Das Gedenken an den Holocaust und den Krieg in der Ukraine auseinanderhalten

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Das Babyn Yar Denkmal in Kiew, Ukraine. Foto IMAGO / ZUMA Wire
Das Babyn Yar Denkmal in Kiew, Ukraine. Foto IMAGO / ZUMA Wire
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Im Januar 2020 fand in Jerusalem die fünfte Konferenz des Welt-Holocaust-Forums statt. Die Konferenz stand im Zeichen des 75. Jahrestags der Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz, das zum Symbol des Holocausts wurde, und des Internationalen Holocaust-Gedenktags. An der Konferenz nahmen Dutzende hochrangiger Politiker aus der ganzen Welt teil, darunter der russische Präsident Wladimir Putin und der ukrainische Präsident Wolodymyr Zelenski.

von Udi Dekel

In einer Rede auf dem Forum anlässlich einer Zeremonie in Yad Vashem, (der bedeutendsten Gedenkstätte, die an die nationalsozialistische Judenvernichtung erinnert, Anm.d.Red.) sagte Präsident Putin, die „Endlösung der Judenfrage ist eine der dunkelsten Kapitel der modernen Geschichte. Dieses Verbrechen hatte auch Kollaborateure: Nazi-Helfer, die oft grausamer waren als die Nazis selbst. In den Konzentrationslagern arbeiteten nicht nur die Nazis, sondern auch ihre Helfer aus anderen Ländern Europas.“

Bereits mit diesen Worten spielte Putin auf die Ukraine an, die in der russischen Darstellung als führender Kollaborateur mit Nazi-Deutschland angesehen wird. Putin fügte hinzu, dass „es das sowjetische Volk ist, das den bösartigen Plänen der Nazis ein Ende gesetzt hat….Es hat sowohl das Vaterland verteidigt als auch Europa die Befreiung gebracht. Wir haben einen hohen Tribut gezahlt“ (während des Krieges bezahlten etwa 27 Millionen Russen, Zivilisten und Soldaten, mit ihrem Leben). Im Gegensatz dazu entschied sich Präsident Zelensky, nicht an der Veranstaltung in Yad Vashem teilzunehmen und besuchte stattdessen als Jude die Klagemauer. Er behauptet, er habe dadurch weiteren Holocaust-Überlebenden die Teilnahme ermöglicht, beklagte sich aber in Wirklichkeit darüber, dass Putin als Redner für die Zeremonie ausgewählt worden sei und er selbst keine angemessene Bühne für seine Rede erhalten habe.

Dieser Vorfall war angesichts der jüngsten Eskalation der Spannungen zwischen Russland und der Ukraine symbolisch. Die Rivalität zwischen den beiden Ländern manifestiert sich in gegensätzlichen strategischen Interessen – politischen, sicherheitspolitischen und territorialen -, die mit gegensätzlichen Interpretationen und Erzählungen über die Geschichte und die Beziehungen zwischen den Ländern verflochten sind.

Der Ukraine und anderen osteuropäischen Ländern, insbesondere jenen, die sich für einen Beitritt zur Europäischen Union und zur NATO entschieden haben, wirft Russland vor, die Geschichte umzuschreiben und die bedeutende Rolle Russlands nicht anzuerkennen, das als Sowjetunion im Grossen Vaterländischen Krieg die Welt vor dem Dritten Reich gerettet und dafür den höchsten Preis bezahlt hat. Dies ist auch der Hintergrund für die politischen und sicherheitspolitischen Ansprüche Russlands und die Forderung, seinen besonderen Status als führende Weltmacht auch heute, trotz der Auflösung der Sowjetunion, anzuerkennen.

Vor dem Hintergrund des blutigen Krieges in der Ukraine schwenkt Russland die Freiheitsfahne, damit Kiew von den Nationalisten befreit werden könne, die angeblich Neonazis sind und für den „Völkermord“ in den östlichen Teilen des Landes verantwortlich sind, die von einer grossen russischen Minderheit bewohnt werden. Zuvor hatte Russland der ukrainischen Führung vorgeworfen, sich seit der Krise von 2014 und der Übernahme der Halbinsel Krim durch Russland auf ultranationalistische, antisemitische und neonazistische Kräfte zu stützen – Nachfahren ukrainischer Kollaborateure mit Nazideutschland.

