Altstadt” soll das Davids-Turm-Museum am Jaffa-Tor zur Jerusalemer Altstadt künftig sein. In zehn neukonzipierten Ausstellungsräumen will das Haus dem Besucher 4.000 Jahre Jerusalemer Geschichte und die zentrale Bedeutung der Stadt für die drei abrahamitischen Religionen nahebringen; digital, interaktiv, kurzweilig und barrierefrei. Am Donnerstag (1. Juni) wird die neue Dauerausstellung nach einer dreijährigen, rund 46 Millionen Euro teuren Frischekur offiziell eröffnet.

Noch ist der künftige Eingang eine Baustelle. An vielen Ecken geben Arbeiter den letzten Schliff. Das mehrstöckige Besucherzentrum westlich des Eingangs soll bis November fertig werden. Innen eröffnet ein Animationsfilm von Regisseur Ari Folman, Macher des preisgekrönten Trickfilms “Waltz with Bashir”, kurzweilig die Ausstellung: 4.000 Jahre Geschichte in drei Minuten, in sympathischen Zeichentrickfiguren an die alten Gemäuer projiziert.

“An den Ufern der Ewigkeit”, so ist Ausstellungsraum 1 betitelt. Neben wenigen Artefakten aus den Hauptepochen der Stadtgeschichte gibt es viel Interaktives. Bewusst, sagt Kuratorin Tal Kobo. “Wir wollen, dass das Lernen von Geschichte Spaß macht. Unsere Devise ist daher museumsuntypisch: Bitte anfassen!”

Thematisch (statt wie bislang chronologisch) führt die neue Ausstellung den Besucher durch die verschiedenen Aspekte der Stadt. Je eine Galerie ist der Bedeutung Jerusalems im Judentum, im Christentum und im Islam gewidmet, mit jeweils einem Modell des wichtigsten Heiligtums im Zentrum: Tempel, Grabeskirche und Felsendom. Anders als andere Orte, wie etwa die sogenannte Davidstadt, die die nichtjüdische Geschichte ausblenden, sind Muslime und Christen im Davids-Turm integraler Teil, wenn auch aus jüdisch-israelischer Perspektive. Die Invasion der Perser 614 etwa, eines der traumatischsten Kapitel für die Christen im Heiligen Land, bleibt unerwähnt.

Eine siebenminütige Videoinstallation mit Bildern zum religiösen Jahreslauf der multireligiösen Stadt, in das Deckengewölbe projiziert, soll dem Besucher nach etwa der Hälfte der Ausstellung eine Verschnaufpause und Zeit zum Verarbeiten bieten, bevor er sich im nächsten Raum der Geschichte der Davids-Zitadelle selbst widmen kann. Weiter geht es mit einem Modell der Stadt Jerusalem im Maßstab 1:500, das Stephan Illes 1872 für den osmanischen Pavillon der Wiener Weltausstellung baute.

In moderne Zeiten führen auch die letzten beiden Räume mit Film- und Fotomaterial. Drei Filme, erstellt unter anderem mit Material der Brüder Lumiere aus der Wende zum 20. Jahrhundert, gehen den Aspekten Bildung, Entwicklung und gemeinsamer Räume in Jerusalem nach – unterlegt mit Jerusalem-Zitaten bedeutender Schriftsteller wie Mark Twain.

Die wichtigste Ausstellung, so betonen die Verantwortlichen, bleibe das Gebäude selbst. Entsprechend vorsichtig sei man bei den Eingriffen vorgegangen. Die Besucher bewegen sich über schwebende Böden. Die Beleuchtung ist indirekt und so angebracht, dass sie den alten Gemäuern nicht schadet.

Zwei Aufzüge, Sessellifte und Rampen machen knapp 20.000 Quadratmeter Museumsfläche rollstuhlgängig. Eine sensorische Karte mit Informationen zu Geräuschen, ein Stilleraum, geräuschunterdrückende Kopfhörer und visuelle Führer in Gebärdensprache sollen auch Hörbehinderten den Besuch ermöglichen.

Einzig der nordöstliche Turm der Festungsanlage konnte aus Denkmalschutzgründen nicht barrierefrei gestaltet werden. Wer nicht auf die Aussichtsplattform steigen kann, dem stehen VR-Brillen zur Verfügung, um virtuell seinen Blick über die Altstadt mit ihren engen Gassen, Dächern und Heiligtümern schweifen zu lassen.

Mit diesem Blick endet der Rundgang. Bis hier, so das Ziel des Museums, sollen Besucher ausreichend Informationen und Denkanstöße bekommen haben, um die komplexe Realität der Altstadt besser zu verstehen. Damit werden sie in das entlassen, was im Slang der Museumsleute scherzhaft “Galerie 11” genannt wird – in eben jene Gassen und Heiligtümer und das bunte Leben darin.

KNA/akr/brg/sky

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.