Bericht: Zunahme antisemitischer Vorfälle in der Schweiz während der Pandemie

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Foto Screenshot Antisemitismusbericht 2021, SIG / GRA
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Der Antisemitismusbericht 2021 des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes (SIG) und der Stiftung gegen Rassimus und Antisemitismus (GRA) zeigt: die Corona-Pandemie hat nicht nur zu einer starken Polarisierung der Gesellschaft geführt hat, sondern zu einer Zunahme des Antisemitismus.

Seit Corona haben antisemitische Verschwörungstheorien im Internet gemäss dem neusten Bericht stark zugenommen. Im Zusammenhang mit den gesellschaftlichen Gräben und Zerwürfnissen zwischen Covid-Massnahmen-Befürwortern und Kritikern war das Jahr 2021 ausserdem geprägt durch antisemitische Vorfälle wie den Angriffen auf die Synagogen in Genf, Lausanne und Biel zu Beginn des Jahres. Darüber hinaus wurden 23 antisemitische Zusendungen, 6 Beschimpfungen und 7 öffentlich getätigte Aussagen registriert. Im Jahresvergleich entspricht dies einer Zunahme der Vorfälle um 6 bis Prozent.

Im Onlinebereich ist die Zunahme deutlich grösser. Es wurden 806 Vorfälle erfasst. Im Vergleich dazu waren es im Jahr 2020 „lediglich“ 485 Vorfälle. Das entspricht einer Zunahme um 66 Prozent. Gesamthaft wurden in der realen Welt und im Onlinebereich 1‘859 gemeldete und beobachtete Vorfälle verzeichnet. Allein auf der Plattform „Telegram“ wurden 451 antisemitische Vorfälle gemeldet.

Foto Screenshot Antisemitismusbericht 2021, SIG / GRA

Die in der Szene der Coronamassnahmen-Gegnerschaft häufig beobachteten Vergleiche zum nationalsozialistischen Regime sowie zur Verfolgung und Ermordung der jüdischen Bevölkerung während der Schoah bilden ein ernstzunehmendes Problem. Dies ist sowohl online wie auch an Demonstrationen zu beobachten. Bekanntestes Beispiel sind zur Schau getragene «Judensterne». Die Vergleiche können nach der Antisemitismusdefinition der International Holocaust Remembrance Alliance IHRA aber nicht per se als antisemitisch klassiert und damit auch nicht der Kategorie «Schoahbanalisierung» zugeteilt werden. Obwohl die Vergleiche in diesem Kontext nicht per se antisemitisch sind, führen sie in ihrer Menge, ihrer Häufigkeit und ihrer Verbreitung zu einer Abschwächung der Wahrnehmung der damaligen Ereignisse und somit zu einer gewissen Verharmlosung.

Gemäss SIG und GRA ist es dringend nötig, einem weiteren Erstarken antisemitischer Haltungen in der Schweiz vorzubeugen. So beinhaltet der Antisemitismus-Bericht neu auch Empfehlungen und Forderungen, etwa nach mehr Investitionen in Bildungsmassnahmen gegen Verschwörungstheorien oder nach mehr staatlicher Unterstützung für Präventionsprojekte. Vorschlagen werden auch ein staatliches Engagement beim Monitoring von Antisemitismus und Rassismus sowie eine Prüfung der rechtlichen Mittel zur Erfassung von Hassrede.

Download Bericht: Antisemitismusbericht 2021

Über Giuseppe Gracia

Giuseppe Gracia (54) ist Schriftsteller und Kommunikationsberater und Mitglied im Stiftungsrat der Audiatur-Stiftung. Sein neuer Roman «Auschlöschung» (Fontis Verlag, 2024) handelt von Islamisten, die einen Kulturanlass in Berlin stürmen und den Terror live ins Internet streamen.

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