Die Ankündigung vom 10. März, dass Saudi-Arabien und der Iran nach siebenjährigem Abbruch wieder diplomatische Beziehungen aufnehmen werden, hat nicht nur den Nahen Osten, sondern auch die USA aufgerüttelt, da bekannt wurde, dass China eine Schlüsselrolle als Vermittler gespielt hat.
von Yaakov Lappin
Während einige in Israel die Entscheidung schnell damit begründeten, dass Saudi-Arabien die Schwäche Israels aufgrund der anhaltenden innenpolitischen Krise des Landes wahrnehme, sahen manche die Sache anders.
Prof. Eyal Zisser, Vizerektor der Universität Tel Aviv und Lehrstuhlinhaber für Zeitgeschichte des Nahen Ostens, erklärte gegenüber der Nachrichtenagentur JNS, dass es bei der saudischen Entscheidung eigentlich um die Wahrnehmung Washingtons durch Riad und nicht um Jerusalem gehe.
„Ich glaube nicht, dass Israel bei der saudischen Entscheidung eine Rolle gespielt hat. Saudi-Arabien verlässt sich ohnehin nicht darauf, von Israel beschützt zu werden. Das Land hatte gehofft, dass die USA den Schutz übernehmen würden, aber die Amerikaner haben sich nach den unbemannten Luftangriffen auf Saudi-Arabien im Jahr 2019, die sich gegen Öltanker und Ölanlagen richteten, als zögerlich erwiesen“, so Zisser.
Saudi-Arabien, das den sunnitischen arabischen Block anführt, steht dem schiitischen Iran nach wie vor ablehnend gegenüber und traut ihm nicht, will aber auch keinen Krieg mit der Islamischen Republik, so Zisser.
„Es war von Anfang an klar, dass es irgendwann zu einer Versöhnung kommen würde“, fügte er hinzu.
Saudi-Arabien signalisiere mit diesem Schritt sein Misstrauen gegenüber Washington und betrachte die Vereinigten Staaten nicht als Verbündeten, auf den es sich in Sachen Verteidigung verlassen könne, so Zisser. Diese Einschätzung werde durch die Tatsache bestärkt, dass die Saudis vor ihrer Entscheidung, die Beziehungen zum Iran wiederherzustellen, keine Rücksprache mit den Amerikanern gehalten hätten. Es ist klar, dass die Iraner und die Saudis schon seit langem Gespräche führen, so Zisser.
Er merkte auch an, dass „die Entscheidung keine praktischen Auswirkungen auf Israel hat – denn wenn Saudi-Arabien die Beziehungen zu Israel normalisieren will, wird es das tun“.
Die Vereinigten Arabischen Emirate beispielsweise unterhalten diplomatische Beziehungen zum Iran, obwohl sie ihre Beziehungen zu Israel normalisiert haben, was bedeutet, dass Saudi-Arabien demselben Präzedenzfall folgen könnte, wenn es sich dazu entschliessen sollte, sagte er.
Er fügte jedoch hinzu: „Klar ist, dass dies Israels Position und Lage nicht verbessert.“
Israels Stärke sei jedoch durch die innenpolitische Situation des Landes viel stärker beeinträchtigt.
„Das Gefühl, dass uns etwas Schlimmes widerfährt, und die Tatsache, dass sogar die US-Regierung Vorbehalte gegen Israels Stabilität hat“, sagte er. „Meiner Meinung nach wirkt sich das auf das Image Israels aus. Aber jeder hier verfolgt seine eigenen Interessen, daher gehe ich davon aus, dass Saudi-Arabien weiterhin mit uns sprechen wird, wenn auch nicht in dem Tempo, das wir uns vorgestellt haben.“
Als Reaktion auf die offensichtliche saudi-iranische Entspannung wäre eine koordinierte amerikanisch-israelische Reaktion das wünschenswerte Szenario, aber das sei heutzutage schwer zu bewerkstelligen, so Zisser.
„Es gibt ein Problem, das mit der Frage zusammenhängt, inwieweit sich die USA für die Verteidigung der regionalen Staaten einsetzen. Das hat nichts mit Israel zu tun, sondern eher damit, was die USA als ihr Ziel in der Welt ansehen. Im Moment steht der Nahe Osten nicht ganz oben auf der amerikanischen Prioritätenliste“, so Zisser. „Es muss sichergestellt werden, dass Saudi-Arabien über die formalen Beziehungen hinaus weiterhin auf der richtigen Seite steht“.
