Historischer Monat für Nahost: Wirtschaft als Basis für Frieden

Ministerpräsident Bennett Staatsgast in Manama/Bahrain

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Bei einem historischen ersten offiziellen Besuch eines israelischen Premierministers in Bahrain trifft Premierminister Naftali Bennett den König von Bahrain, Hamad Bin Isa Al Chalifa. Foto IMAGO / ZUMA Wire
Bei einem historischen ersten offiziellen Besuch eines israelischen Premierministers in Bahrain trifft Premierminister Naftali Bennett den König von Bahrain, Hamad Bin Isa Al Chalifa. Foto IMAGO / ZUMA Wire
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Die Ehre, die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) und Bahrain im Februar 2022 Israel hat zuteilwerden lassen, ist kein Zeichen von Zuneigung. Es dokumentiert, dass die stolzen arabischen Scheichs und Könige ihre ureigenen Interessen vertreten, die sich offensichtlich am besten gemeinsam mit Jerusalem verwirklichen lassen. Historiker werden vom Februar 2022 berichten: Wirtschaft als Basis für Frieden.

Zuerst besuchte Israels Staatspräsident Isaak Herzog das Emirat Abu Dhabi, Israels Verteidigungsminister Benny Gantz unterzeichnete kurz darauf einen militärischen Kooperationsvertrag in Bahrain und jetzt empfing König Hamad bin Isa al-Khalifa Israels Ministerpräsident Naftali Bennett. Unterzeichnet wurde ein Zehn-Jahres-Vertrag. Arabische Militärkapellen intonieren die israelische Nationalhymne Hatikva, zu deutsch Zukunft – die Zukunft wird gemeinsam gestaltet.

Emotionen spielen in der Politik eine untergeordnete Rolle. Juden und Muslime sind beide Kinder Abrahams wie es in der Bibel dokumentiert ist. Scheichs, Könige und Ministerpräsidenten vertreten in erster Linie aktuelle Interessen zum Überleben von Millionen ihrer Untertanen und Bürger. Die Smarten unter ihnen haben längst erkannt, dass ohne Israel im Nahen Osten nichts geht, mit Israel fast alles. Öl- und Gasvorkommen sind endlich, Wissen ist grenzenlos. In der Übergangszeit beflügelt der arabische Dollarsegen israelisches know-how. Zum Nutzen beider Seiten. Die arabischen Unterzeichner der Abraham Accords haben die Erfolgsgeschichte Israels auf ihren Schreibtischen: 1948 Bruttosozialprodukt 9 Millionen US-Dollar, heute 400 Milliarden US-Dollar. Das alles bis vor kurzem selbst kreiert fast ohne eigene Rohstoffe.

Jetzt kommt hinzu: Israel fördert täglich 1,7 Milliarden Kubikfuss Gas aus den Offshore-Quellen Leviathan und Tamar. Und das ist erst der Anfang. Damit deckt Israel schon heute 70 Prozent des eigenen Energie-Bedarfs und exportiert für 20 Milliarden bzw. 10 Milliarden US-Dollar nach Kairo und Amman in den nächsten 15 Jahren. Die Mengen reichen für vorerst 40 Jahre. Mit Zypern und Griechenland sind Verträge unterzeichnet gemeinsam im östlichen Mittelmeer nach mehr Gas zu bohren und Pipelines in Richtung Europa zu bauen. Angesichts der Entwicklung des Gaspreises innerhalb eines Jahres von 25 über 180 auf jetzt 80 US-Dollar pro Megawattstunde ein profitables Unterfangen.

Herumgesprochen hat sich inzwischen auch, dass Israel ein Weltzentrum für Künstliche Intelligenz, Foodtech, Medtech, Cyber-Security und leistungsstarke Computer-Chips ist. Jüngster Beweis: Intel, einer der grössten Chip-Hersteller weltweit kauft gerade den israelischen Mini-Konkurrenten TOWER für 5,4 Milliarden US-Dollar. Intels Vorstand verkündete kürzlich: über 50 Prozent unseres Gesamt-Umsatzes von immerhin fast 80 Milliarden US-Dollar, machen wir mit Algorithmen, die im Grossraum Tel Aviv entwickelt werden.

Der tiefere Grund dafür, dass VAE und Bahrain Israel mit offenen Armen empfangen, liegt in einer angestrebten Pipeline und Eisenbahnstrecke von den Golfstaaten mit der Zustimmung Saudi-Arabiens über den israelischen Hafen, Haifa, ans Mittelmeer und nach Europa. Zufällig erweitert China bereits mit Krediten zu günstigen Konditionen und Gastarbeitern aus dem Land der Mitte Israels grössten Wirtschafts-Hafen. Unsicher war lange die Rolle Jordaniens. Mit dem kürzlich unterzeichneten Gas-Liefervertrag zwischen Jerusalem und Amman ist auch diese Hürde genommen. Der Trinkwasser-Liefervertrag aus israelischen Meerwasser-Entsalzungsanlagen tut ein Übriges.

Selbst der notorische Israel-Hasser der letzten 12 Jahre, der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan, freut sich urplötzlich auf den Besuch des israelischen Staatspräsidenten Mitte März in Ankara. Da will einer einen Zug nicht verpassen, der bereits Tempo aufgenommen hat. Nicht nur der geübte Nahost-Experte muss erkennen, dass einstige Feinde Israels, die Jahrzehntelang dem Judenstaat die Pest an den Hals gewünscht haben, jetzt diesen Staat mit Milliarden US-Dollar langfristig finanzieren. Ohne es zu wollen oder gar geplant zu haben, kompensieren sie die materiellen Schäden, die sie in den grossen Kriegen 1948, 1956, 1967 und 1973 verursacht haben. Je instabiler sie heute sind und bleiben desto abhängiger sind und bleiben sie von den israelischen Gaslieferungen, die schon allein wegen des Bevölkerungswachstums steigen werden.

Die arabische Propaganda wollte die Juden Israels seit der Staatsgründung 1948 ins Meer werfen. Dort befindet sich Israel heute, aber anders als die arabischen Nachbarn es sich wünschten. Die Gasfunde werden den „zionistischen Judenstaat“ in naher Zukunft zu den 20 reichsten Ländern der Welt machen (derzeit unter den 30 Reichsten) und die wirtschaftliche Bindung an die arabischen Nachbarn langfristig festzurren.

Ach ja, da gibt es doch noch einen „Palästina-Konflikt“ und die „Zwei-Staaten-Lösung“. Davon war bei den Besuchen in Abu Dhabi und Manama im Februar 2022 keine Rede.

PorträtGodelsommer20

Über Godel Rosenberg

Journalist, Autor, High­techunternehmer. Godel Rosenberg war Pressesprecher der CSU und von Franz Josef Strauß, Fernsehjournalist, TV­-Moderator und Repräsen­tant des Daimler­-Konzerns in Israel. Von 2009 bis 2018 war Godel Rosenberg der Repräsentant Bayerns in Israel.

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