Ayaan Hirsi Ali: Besorgniserregende Entwicklungen

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Ayaan Hirsi Ali. Foto IMAGO / IPON
Ayaan Hirsi Ali. Foto IMAGO / IPON
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Die Hamas hat eine extreme Ideologie, die radikal-islamistisch ist. Sie hat absolut kein Interesse daran, ihren Konflikt mit Israel so zu lösen, wie es sich die westlichen Regierungen erhoffen und erwarten – nämlich durch die Akzeptanz dessen, was man seit langem als Zwei-Staaten-Lösung bezeichnet. Das ist nicht das Ziel der Hamas. Das Ziel der Hamas ist es, den Staat Israel zu zerstören. Die Aufrechterhaltung des Konflikts ist in gewisser Weise vorteilhaft für sie als Gruppierung, auch wenn es normalen Menschen schadet.

von Ayaan Hirsi Ali

Solange die Hamas an dieser extremen Position festhält und unnachgiebig bleibt, wird das Problem niemals gelöst werden. Ich habe die Zahl der Intifadas vergessen, die wir erlebt haben oder noch erleben werden.

Wir haben das jahrzehntelang erlebt: Die israelische Regierung schwächt die militärische Position der Hamas, dann sammelt sich die Hamas wieder, rüstet erneut auf und beginnt die ganze Konfrontation von vorne. Sie hat Tunnel unter Israel gegraben und palästinensische Kinder, palästinensische Frauen und ältere Palästinenser, ganz normale Durchschnittsbürger, als Fassade und menschliche Schutzschilde benutzt, wobei sie geschickt PR-Taktiken und die Sensibilität der westlichen Welt ausgenutzt hat.

Unabhängig davon, wer an der Spitze Israels steht, kann die Hamas, wenn Israel sich verteidigt, durch ihre Öffentlichkeitsarbeit und Propaganda so tun, als habe Israel den Angriff provoziert und als töte Israel mutwillig Frauen und Kinder. In Wirklichkeit ist das nicht der Fall. Es ist viel komplizierter als das. Zusammenfassend würde ich sagen, dass die Hamas als Organisation und als Bewegung keinen Wert auf das Leben der Palästinenser legt und bereit ist, Palästinenser als Kollateralschaden für die Öffentlichkeitsarbeit zu benutzen: Der einfache Mann ist für die Hamas ohne weiteres entbehrlich.

Solange die Hamas an der Macht ist und sich als Stimme und Führung der Palästinenser präsentiert, wird dieses Problem leider nicht gelöst werden können.

Die ” Palästinensische Autonomiebehörde ” von Mahmoud Abbas ist keine Behörde. Er und seine Organisation sind korrupt. Sie haben die palästinensische Bevölkerung seit langem verraten. Man muss sich fragen, ob ein Frieden mit Israel überhaupt in ihrem Interesse liegt.

In diesem Sinne haben die Palästinenser das Pech, einen Führer zu haben, der korrupt ist und sich nicht wirklich um sie kümmert und vielleicht sogar will, dass der Konflikt weitergeht, damit er weiterhin von internationalen Hilfsgeldern, der EU, den USA und so weiter profitieren kann; und dann haben sie als andere Gruppe die Hamas. Diese tödliche Terroristenorganisation schert sich auch nicht um das Leben der Palästinenser. Genau hier liegt das Problem.

Die Palästinenser haben in gewisser Weise keine ethische Vertretung: Die einfachen Palästinenser werden von ihren Führern benutzt, um ihre eigene Position und Machtbasis zu stärken. Es ist ein Fehler, die Hamas oder die Palästinensische Autonomiebehörde als “Vertreter” der Interessen des Durchschnittspalästinensers zu betrachten. Sowohl die Hamas als auch die Palästinensische Autonomiebehörde sind zutiefst zynisch: Wenn sie das Wohlergehen des Durchschnittspalästinensers verbessern wollten, würden sie den Frieden anstreben. Ein Frieden mit Israel liegt jedoch nicht notwendigerweise im Eigeninteresse der Palästinensischen Autonomiebehörde oder der Hamas.

Dies bringt uns zum Iran. Seit der iranischen Revolution von 1979 hat das iranische Regime deutlich gemacht, dass es auf die Zerstörung Israels hinarbeitet. Es ist wichtig, zwischen dem Regime, das islamistisch ist, und der iranischen Bevölkerung zu unterscheiden. Eine beträchtliche Anzahl iranischer Bürger verabscheut ihr eigenes Regime, wie sie seit Jahren demonstrieren, und wünscht sich heute nichts sehnlicher, als dass dieses Regime verschwindet.

Die Bedrohung Israels durch das iranische Regime ist grösser als die, die von der Hamas ausgeht. Die Hamas ist ein Feind, aber ein viel schwächerer Feind als der Iran, der entschlossen ist, eine Atomwaffe mit dem einzigen Ziel zu entwickeln, Israel zu zerstören.

Am besten wäre es, wenn die Regierung Biden die Politik der Vorgängerregierung gegenüber dem Iran fortsetzen würde – nämlich die iranische Regierung zu zwingen, die Entwicklung dieser Atomwaffen aufzugeben, wenn sie Teil der internationalen Gemeinschaft werden will. Hier sollte es keine Kompromisse geben, aber alles deutet darauf hin, dass die amerikanischen Beamten, die den Gemeinsamen umfassenden Aktionsplan (Joint Comprehensive Plan of Action, JCPOA) ursprünglich unter der Obama-Regierung ausgehandelt haben, verzweifelt versuchen, zu diesem Abkommen zurückzukehren, selbst angesichts der Aggression und Schwäche des iranischen Regimes.

