Als die derzeitige israelische Regierung an die Macht kam, war eine der spürbaren politischen Veränderungen im Vergleich zur vorherigen Regierung von Benjamin Netanjahu im Bereich der Energiepolitik zu verzeichnen. Premierminister Netanjahu und sein Energieminister Yuval Steinitz betonten, dass die Förderung von Erdgas aus den neuen Funden im östlichen Mittelmeer für Israel von höchster Priorität sei.
von Dore Gold
Im Gegensatz dazu erklärte Energieministerin Karine Elharrar im Dezember 2021, dass Israel im kommenden Jahr keine Lizenzen mehr für die Förderung von Erdgas innerhalb der israelischen Wirtschaftszone vergeben werde. Stattdessen betonte sie, dass 2022 „das Jahr der erneuerbaren Energien“ sein werde und dass „Erdgas warten kann“. Im kommenden Jahr werde ihr Energieministerium die politischen Empfehlungen des Berichts der Vorgängerregierung über die Erdgaspolitik Israels beiseitelegen, der eine spezielle Empfehlung für die weitere Erschliessung von Erdgas enthielt.
Israel scheint nun mitten in einer weiteren grossen politischen Wende in seiner Gasexportpolitik für 2022 zu stecken. Zwar betonte Elharrar kürzlich in einem Interview, dass „die Energiezukunft der Welt grün ist, nicht Gas“. Aber der Krieg in Europa im Zusammenhang mit der Ukraine im Jahr 2022 hat die Gasmärkte noch einmal verändert. Die Kämpfe in der Ukraine haben die Europäer gezwungen, eine neue Strategie zu entwickeln, um die gleichen Gasmengen zu erhalten, allerdings aus neuen Quellen, denn fast 40 Prozent der europäischen Gaslieferungen kamen aus Russland, das sich an den europäischen Regierungen rächen wollte, die im jüngsten europäischen Krieg die Ukraine unterstützen.
Im Juli 2022 einigten sich 26 der 27 EU-Mitgliedstaaten auf eine Begrenzung des Erdgasverbrauchs. Darüber hinaus bemühten sie sich um eine Diversifizierung ihrer Gasversorgung, was vor allem eine Verringerung der russischen Importe bedeutet, die bis Ende 2022 um zwei Drittel reduziert werden sollen.
Im Juni 2022 begannen hochrangige Vertreter der EU, häufiger die Staaten des östlichen Mittelmeers zu besuchen, um den Zugang zu ihrer besten Alternative zum russischen Gas zu sichern. So unterzeichnete die EU beispielsweise sowohl mit Israel als auch mit Ägypten eine Absichtserklärung, die eine Steigerung der Erdgasexporte nach Europa vorsieht. Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, war am 17. Juni in Kairo, um ein neues Gasforum für den Export von Erdgas nach Europa anzukündigen.
Neue Initiativen für Pipelines
Die europäischen Staaten haben eine Reihe von Massnahmen ergriffen, um der drohenden Gaskrise zu begegnen. Zum einen bereitet sich Europa auf die verstärkte Nutzung von Flüssigerdgas (LNG) vor. Zweitens gibt es ein wachsendes Interesse an der Stärkung der globalen Pipeline-Infrastruktur für den Gastransport. So unterzeichneten Algerien, Niger und Nigeria eine Absichtserklärung zum Bau einer 4’000 km langen Transsahara-Pipeline.
Im Jahr 2010 wurden in Mosambik und Tansania grosse Gasvorkommen entdeckt.
Ein weiteres Projekt ist die Ostmed-Pipeline, die durch die Gewässer Israels, Zyperns und Griechenlands verlaufen und eine Länge von 2’000 km umfassen soll. Leider zog die Regierung Biden ihre Unterstützung für die East Med Pipeline im Januar 2022 zurück, obwohl sie keine US-Finanzierung beinhaltete. Die Pipeline sollte eigentlich 2025 fertiggestellt werden.
All dies geschieht zu einem Zeitpunkt, an dem der Bedarf Europas an neuen Energiequellen sprunghaft ansteigt. Israel, Zypern und Griechenland könnten Europa wirklich helfen, ebenso wie die Staaten Nord- und Ostafrikas, wenn die erforderliche Infrastruktur für die Förderung und den Transport von Gas vorhanden wäre.
Diese Veränderungen haben auch Auswirkungen auf die nationale Sicherheit. Wenn der Iran die Hisbollah unterstützt und die israelischen Gasquellen bedroht, untergräbt er nicht nur das Wohl Israels, sondern auch das Europas. Deshalb ist eine einheitliche westliche Energiestrategie erforderlich und nicht das blinde Verfolgen einer unbewährten neuen Idee für grüne Energie.
Dore Gold ist der ehemalige israelische Botschafter bei den Vereinten Nationen und derzeitiger Präsident des Jerusalem Center for Public Affairs. Übersetzung Audiatur-Online.