Muhammad Majadla, Leiter der Nachrichtenabteilung von Nas Radio, Kommentator von Kanal 12 und wöchentlicher Kolumnist für Globes, berichtete auf Twitter am 3. April 2022 , dass die arabische Koalitionspartei Ra’am (erste arabische Partei die Koalitionspartner einer israelischen Regierung ist, Anm. d. Red.) eine wichtige Rede von Mansour Abbas auf Hebräisch und Arabisch plant. Am zweiten Abend des Ramadan
von Jonathan D. Halevi
Einige Stunden später schrieb Majadla: „Die Rede des Ra’am-Vorsitzenden wird heute Abend wegen interner Unstimmigkeiten über den Inhalt nicht ausgestrahlt werden, obwohl sie bereits aufgezeichnet wurde. Soweit ich weiss, ist die Islamische Bewegung der Meinung, dass Mansour in einigen seiner Äusserungen über die Terrorwelle etwas zu weit gegangen ist, und sie fürchtet sich vor Kritik in der arabischen Öffentlichkeit.“
Der Knessetabgeordnete Mansour Abbas, Vorsitzender der Vereinigten Arabischen Liste (Ra’am-Partei) und stellvertretender Vorsitzender des Südlichen Zweigs der Islamischen Bewegung, verurteilte die Terroranschläge in der zweiten Märzhälfte wie folgt:
Am 22. März: „Ra’am verurteilt den verbrecherischen Anschlag in Be’er Sheva, spricht den Familien der Opfer sein Beileid aus und wünscht den Verletzten eine vollständige Genesung. Die arabischen Bürger des Landes sind gesetzestreu und missbilligen jeden, der Gewalt gegen andere Bürger anwendet. Ra’am ruft alle Bürger auf, das Leben in der Gemeinschaft zu bewahren, Verantwortung zu zeigen und in dieser schweren Stunde einen toleranten Diskurs zu fördern.“
Am 27. März: „Ich verurteile das verabscheuungswürdige Verbrechen in Hadera. Dies ist abscheulicher Daesh-Terror, der nicht die arabische Gesellschaft in Israel repräsentiert, die die Rechtsstaatlichkeit und die Werte der Achtung der Unantastbarkeit des menschlichen Lebens, des gewöhnlichen arabischen und jüdischen Lebens sowie die Werte des Friedens und der Toleranz hochhalten will. Mein Beileid gilt den Familien der Opfer, und ich wünsche den Verletzten baldige Genesung.“
Am 29. März: „In Bnei Brak wurde heute ein schreckliches und bedauernswertes Terrorverbrechen an unschuldigen Zivilisten verübt. Ich nehme Anteil an der Trauer der Familien und wünsche den Verwundeten eine vollständige Genesung. Wir alle stehen zusammen gegen eine mörderische Terrorwelle, wir alle, ohne Unterschied. Die Strassen der israelischen Städte sind voll von arabischen und jüdischen Bürgern, und diejenigen die diese abscheuliche Tötungsaktionen begehen, unterscheiden nicht zwischen Blut und Blut.“
In Interviews mit israelischen Medien wiederholte Abbas seine Botschaft, in der er die Terroranschläge verurteilte.
Gleichzeitig wurden seine Verurteilungen des Terrors im Namen von Ra’am nicht auf den offiziellen Facebook-Seiten von Ra’am, dem Südlichen Zweig der Islamischen Bewegung, den Ra’am in der Knesset vertritt, oder dem Institut für Religionsrecht und Islamische Studien der Islamischen Bewegung gepostet.
Auch der Führer der Islamischen Bewegung Safwat Freij und ihr ehemaliger Führer Hamed Abu Dabas verurteilten den Terror in keiner Weise.
Die Ra’am-Knessetmitglieder Walid Taha und Ayman Khatib verbreiteten die Verurteilung des Terrors durch Abbas nicht im Namen von Ra’am, und das Ra’am-Knessetmitglied Mazen Ghnaim veröffentlichte nur seine Verurteilung des Anschlags in Be’er Sheva vom 22. März.
Analyse und Einschätzung
In israelischen politischen Kreisen herrscht Uneinigkeit über die Aufrichtigkeit der jüngsten Verurteilungen des Terrors durch Mansour Abbas.
Einige sehen darin eine gemässigte und mutige Haltung von Ra’am und der islamischen Bewegung, während andere sie nur als propagandistische Aktion betrachten.
Die Verurteilungen stehen nicht im Einklang mit der konsequenten Unterstützung von Ra’am und der Islamischen Bewegung für die Sicherheitsgefangenen, bei denen es sich zumeist um verurteilte Terroristen handelt. Sie stellen sie als Freiheitskämpfer und Helden dar, und die Islamische Bewegung leitet über ihre Wohltätigkeitsorganisation Hilfsgelder an sie weiter.
Die Tatsache, dass die Verurteilungen fast ausschliesslich von Abbas geäussert wurden, ist wahrscheinlich ein Hinweis auf Meinungsverschiedenheiten zwischen der Führung von Ra’am und der Islamischen Bewegung über die Politik gegenüber den bewaffneten Dschihad-Operationen – oder der „Terrorwelle“.
Indem sie Abbas allein mit der Verurteilung der Anschläge betrauen, wollen Ra’am und die Islamische Bewegung nicht nur davon profitieren, sondern auch ein Lippenbekenntnis zur Partnerschaft in der Regierungskoalition ablegen, ohne von den Führern der Bewegung und insbesondere von ihren Institutionen des religiösen Rechts zu verlangen, offiziell gegen den bewaffneten Dschihad Stellung zu beziehen.
Ganz oben auf der Prioritätenliste von Ra’am stehen immer noch die Vorteile, die sich aus der Zugehörigkeit zur Koalition ergeben – ein grosses Budget für den arabischen Sektor, Einfluss auf die Entwicklungspläne, Anerkennung der Beduinengemeinden im Negev und die Bekämpfung der Kriminalität. Zum jetzigen Zeitpunkt haben sie kein Interesse daran, die Koalition aufzulösen. Sie glauben, dass sie mit den Verurteilungen die Herausforderung für die Stabilität der Koalition, die durch die Sicherheitsvorfälle entstanden ist, überwinden können.
Oberstleutnant a. D. Jonathan D. Halevi ist leitender Forscher für den Nahen Osten und radikalen Islam am Jerusalem Center for Public Affairs. Er ist Mitbegründer der Orient Research Group Ltd.