Sehenswerter Kinofilm über den KZ-Boxer Harry Haft

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Szenenbild "THE SURVIVOR", Copyright © 2022 LEONINE DISTRIBUTION GMBH
Szenenbild "THE SURVIVOR", Copyright © 2022 LEONINE DISTRIBUTION GMBH
Lesezeit: 4 Minuten

Dieser Film sollte viel Beachtung finden: „The Survivor“ erzählt die schier unglaubliche, aber wahre Geschichte von Harry Haft, der als polnischer Jude im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau landete und sich dort nur durch Boxkämpfe am Leben hielt.

Der Film „The Survivor“ erzählt die wahre Geschichte des polnischen Juden Harry Haft, der als 16-Jähriger nach Auschwitz deportiert wurde. Ein KZ-Aufseher bildete ihn zum Boxer aus, damit er zum Vergnügen der Wachleute Schaukämpfe gegen andere Häftlinge austrägt. Und dies buchstäblich auf Leben und Tod: Der Verlierer wurde sofort nach dem Kampf erschossen.

Haft (meisterlich gespielt vom amerikanischen Schauspieler Ben Foster), lebte nach dem Horror des Holocaust in New York, er wünscht sich nichts sehnlicher, als seine Jugendliebe Leah wiederzufinden. Sie hatte er zuletzt als junger Mann gesehen, als sie von den Nazis festgenommen wurde. Ob sie ebenfalls den Holocaust überlebt hat? Tief in seinem Inneren meint Harry jedenfalls zu spüren, dass Leah noch lebt. Aber wie soll er sie wiederfinden? Harrys Plan: Als Boxer so bekannt werden, dass Leah auf ihn aufmerksam wird, etwa wenn sie in der Zeitung seinen Namen liest. Also muss Harry einen wichtigen Box-Gegner finden. Es wird der heute noch legendäre italienische Boxer Rocky Marciano. Dass der eigentlich eine Nummer zu für ihn gross ist, weiss Harry eigentlich auch – eine Niederlage so gut wie sicher, doch um Leah zu finden, ist er bereit, sich blutig schlagen zu lassen. Und so flechtet der Film auch das Sujet eines klassischen Sportfilms mit ein, was sehr gut funktioniert. Auch wenn das Boxen hier selbsterklärend nicht im Vordergrund steht.

Bei seiner Suche nach Leah hilft ihm die schüchterne Miriam Wofsoniker vom Büro für das Auffinden von Holocaustüberlebenden (überzeugend gespielt von der luxemburgischen Schauspielerin Vicky Krieps). Zwischen Harry und Miriam entspinnt sich mehr als nur eine förmliche Bekanntschaft des Berufes wegen. Bahnt sich hier eine neue Liebe und damit ein Ausweg aus Harrys unerfüllter Sehnsucht nach Leah an? Auch ein Journalist (Peter Sarsgaard) hilft dem Boxer, indem er dessen Lebensgeschichte publizieren möchten. Und so beginnt Harry nach und nach seine innere Barriere zu überwinden und über seine dunkle Vergangenheit zu sprechen – als Boxer im KZ.

Der Kampf mit der eigenen Schuld

Was „The Survivor“ so wertvoll macht, ist die Darstellung des Leids, das unter KZ-Insassen auch dadurch entstand, dass sie gezwungen wurden, sich gegenseitig zu töten. Harry wird gezwungen, andere Häftlinge zu Tode zu prügeln, oder aber sie als Verlierer dem Tode durch Kopfschuss zu weihen. In einer Schlüsselszene erklärt der gealterte Harry Haft seiner Freundin später diese tägliche Qual der Entscheidungen anhand einer Begebenheit im KZ: Ein Insasse hatte seine Sträflingsmütze verloren – ein sicherer Anlass, von den Nazis beim Zählappell erschossen zu werden. Also suchte er sich in der Baracke die Mütze eines anderen Häftlings. Und überlebte. Doch derjenige, dessen Mütze er genommen hatte, wurde erschossen. Harry fragt: „War es falsch, die Mütze zu nehmen? Er lebte doch dadurch weiter.“ Derartige Entscheidungen über Leben und Tod teilweise von eigenen Freunden, die KZ-Häftlinge in der Zeit der Haft fällen mussten, stellten eine weitere Qual des Lageralltags dar.

Sehr erfreulich ist die Top-Besetzung des Films, bis in die Nebenrollen treten Stars auf wie Peter Sarsgaard („Die glorreichen Sieben“, „Blue Jasmine“) oder Danny DeVito („L.A. Confidential“) auf. Regie führte Oscar-Preisträger Barry Levinson („Rain Man“). Als wäre das nicht genug, konnte der Filmmusikmeister Hans Zimmer für den Soundtrack gewonnen werden.

Die Geschichte von Harry Haft, der im KZ wortwörtlich um sein Leben kämpfte, um anschliessend in der Nachkriegszeit zu versuchen, mit seiner Schuld fertig zu werden, sowie die Liebesgeschichte über die Grenzen des Todeslagers hinweg, musste dringend für die Leinwand erzählt und einem grösseren Publikum bekannt gemacht werden. Man kann dem Film „The Survivor“, der am 28. Juli in die Kinos kam, nur möglichst viele Zuschauer wünschen.

Ganz nebenbei fragt der Film auch nach dem dem Ringen mit Gott, das viele Juden nach Auschwitz austrugen. Wo war Gott, als die nur wenige Stunden alte Tochter von Harrys Schwester von einem Nazi brutal ermordet wurde? Eine Synagoge kann der Ex-Häftling Harry nach dem Holocaust nur mit Widerwillen betreten. Am Ende deutet sich eine leise Versöhnung zwischen Harry und Gott an. Aber vor allem steht am Ende in Form der feierlich gesungenen „zweite Hymne der USA“, „God bless America“, eine klare Dankbarkeit für ein Land, das die Juden aufnahm und ihnen ein Leben in Frieden ermöglichte.

potrait quadratisch Jörn Schumacher

Über Jörn Schumacher

Jörn Schumacher arbeitet als freier Journalist und lebt in der Nähe von Münster. Er hat Linguistik, Philosophie und Informationswissenschaft studiert und war viele Jahre Redakteur beim deutschen Webportal Israelnetz und beim Christlichen Medienmagazin pro.

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