Nach Angaben der Foundation for Defense of Democracies (FDD) berichteten iranische Staatsmedien, dass die Vereinbarung mit den Saudis nach einem einwöchigen Treffen in Peking zwischen Ali Shamkhani, dem Sekretär des Obersten Nationalen Sicherheitsrates des Iran, dem saudischen nationalen Sicherheitsberater Musaad bin Mohammed Al Aiban und Wang Yi, dem ranghöchsten Diplomaten Chinas, zustande kam.
„Die Erneuerung der iranisch-saudischen Beziehungen als Ergebnis chinesischer Vermittlung ist für die amerikanischen Interessen ein Nullsummenspiel“, sagte FDD-Geschäftsführer Mark Dubowitz. „Es zeigt, dass die Saudis nicht darauf vertrauen, dass Washington ihnen den Rücken freihält, dass der Iran eine Gelegenheit sieht, amerikanische Verbündete aus dem Weg zu räumen, um seine internationale Isolation zu beenden, und es etabliert China als den „Haushofmeister“ der nahöstlichen Machtpolitik.“
Richard Goldberg, leitender Berater bei FDD, bezeichnete den Schritt als „ultimative Absicherung für Riad als direkte Folge der US-Politik. Absicherung gegen eine Aufhebung der Sanktionen und eine Rückkehr zu einem Atomabkommen. Absicherung gegen einen Rückzug der USA aus der Region durch den Eintritt in eine neue, von China vermittelte Nahost-Architektur“.
China, ein wichtiger Importeur von Öl und Erdölerzeugnissen aus den sunnitischen arabischen Ländern, die den Golf-Kooperationsrat bilden, und aus dem Iran, hat sich die saudischen Befürchtungen über einen schrittweisen Rückzug der USA aus der Region zunutze gemacht, so die FDD in einer Erklärung.
Das US-Aussenministerium strich 2021 die vom Iran unterstützte jemenitische Houthi-Terrororganisation, die vor dem Waffenstillstand im April 2022 jahrelang Raketen und Selbstmorddrohnen auf Saudi-Arabien abgefeuert hatte, von der amerikanischen Liste der ausländischen terroristischen Organisationen und setzte Riad unter Druck, den Krieg im Jemen zu beenden.
Im Februar besuchten der iranische Präsident Ebrahim Raisi und eine grosse iranische Delegation Peking, wo sie 20 Kooperationsabkommen in den Bereichen Handel, Landwirtschaft und erneuerbare Energien unterzeichneten.
Stunden vor der Bekanntgabe seines Abkommens mit dem Iran hat Saudi-Arabien einem Bericht des Wall Street Journal vom 9. März zufolge seine Bedingungen für eine Normalisierung der Beziehungen zu Israel bekannt gegeben. Der saudische Vorschlag sieht Sicherheitsgarantien der Vereinigten Staaten, Unterstützung bei der Entwicklung eines zivilen Atomprogramms und weniger Beschränkungen für US-Waffenverkäufe an Riad vor.
„Mit seinem Angebot an die Vereinigten Staaten scheint Riad die Tür für eine stärkere Beziehung zwischen den USA und Saudi-Arabien offen zu lassen, macht aber durch die Verfolgung einer Absicherung mit China deutlich, dass es nicht abwarten wird“, so die FDD.
Yaakov Lappin ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Miryam-Institut, am Alma-Zentrum und am Begin-Sadat-Zentrum für strategische Studien. Übersetzung Audiatur-Online.
Danke für die Einschätzung. Das ist beunruhigend. Der innerisraeilische Konflikt schwelt schon lange und bis hier ein Kompromiss vermittelt werden kann, wird es sicher noch eine Weile dauern. Darum mache ich mir aber keine Sorgen, sondern um den Egoismus der USA.
Es ist klar, dass Riad nicht abwarten wird, bis , bzw. ob die USA überhaupt auf das Angebot reagieren werden und das verheißt nichts Gutes für Israel. Letztlich müsste auch ein Gesprächsweg mit China und Russland eröffnet werden, um auf den Iran (und Riad) Einfluß nehmen zu können. Und bei dem Antisemitismus und antiisraelischer Hetze, den ich auch in russischen Medien sehe, erscheint mir das als schwierig.
Kommentarfunktion ist geschlossen.