Französische Politiker machen Schluss mit antizionistischer Provokation

Aktivisten der "Palästina-Solidarität" haben in der Person des französischen Innenministers Gérald Darmanin eine neue Hassfigur gefunden.

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Bei einer unbewilligten pro-palästinensischen Demonstration kommt es am 15. Mai 2021 in Paris zu massiven Ausschreitungen. Foto IMAGO / NurPhoto
Bei einer unbewilligten pro-palästinensischen Demonstration kommt es am 15. Mai 2021 in Paris zu massiven Ausschreitungen. Foto IMAGO / NurPhoto
Lesezeit: 5 Minuten

Der französische Innenministers Gérald Darmanin kündigte kürzlich die Auflösung von zwei palästinensischen Solidaritätsorganisationen an: dem Comité Action Palestine (Palästina-Aktionskomitee) und dem Collectif Palestine Vaincra (Kollektiv Palästina wird siegen), mit der Begründung, beide Gruppen würden Hass, Gewalt und Diskriminierung fördern. Seine Entscheidung empörte die lautstarke pro-palästinensische Lobby in Frankreich. Sie warnten, dass die vom Innenminister unberücksichtigten antizionistischen Hardliner-Gruppen wie BDS France, Samidoun und die Association France Palestine Solidarité als nächstes in die Schusslinie geraten könnten. Auf einer Demonstration in der Stadt Toulouse, um gegen die Ankündigung zu protestieren, prangerten die Teilnehmer Darmanin für seine “autoritäre” Haltung an.

von Ben Cohen

Aus der Sicht dieser Aktivisten ist es leicht zu verstehen, warum Darmanin sich diesen Ruf erworben hat. Im Laufe des letzten Jahres, als Frankreich mehr als 550 antisemitische Übergriffe und Attacken verzeichnete, nutzte er neu verabschiedete Gesetze, um gegen den islamistischen Einfluss in den verschiedenen muslimischen Gemeinden Frankreichs in die Offensive zu gehen. Ende Dezember liess Darmanin die Bilal-Moschee in Beauvais, einem Vorort von Paris, schliessen, “weil sie in inakzeptabler Weise gegen Christen, Homosexuelle und Juden hetzt”. Zwanzig weitere Moscheen wurden auf der Grundlage derselben Gesetzgebung aus ähnlichen Gründen geschlossen.

Im vergangenen Mai wies Darmanin die Pariser Polizei an, anlässlich der Kämpfe zwischen Israel und der Hamas in Gaza einen Solidaritätsmarsch für die Palästinenser zu verbieten. Die Demonstration sollte im Stadtteil Barbès im Norden von Paris stattfinden – demselben Stadtteil, in dem eine pro-palästinensische Demonstration während des Gaza-Kriegs 2014 in antisemitische Ausschreitungen ausartete.

“Im Jahr 2014 kam es zu schweren Störungen der öffentlichen Ordnung”, erklärte Darmanin auf die Frage nach dem Grund für das Verbot im vergangenen Mai. Ausserdem forderte er die Polizeikräfte in ganz Frankreich auf, angesichts der pro-palästinensischen Demonstrationen “wachsam” zu bleiben. Dabei machte er deutlich, dass die Organisationen und Einzelpersonen, die diese Proteste organisieren, zu Hassreden und Gewalt bereit sind.

Darmanins Ansatz beruht jedoch nicht nur auf der Befürchtung, dass pro-palästinensische Demonstrationen zu Störungen der öffentlichen Ordnung führen – eine Befürchtung, die berechtigt erscheint, wenn man sich an die Welle antisemitischer Gewalt erinnert, die die Proteste in den Vereinigten Staaten, Europa und der ganzen Welt im Mai 2021 begleitete. Sie kann auch als das konkreteste Beispiel für einen wichtigen Wandel in der Denkweise der französischen Regierung angesehen werden.

In verschiedenen Reden und Erklärungen der letzten zwei Jahre haben eine Reihe französischer Politiker – von Präsident Emmanuel Macron abwärts – die antizionistische Ideologie und ihre weitgehende Verzahnung mit antisemitischen Vorurteilen als politisches Problem bezeichnet. Dies beruht zum Teil auf innenpolitischen Erwägungen, da sich im französischen Kontext erbitterte Feindseligkeit gegenüber Israel mit antisemitischen Überzeugungen über jüdischen Reichtum bis zu dem Punkt vermischt, an dem das eine mit dem anderen Hand in Hand geht. Inzwischen haben jedoch einige französische Politiker endlich begriffen, dass die von den Antizionisten am meisten gehegten Überzeugungen – dass Israel ein Apartheidstaat ist, dass der Zionismus eine Form von Rassismus und Kolonialismus ist, dass Israel kein Existenzrecht hat – den Judenhass schüren.

