Israel öffnet(e) Ramon-Flughafen für Palästinenser

Gut gemeint ist noch lange nicht gut

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Der neue Flughafen Ramon in der Nähe der Küstenstadt Eilat am Roten Meer, Israel. Foto IMAGO / Xinhua
Der neue Flughafen Ramon in der Nähe der Küstenstadt Eilat am Roten Meer, Israel. Foto IMAGO / Xinhua
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Wer der Irrationalität des Nahostkonflikts noch nicht begegnet ist , bekommt dieser Tage eine kräftige Portion Anschauungsunterricht. Der heisse Ball, aufgeblasen mit widersprüchlicher Nahost-Rhetorik, fliegt derzeit zwischen Ramallah, Amman und Jerusalem hin und her. Die Geschichte beginnt eigentlich mit einer guten Nachricht, aber nur für freiheitlich-demokratisch Gesinnte : Israel öffnet seinen zweiten internationalen Flughafen „Ilan Ramon“ in der Wüste Negev – nahe dem Roten Meer – für Palästinenser.

Sie haben die Gelegenheit genutzt und sofort gebucht, weil der Flughafen alle Wartezeiten und Kosten einberechnet, vorteilhafter und günstiger ist. Dass der Flughafen nach einem Offizier der israelischen Luftwaffe benannt ist, der 2003 als erster Astronaut Israels bei einem missglückten Space-Shuttle-Flug in den USA ums Leben gekommen ist, war für die neuen Fluggäste aus Ramallah, Jenin oder Nablus (Westjordanland) offensichtlich kein Hindernisgrund. Der erste Flug mit der israelischen Charter-Gesellschaft ARKIA nach Zypern verlief auch reibungslos.

Danach wurde es ungemütlich. Denn gut gemeint ist noch lange nicht gut: Amman, das seit 1994 diplomatische Beziehungen mit Israel unterhält, Trinkwasser und Erdgas in Jerusalem einkauft, hatte die Ankündigung, den Ramon-Flughafen für Palästinenser zu öffnen, entweder überhört oder nicht ernst genommen. Kaum war die ARKIA-Maschine mit Palästinensern auf Zypern gelandet, begann der Tollhaus-Circus der Nahost-Irrationalität.

„Verrat an der palästinensischen Sache“

Die westliche Welt hat in den letzten 50 Jahren viele Milliarden an Dollar und Euro in die Region gepumpt, einzig und allein mit dem Ziel, die Beziehungen zwischen Palästinenser und Israel zu normalisieren. Jetzt wirft Amman, das vom warmen Dollarregen bis heute kräftig etwas abbekommt, den Offiziellen in Ramallah vor, einen geheimen Flughafen-Pakt mit Israel geschmiedet zu haben. Es fehlt auch nicht an Scharfmachern in Jordanien, die von einem „Dolch in den Rücken“ reden und „Verrat an der palästinensischen Sache“ wähnen.

Da erheben die Richtigen die Stimme: vergessen ist offenbar der „Schwarze September 1972“. Damals brachten jordanische Truppen befehligt von König Hussein I. Zigtausende von Palästinensern um und vertrieben Hunderttausende. Die Flüchtlingslager in Jordanien, Syrien und Libanon sind bis heute voll mit den Nachkommen jener Schlachten.

Alles vergessen und vergeben? Mitnichten: es geht jetzt einzig und allein ums Geld und die Pfründe jordanischer Familien. Denn die Palästinenser, die in den letzten Jahrzehnten – wenn sie es sich leisten konnten – reisten über den „Queen Alia International Airport“ in Amman aus. Immerhin 255 000 Passagiere jährlich, die durchschnittlich 350 jordanische Dinar (1 Dinar= 1,4 Euro) pro Fluggast im Land ausgaben. Dabei mussten sie am Grenzübergang „Allenby Bridge“ oft stunden-,  wenn nicht tagelang warten. Denn die Sicherheitsüberprüfungen Jordaniens sind streng und oft langwierig. Die Gefahr terroristischer Anschläge nimmt Jordanien seit dem „Schwarzen September“ nicht weniger ernst als Israel. Hinzu kommen kräftige Aus- und Einreise-Gebühren, die am Flughafen Ramon wesentlich geringer sind, teilweise ganz wegfallen.

Daran findet Jordanien jetzt wenig Gefallen. Majed al-Rawashdeh, Vorsitzender des  Tourismus-Komitees im jordanischen Parlament, sieht in „der Öffnung des Ramon-Flughafes eine grosse wirtschaftliche und soziale Gefahr für sein Königreich“.

Die Drohungen folgen auf dem Fuss: Palästinensern, die den Ramon-Flughafen nutzen, soll in Zukunft die Einreise nach Jordanien verwehrt werden. Die Irrationalität steigert sich in der Begündung: wer mit der „israelischen Besatzungsmacht zusammenarbeitet“, hat keinen Platz in Jordanien. Bleibt nur noch daran zu erinnern, dass die „Besatzungsmacht“ sicherheits-technisch seit Jahren eng mit Amman zusammenarbeitet. Den Hashemiten-Thron gäbe es ohne Israel längst nicht mehr.

Ramallah versucht die Lage zu besänftigen, spielt alles herunter und verspricht Jordanien Besserung. Obwohl alle Beteiligten wissen, dass letztendlich der Fluggast auch aus dem Westjordanland entscheidet, wohin die Reise geht. Die Mehrheit gibt Israel den Vorzug. Nicht nur aus finanziellen Gründen. Generationen kennen Israel als Arbeitsplatz und gut organisiertes Land im vergleichsweise chaotischen Nahen Osten. Voraussetzung ist und bleibt: Besucher und Arbeiter kommen mit friedlichen Absichten.

Der Ramon-Flughafen bleibt vorerst für Palästinenser geschlossen. Bis die Zeit die Irrationalität wieder verdrängt hat.

Über Godel Rosenberg

Journalist, Autor, High­techunternehmer. Godel Rosenberg war Pressesprecher der CSU und von Franz Josef Strauß, Fernsehjournalist, TV­-Moderator und Repräsen­tant des Daimler­-Konzerns in Israel. Von 2009 bis 2018 war Godel Rosenberg der Repräsentant Bayerns in Israel.

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