Auch die ukrainische Seite ist nicht unschuldig daran, den Holocaust zu benutzen, um die Erwartung einer einseitigen Unterstützung durch Israel zu rechtfertigen. Der ukrainische Botschafter in Israel, Iwan Kornitschuk, sagte in Bezug auf die Enttäuschung Kiews über Israels Beschränkungen bei der Aufnahme von Flüchtlingen aus seinem Land: „Wir glauben, dass Sie sich alle an den Zweiten Weltkrieg erinnern, als die Ukrainer halfen, Juden zu retten“. Der Botschafter vergass jedoch darauf hinzuweisen, dass abgesehen von einigen wenigen Gerechten unter den Völkern viele Ukrainer die Juden im Holocaust verfolgten, sie an die Nazis verrieten und sie sogar mit eigenen Händen ermordeten. Und als Reaktion auf einen russischen Angriff auf den Kiewer Fernmeldeturm am 1. März, bei dem auch das Gelände um das Mahnmal zum Gedenken an die Ermordung von 33.771 Juden im September 1941 durch Nazi-Deutschland in Babi Yar beschädigt wurde, sagte Zelenski: „Was nützt es, 80 Jahre lang zu sagen ’nie wieder‘, wenn die Welt weiterhin schweigt, wenn eine Bombe auf denselben Ort wie Babi Yar fällt? Die Geschichte wiederholt sich“.

Der Holocaust war ein historisch noch nie dagewesenes Ereignis. Es bleibt zu hoffen, dass sich ein solcher systematischer Völkermord, der auf Rassismus und abgrundtiefem Hass beruht, nicht wiederholt. Um den singulären Status des Holocausts zu bewahren, muss man sich von jeglicher politischen Verwendung des Holocausts fernhalten und ihn ausschliesslich als warnendes Mahnmal hervorheben. Das Gleiche gilt für die Verwendung von Holocaust-Motiven durch israelische Politiker. Dies ist nicht die Zeit für historische Berechnungen, schon gar nicht, um Putins aggressive Schritte zu rechtfertigen oder mit den Bürgern der Ukraine abzurechnen, die heute Opfer, Flüchtlinge und Verfolgte sind, auch wenn einige von ihnen Nachkommen von Kollaborateuren mit Nazideutschland bei der Ermordung des jüdischen Volkes sind.

Udi Dekel ist geschäftsführender Direktor des Instituts für nationale Sicherheitsstudien (INSS). Brigadegeneral (a.D.) Dekel bekleidete zahlreiche hochrangige IDF-Positionen in den Bereichen Geheimdienst, internationale militärische Zusammenarbeit und strategische Planung. Übersetzung Audiatur-Online.

2 Kommentare

  1. Zum wiederholten Male stelle ich fest, dass Sie den Artikel erst gar nicht gelesen haben. Es geht Ihnen nur darum, Ihren wirren Propagandamüll abzusondern.

  2. Auch wenn ich den Einmarsch Russlands für einen Fehler halte, so hat Putin Recht. Die OUN waren ukrainische Faschisten, sie haben unabhängig von der Wehrmacht Zehntausende Russen, Juden und orthodoxe Christen ermordet. Es gab die eiserne Legion aus Georgien, es gab die SS Regimenter der Ukraine, Lettland, Litauen und Rumänien. Es gab rechtskonservative Polen, die fleißig kollaboriert haben und ohne alle diese Faschisten und rechtskonservativen Gruppen wäre das Nazi Regime in Osteuropa gar nicht möglich gewesen. Das asow Regiment sind Faschisten, die sowohl Geldgeber bei den ukrainischen Oligarchen und Parteien haben, es gibt Unterstützung aus der Nato und nicht zu knapp. Und der Grund sind natürlich der Donbass, die Ölteppiche und Sewastopol. Nun die Nato hat schon die Taliban erfunden und jetzt,cda sie sie nicht mehr brauchen, können sie ruhig alle Frauen und Mädchen einsperren, misshandeln, vergewaltigen. Das asow Regiment steht bei Charkow und wird Pogrome durchführen an Roma und vor allem Juden. Selensky sollte das Land verlassen sonst muss er damit rechnen dass diese rechtsradikalen auch ihn ermorden. Der Nato ist das egal. Die wollen das Öl und den Stahl des Donbass. Und Russland.

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