Die Hamas hat wenig Grund zur Prahlerei

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Yahya Sinwar, Anführer der Hamas-Terrororganisation im Gazastreifen, während eines Treffens mit Anführern palästinensischer Fraktionen in Gaza-Stadt. 30. April 2022. Foto Majdi Fathi/TPS
Yahya Sinwar, Anführer der Hamas-Terrororganisation im Gazastreifen, während eines Treffens mit Anführern palästinensischer Fraktionen in Gaza-Stadt. 30. April 2022. Foto Majdi Fathi/TPS
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Nach dem Anschlag vom Freitag in Ariel, bei dem ein Sicherheitsbeamter getötet wurde, hat die Hamas ihre Bemühungen verstärkt, Anschläge und Gewalt auf beiden Seiten der Grünen Linie zu fördern.

von Yoav Limor

Die Rede von Hamas-Führer Yahya Sinwar war ein Versuch, den Kampf gegen Israel mit der Behauptung fortzusetzen, die Al-Aqsa-Moschee sei bedroht. Es war eine besonders gefährliche Rede, vor allem wegen seiner ausdrücklichen Botschaft an die arabischen Israelis. Sinwar, der seit der IDF-Operation “Guardian of the Walls” im vergangenen Mai Anzeichen von Grössenwahn zu zeigen scheint, ging in seiner Rede ausdrücklich auf die israelische Politik ein. Er versuchte, sich nicht nur als ein weiteres terroristisches Element auf der Suche nach nationalistischem Aktivismus unter den einheimischen Elementen zu positionieren, sondern als jemand, der versucht, innerhalb der israelischen Regierung über das Schicksal anderer zu bestimmen.

Der Vorsitzende der Ra’am-Partei, Mansour Abbas, hat Sinwars Äusserungen zu Recht zurückgewiesen und deutlich gemacht, dass er nur zum Schutz der Interessen der arabischen Israelis handeln würde. Dies ist ein wichtiges Element, um Sinwar auf seine natürliche Rolle zurückzustutzen. Sinwar ist schliesslich der Anführer einer nicht besonders grossen Terrororganisation, der fälschlicherweise glaubt, Israel eine Rechnung stellen zu können. Seine Bemerkung, Israel sei “schwächer als ein Spinnennetz”, war eine dumpfe Nachahmung der Rede, die Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah nach dem Rückzug Israels aus dem Südlibanon im Jahr 2000 hielt. Nasrallah hat seitdem einiges dazugelernt, und es ist ohnehin zweifelhaft, dass Sinwar etwas hat, womit er sich brüsten kann: Keiner der in den letzten Wochen verübten Anschläge wurde von seiner Organisation verübt.

Drohung über 1.000 Raketen gleichzeitig abzuschiessen

Die Hamas mag auf den palästinensischen und Ost-Jerusalemer Strassen und in den sozialen Medien an Popularität gewonnen haben, aber aus rein operativer Sicht war der letzte Monat ein totaler Misserfolg für die Terrororganisation. Sinwar weiss das sehr wohl, und deshalb versucht er, auf der Welle des Erfolgs anderer zu reiten. Diese Bemühungen werden in den kommenden Tagen bis zum Eid al-Fitr-Fest, das den Abschluss des Ramadan und den israelischen Unabhängigkeitstag markiert, fortgesetzt. Sinwar versucht sicherzustellen, dass die Hamas relevant bleibt, ohne den Gazastreifen in Brand setzen zu müssen. Dennoch drohte er damit, dass seine Organisation in der Lage sei, über 1.000 Raketen gleichzeitig abzuschiessen.

Dennoch wird Israel in Judäa und Samaria mit einer komplexen Sicherheitsherausforderung konfrontiert bleiben. Der Anschlag in Ariel dürfte, wie wir in der Vergangenheit gesehen haben, zu Nachahmungstaten führen. Dies wird die IDF dazu zwingen, ihre Kräfte, die derzeit entlang der Nahtstelle oder in den Gebieten östlich der Grünen Linie und westlich des an Jerusalem angrenzenden Sicherheitszauns stationiert sind, auf der Grundlage von Informationen des Shin Bet tief im palästinensischen Gebiet für operative Massnahmen einzusetzen, was zu Verhaftungen und Verhören führen wird, um weitere Anschläge zu vereiteln. Ausserdem wird es Verstärkungen entlang der Achsen und Eingänge zu den Gemeinden geben. Auch hier ist davon auszugehen, dass es diejenigen geben wird, die versuchen werden, die bestehenden Sicherheitsvorkehrungen erneut in Frage zu stellen.

Neben ihrer operativen Tätigkeit werden die IDF auch die Sicherheitsmethoden und -verfahren des Wachpostens untersuchen müssen, an dem der Wachmann von Ariel ermordet wurde. Die vorläufige Untersuchung hat gezeigt, dass die Terroristen den Posten auskundschafteten und als Schwachstelle identifizierten, bevor sie handelten. Auch das taktische Vorgehen des Wachpersonals vor Ort muss untersucht werden, insbesondere in den Phasen, die den Schüssen vorausgingen: Von dem Moment an, als die Terroristen das Feuer aus dem fahrenden Auto eröffneten, verteidigte der Wachmann seine Partnerin, die ebenfalls als Wache arbeitete, mit seinem Körper und bezahlte dies mit seinem Leben. Die Terroristen, die den Anschlag verübten, handelten ohne grosse Komplexität, was natürlich die Frustration des Shin Bet und der IDF verstärkt. Sie wurden in ihren Häusern gefasst – jeder von ihnen mit seiner improvisierten Waffe – und scheinen aus eigenem Antrieb gehandelt zu haben, ohne jegliche Unterstützung oder Anleitung durch eine Organisation.

Zivile Sicherheitskräfte spielen eine wichtige Rolle

Im Gegensatz zu den meisten Tätern der jüngsten Anschläge haben sich die Terroristen von Ariel kampflos ergeben, weshalb sie noch am Leben sind. Dies wird es Israel ermöglichen, zu erfahren, wie sie den Anschlag geplant haben und wie sie an die Waffen gekommen sind, die sie zur Durchführung des Anschlags verwendet haben.

Der Sicherheitsapparat wird die Lehren aus dem Anschlag sicherlich so schnell wie möglich umsetzen, aber die am Samstag vorgebrachten Argumente gegen den Einsatz von zivilen Sicherheitsfirmen in Judäa und Samaria sind falsch. Zivile Sicherheitskräfte spielen eine wichtige Rolle bei der Sicherung der Front, vor allem wenn es um Grenzübergänge und Gemeinden geht. Da diese Wachleute in militärischen Kampfeinheiten gedient haben und damit ihren Lebensunterhalt verdienen, sind sie in der Regel besser ausgebildet und handeln besonnener als IDF-Wehrpflichtige.

Sollte sich eine solche Lösung als notwendig erweisen, so müsste sie Verbesserungen in bestimmten Bereichen beinhalten und nicht das Gesamtkonzept. Die Tatsache, dass von den 15 Opfern von Terroranschlägen im letzten Monat der Sicherheitsbeamte von Ariel der erste war, der in Judäa und Samaria getötet wurde, lehrt uns, dass der Druck seitens der Sicherheit funktioniert und aufrechterhalten werden sollte, insbesondere vor dem Hintergrund der jüngsten Äusserungen Sinwars.

Yoav Limor ist ein erfahrener israelischer Journalist und Kolumnist für Israel Hayom. Übersetzung Audiatur-Online.