Knochenfunde aus NS-“Forschungszwecken” in Berlin beigesetzt

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Beisetzung von Opfern von Verbrechen im Namen der Wissenschaft. Waldfriedhof Berlin-Dahlem, 23. März 2023. Foto IMAGO / Christian Ender
Beisetzung von Opfern von Verbrechen im Namen der Wissenschaft. Waldfriedhof Berlin-Dahlem, 23. März 2023. Foto IMAGO / Christian Ender
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Knapp zehn Jahre nach dem Fund anonymer menschlicher Überreste auf dem Gelände der Freien Universität Berlin (FU), die vermutlich aus der rassistischen NS-Forschung an Menschen stammen, sind diese am Donnerstag nach einer Trauerfeier auf dem Waldfriedhof in Berlin-Dahlem beigesetzt worden. An der Zeremonie nahmen auch Vertreter des Zentralrats der Juden in Deutschland und des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma teil.

“Trauer fragt nicht nach Herkunft, Konfession und Zugehörigkeit. Unsere Trauer von heute über die Verbrechen der Vergangenheit erschafft die kollektiven Gedenkorte von Morgen”, erklärte der Präsident des Zentralrates der Juden, Josef Schuster. Er sei der FU Berlin, dem Landesdenkmalamt Berlin und der Max-Planck-Gesellschaft dankbar für den würdevollen Umgang und begrüsse das Anliegen, aus diesem Anlass einen Lern- und Gedenkort für die Zukunft zu gestalten.

2014 waren auf dem FU-Gelände in Berlin-Dahlem bei Grabungen menschliche Überreste gefunden worden, die nach Einschätzung von Historikern und Archäologen auf eine Zusammenarbeit zwischen dem Auschwitz-Arzt Josef Mengele und dem Rassenhygieniker Otmar von Verschuer am damaligen Kaiser-Wilhelm-Institut für menschliche Erblehre, Anthropologie und Eugenik (KWIA) verweisen. Das Institut lag damals auf dem fraglichen Gelände der FU. Mengele untersuchte in Auschwitz jüdische Männer, Frauen und Kinder, tötete sie und liess die ihnen entnommenen menschlichen Präparate zu “Forschungszwecken” ins KWIA verbringen. Wissenschaftliche Untersuchungen zu den Knochenfunden wurden im Herbst vergangenen Jahres abgeschlossen.

Vertreterinnen und Vertreter der Einrichtungen sowie der Verbände und Organisationen erinnerten bei der Trauerfeier an die Opfer. Als Vertreter des Zentralrats der Juden sagte dessen Geschäftsführer Daniel Botmann: “Wir lehnen eine weitere Ausdifferenzierung der Knochenfunde nach bestimmten Gruppen ab. Wir wollen und werden die rassistische Methoden und Denkmuster der Vergangenheit nicht mehr reproduzieren.” Es gehe darum, in Zukunft ein gemeinsames Gedenken zu organisieren, das die jüdische Geschichte, die Geschichte der Sinti und Roma und der ehemaligen deutschen Kolonien in Afrika sichtbar mache und deren kulturellen Reichtum wahrnehme und würdige, so Botmann.

KNA/mik/jps