Eine unabhängige deutsch-israelische Expertenkommission wird mit der Aufarbeitung des Olympia-Attentats von 1972 beauftragt. Das teilten Vertreter der Bundesregierung und der Hinterbliebenen der Opfer am Dienstagnachmittag in Tel Aviv mit. „Wir haben 50 Jahre lang gekämpft. Jetzt ist der Kampf beendet und wir können zusammenarbeiten“, sagte die inoffizielle Sprecherin der Hinterbliebenen, Ankie Spitzer.
Mit der Zustimmung zu einer Kommission aus je vier israelischen und deutschen Historikern und der Öffnung der Archive habe Deutschland die letzte und wichtigste Forderung der Hinterbliebenen erfüllt, so Spitzer bei einer Pressekonferenz. Nun sei ein Moment der Ruhe und der Heilung gekommen, sagte auch die Witwe des bei dem Attentat getöteten Gewichthebers Yossef Romano, Ilana Romano. Es bestehe die Hoffnung, dass die gesamte historische Wahrheit ans Licht komme.
Die Gedenkfeier zum 50. Jahrestag des Attentats im vergangenen Dezember sei Anlass für die Bundesregierung gewesen, das Attentat und den Umgang damit neu zu bewerten, erläuterte Juliane Seifert, Staatssekretärin im Bundesinnenministerium. Daraus sei in enger Abstimmung mit den Hinterbliebenen ein Konzept entwickelt worden: anerkennen, aufarbeiten, erinnern.
Während Anerkennung und Aufarbeitung mit einer Entschuldigung von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundesinnenministerin Nancy Faeser sowie durch Entschädigungszahlungen an die Familien der Opfer erfolgt seien, bilde die geplante Kommission die Grundlage für die Säule des Erinnern. Intensiv erforscht werden sollen demnach nicht nur das Attentat selbst, sondern auch die Geschehnisse vorher und nachher.
Der Bundestag genehmigte laut Seifert drei Millionen Euro für das auf drei Jahre angelegte Projekt. Ein entsprechender Förderaufruf für Vorschläge geeigneter Experten werde in Kürze erfolgen. Die Kommission soll nach dem Willen der Initiatoren bis spätestens Anfang April eingerichtet sein. Geplant sind zudem mehrere begleitende Veranstaltungen, darunter eine Konferenz in Berlin im Sommer.
Am 5. September 1972 hatten sich palästinensische Terroristen Zutritt zum Olympiadorf in München verschafft und waren in das Quartier der israelischen Mannschaft eingedrungen. Sie töteten zwei Israelis, nahmen neun weitere als Geiseln. Mit der blutigen Aktion wollte die Gruppe „Schwarzer September“ Gesinnungsgenossen aus der Haft freipressen. Was dann folgte, war eine Aneinanderreihung von Fehleinschätzungen und Pannen. Sie endete in der Nacht in einem komplett missglückten Befreiungsversuch auf dem Flughafen Fürstenfeldbruck, bei dem alle Geiseln, ein Polizist und fünf der acht Terroristen getötet wurden.
Lange hatten die Hinterbliebenen den deutschen Behörden Vertuschen und Versagen vorgeworfen und eine angemessene Entschädigung gefordert. Eine Einigung erfolgte kurz vor dem 50. Jahrestag des Attentats. Die Gesamthöhe der finanziellen „Anerkennungsleistung“ für die Familien der Opfer liegt laut Medienberichten bei 28 Millionen Euro.
KNA/akr/api