Wenn sich die USA und Europa in Bezug auf den radikalen Islam und seine Führung in einem Punkt geirrt haben, dann in Bezug auf die Muslimbruderschaft, deren Mitgliedsorganisationen und mit ihr sympathisierenden Gruppen. Die Muslimbruderschaft ist in der Lage, westliche Regierungen und westliche Medienverbände auf eine Weise zu beeinflussen, wie es ihnen – bis vor kurzem – in arabisch-muslimischen Ländern nicht gelungen ist.

Die Muslimbruderschaft ist derzeit unter anderem in Saudi-Arabien, in den Vereinigten Arabischen Emiraten und in Ägypten verboten. Das ist ein Grund, warum die Hamas mit Hilfe des Iran so verzweifelt versucht, ihre Führungsposition zu halten, die sie verloren hat, weil sie ihre Legitimität verloren hat.

Die Muslimbruderschaft ist auf amerikanischem Boden, im Vereinigten Königreich und in vielen anderen westlichen Ländern sehr aktiv. Ihre Tarnorganisationen geben vor, humanitäre, wohltätige, erzieherische oder religiöse Organisationen zu sein. In ihrer Weltsicht, in ihrer idealen Vision für die Gesellschaft, unterscheidet sich die Bruderschaft nicht so sehr von gewalttätigen Gruppen wie Al-Qaida oder dem IS. Was sie unterscheidet, ist die Taktik, mit der sie dieses Ziel erreichen wollen. Sie ist in eine Sprache gekleidet, die für die Führung – sei es in den Medien oder in der Politik – und insbesondere für westliche Menschen attraktiv ist und häufig die Unterstützung der “Demokratie” einschliesst. Nach all diesen Jahren ist es wahrscheinlich höchste Zeit, die Muslimbruderschaft als das zu entlarven, was sie ist.

Man muss sich darüber im Klaren sein, dass die Bedrohung durch den radikalen Islam zwar von den Schreibtischen der politischen Entscheidungsträger in den USA und möglicherweise auch in einigen anderen Ländern verblasst sein mag, aber sie hat sich nicht in Luft aufgelöst; sie ist so stark wie eh und je.

Die Islamisten haben in Afrika ganze Landstriche erobert, wenn man es genau nimmt. Sie kontrollieren Länder wie Tschad, Kamerun, Niger, Mali und so weiter. All diese Länder, auch mein Heimatland Somalia, sind neue Stützpunkte für alle Arten von Islamisten, von Al-Qaida bis zu den Neugruppierungen des Islamischen Staats. Für unsere Politiker wäre es so wichtig zu erkennen, dass diese Bedrohung nicht verschwunden ist, dass diese Ideologie nicht verschwunden ist, sondern auch im Westen weiter gedeiht. Der IS ist zwar geschwächt, aber nicht besiegt.

Ayaan Hirsi Ali, Autorin von neun Büchern und Forschungsstipendiatin an der Hoover Institution der Stanford University, ist auch Gründerin der AHA Foundation, einer gemeinnützigen Organisation, die sich für die Bewahrung, den Schutz und die Förderung der westlichen Freiheiten und Ideale einsetzt. Dieser Artikel ist ein Teilauszug von einem Gespräch mit dem Gatestone Institute. Übersetzung Audiatur-Online.

1 Kommentar

  1. Wie wahr, was Ayaan Hirsi Ali hier geschrieben hat! Sie selbst hat den mörderischen Islam am eigenen Leibe erlitten und immer wieder, unter Lebensgefahr seit vielen Jahren darüber die Öffentlichkeit informiert. Schließlich konnte oder wollte man sie in Europa nicht mehr schützen, so dass sie nach USA ging.
    Auch die Gefahr, die besonders der iranisch-schiitische Islam für ISRAEL darstellt, wird vor allem in Deutschland ignoriert. Schlimmer noch: links-grüne Politikerinnen wie u.a. Claudia Roth reisen in den Iran – dort natürlich züchtig mit der Kopf-Windel umhüllt – um in devoter Haltung den Mullahs zu begegnen. Heuchelei bis zum Geht-nicht-mehr oder doch aus innerer Überzeugung!?
    Herr Steinmeier (Bundespräsident) ist da viel klarer – auch wenn das hier von vielen nicht erkannt wird. Er ist – ebenso wie Schäuble und Merkel (CDU) – ein überzeugter Förderer des Islam. Er gratuliert nicht nur den Mullahs zum Jahrestag der Islamischen Revolution 1979, als alle demokratischen Errungenschaften beseitigt wurden, sondern hofiert den menschenverachtenden Islam, indem er z.B. 2017 den Judenhasser Arafat in Ramallah mit einer Kranzniederlegung unter militärischem Zeremoniell ehrte – „im Namen meiner Landsleute“. Das brachte kein anderer westlicher Politiker bisher fertig.
    Schlimmer geht´s kaum noch. Aber wer will Franz-Walter deshalb kritisieren? Der Sozialist wurde nicht nur von seinen Genossen zum Präsidenten gewählt, sondern auch von Merkels CDU/CSU, die keinen eigenen Kandidaten aufbieten konnte(!).
    Ausgerechnet der heute noch immer von Politik und links-grünen Medien gescholtene Präsident Trump hatte Durchblick. Er anerkannte Jerusalem als Hauptstadt ISRAELS und wollte das Kernland des Staates ISRAEL, Judäa und Samaria, nicht den arabischen „Palästinensern“ überlassen und lehnte eine Teilung des Landes ab.

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