In einer Rede beim jährlichen Abendessen des französisch-jüdischen Dachverbands Crif Ende Februar nahm Premierminister Jean Castex ausdrücklich Stellung zu derartigen Thesen. “Wie kann man es wagen, von Apartheid zu sprechen in einem Staat, in dem arabische Bürger in der Regierung, im Parlament, in Führungspositionen und in verantwortlichen Positionen vertreten sind, in dem alle Bürger, unabhängig von ihrer Religion, verstanden haben, dass ihre einzige Hoffnung der gemeinsame Frieden ist”, erklärte er in Anspielung auf den jüngsten Bericht von Amnesty International, der Israel als Reinkarnation des rassistischen Regimes darstellt, das Südafrika bis 1994 regierte.

Für die beiden von Darmanin aufgelösten Gruppen ist der Gedanke, dass Israel ein Apartheidstaat ist, jedoch unabdingbar für ihre Kampagnen. Ebenso wird der Antizionismus als ein Zeichen des Stolzes getragen. “Wir sind Antizionisten und wollen die Befreiung Palästinas”, erklärte das Palästina-Aktionskomitee in einer Antwort auf Darmanins Ankündigung. “Palästina ist ein Land, das den Palästinensern gestohlen wurde, und es muss den Palästinensern zurückgegeben werden. Seit 1948 wollen die Zionisten immer mehr Land annektieren, indem sie die Palästinenser vertreiben, inhaftieren und massakrieren.”

Es gab eine Zeit, in der solche Aussagen von französischen Politikern ernst genommen wurden, aber das ist heute weniger der Fall. In der Tat ist die Ungeduld mit dem antizionistischen Denken und seiner sozial spaltenden Wirkung nicht nur auf gewählte französische Amtsträger beschränkt. Im vergangenen Dezember legte sich Jack Lang – ein ehemaliger Bildungsminister, der das renommierte Institut du Monde Arabe (IMA: Institut der arabischen Welt) in Paris leitet – mit einer Gruppe antizionistischer Akademiker und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens an, die wütend darüber waren, dass das Institut eine Ausstellung über “Juden des Orients” beherbergte, die im November von Macron eröffnet wurde.

Dass dem Antizionismus in französischen Kreisen die intellektuelle und moralische Legitimation entzogen wird, ist eine höchst willkommene Entwicklung. Weit entfernt von ihrer rosigen Selbstdarstellung als Menschenrechtskampagne wurde die pro-palästinensische Lobby als Verfechterin von Hassreden und Gewalt entlarvt, die den Terrorismus gegen Israelis verherrlicht und antisemitische Ausschreitungen, die sich gegen Juden in der Diaspora richten, als Folge legitimer muslimischer Missstände rationalisiert.

Die Tatsache, dass sich ausgerechnet in Frankreich ein Verständnis des Antizionismus als hasserfüllte Ideologie herausgebildet hat – das im vergangenen Jahr den Mörder der Jüdin Sarah Halimi aufgrund einer angeblich durch seine Cannabisabhängigkeit verursachten Geisteskrankheit von einem Strafverfahren freisprach -, könnte manche zu dem Schluss verleiten, dass dies eine Art Sühne für die Torturen ist, denen französische Juden in den letzten 20 Jahren ausgesetzt waren. Wenn dies jedoch Politiker in anderen Ländern dazu veranlasst, ihre Ansichten über den Antizionismus im gleichen Sinne zu revidieren, dann ist das ein bedeutender Fortschritt.

Ben Cohen ist ein in New York City ansässiger Journalist und Autor. Auf Englisch zuerst erschienen bei Jewish News Syndicate. Übersetzung leicht gekürzter Fassung, Audiatur-Online.

1 Kommentar

  1. Mit Gérald Darmanin hat sich in Frankreich doch noch jemand gefunden, der die einzig richtige Antwort auf die „Aktionen“ der islamistischen Kräfte kennt und diese anscheinend auch tatsächlich umsetzt.

    Das ist für die demokratischen Gesellschaften ein gutes Zeichen. Nachgeben ist sowohl in Frankreich als auch im Fall der Ukraine eine Einladung zu noch mehr Terror bzw. noch mehr Barbarei.

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