Die beiden palästinensischen Gruppierungen – Fatah und Hamas -, die die palästinensische Gesellschaft dominieren, sind seit jeher zerstritten. Die Hamas setzt sich öffentlich für die Zerstörung Israels ein und nutzt offen den Terror als Mittel, um ihr Ziel zu erreichen. Die Fatah übt sich in politischem Pragmatismus. Gegenüber der internationalen Gemeinschaft behauptet die Fatah, den Terror abgelehnt zu haben, während sie gegenüber ihrer eigenen Bevölkerung Terroristen ehrt, sie finanziell belohnt und die Ermordung von Israelis feiert. Gegenüber der internationalen Gemeinschaft behauptet die Fatah, die Existenz Israels akzeptiert zu haben, doch gegenüber ihren eigenen Leuten und Kindern erinnert sie sie regelmässig daran, dass ihr Ziel die Vernichtung Israels ist.
von Maurice Hirsch, Palestinian Media Watch
Wenn Menschen und Organisationen zur „palästinensischen Versöhnung“ aufrufen, sagen sie damit in Wirklichkeit, dass auch wenn die Hamas offen die Zerstörung Israels anstrebt und mit ihrem mörderischen Terror prahlt, dies sie nicht daran hindern sollte, ein legitimer Partner innerhalb der Palästinensischen Autonomiebehörde zu sein und damit die Tür für ihre Anerkennung als politischer Akteur innerhalb der internationalen Gemeinschaft zu öffnen.
Es ist zwar bekannt, dass die international als Terrororganisation eingestufte Hamas den Gazastreifen kontrolliert, weniger bekannt ist jedoch die Tatsache, dass die Organisation in Judäa und Samaria bzw. im „Westjordanland“, wo ihre Terroristen jedes Jahr zahlreiche Terroranschläge verüben, grosse Unterstützung in der Bevölkerung geniesst. Um ihren Terror zu feiern und das neue Jahr zu begehen, veröffentlichte die Hamas ein Flugblatt, in dem sie sich mit der Zahl der Terroranschläge rühmte, die die Organisation im Jahr 2021 in Judäa und Samaria durchgeführt hat.
Dem Flugblatt zufolge haben Hamas-Terroristen im Jahr 2021 „viermal“ so viele Terroranschläge verübt wie im Jahr 2020. Von den 10.850 „Widerstandsoperationen“ – dem palästinensischen Begriff für Terrorakte – waren 441 „Qualitätsoperationen“, darunter offenbar „191 Schiessereien“, „62 Messerstechereien und Rammattacken mit Autos“ und „55 [Vorfälle], bei denen Sprengstoff platziert und zur Explosion gebracht wurde“. In dem Flugblatt wurde auch darauf hingewiesen, dass Hamas-Terroristen an „4.100 Stein- und Brandbombenwürfen“ und „4.700 Konfrontationen und dem Aufhalten von Siedlern“ beteiligt waren.
Das Flugblatt versucht zwar, eine Symmetrie herzustellen, indem es 4 getötete Terroristen und 4 Israelis sowie 435 verletzte Terroristen und 435 verwundete Israelis gegenüberstellt, aber das falsch. Im Jahr 2021 wurden tatsächlich 16 Israelis und andere Personen von palästinensischen Terroristen ermordet. 13 wurden während der Raketenangriffe der Hamas im Mai 2021 getötet. Unter den Opfern waren der 5-jährige Ido Avigail, die 84-jährige Miriam Arie und 3 in Israel arbeitende Ausländer. Die Zahl der von Hamas-Terroristen verwundeten Israelis ist unklar. Ebenso ist unklar, wie viele Hamas-Terroristen tatsächlich getötet und wie viele verwundet wurden.
Im Gegensatz zur Hamas hat die Fatah keine Einzelheiten über ihre Terroraktivitäten im Jahr 2021 veröffentlicht.
Fatah und Hamas waren zwar schon immer politische Rivalen, doch verschärfte sich die Rivalität ab 2006, als die Hamas die letzten allgemeinen Wahlen in der Palästinensischen Autonomiebehörde gewann. Trotz des Wahlsiegs beschloss der Vorsitzende der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmoud Abbas, die Hamas-Regierung kurz nach deren Bildung abzusetzen. Die Hamas reagierte auf Abbas im Sommer 2007, indem sie die Kontrolle über den Gazastreifen gewaltsam beendete und in einigen Fällen Fatah-Beamte von den Dächern von Gebäuden in den Tod stürzte.
Zahlreiche Versuche, eine „Versöhnung“ zwischen Fatah und Hamas herbeizuführen, sind allesamt gescheitert. Als Abbas erkannte, dass die Hamas die von ihm für Mai 2021 ausgerufenen Parlamentswahlen erneut gewinnen würde, beschloss er einfach, sie abzusagen. Die Hamas reagierte auf die Absage mit dem Beschuss Israels mit 4.500 Raketen und Flugkörpern, die wahllos auf die Zivilbevölkerung Israels abgefeuert wurden.
Die gespaltene palästinensische Führung stellt die internationale Gemeinschaft vor ein Dilemma: Wer spricht eigentlich für die Palästinenser? Ist es die Fatah, die, obwohl sie vor über 15 Jahren abgesetzt wurde, immer noch die Finanzen und Mechanismen der Palästinensischen Autonomiebehörde kontrolliert und die tatsächliche Kontrolle über die Gebiete der Palästinensischen Autonomiebehörde in Judäa und Samaria innehat? Oder ist es die Hamas, die die Wahlen 2006 gewonnen hat und die Kontrolle über den Gazastreifen ausübt?
Es ist schockierend, dass viele internationale Akteure wie zum Beispiel der Hohe Vertreter/Vizepräsident der EU, Josep Borrell, statt die Hamas aufzufordern, den Terror zu unterlassen und die Palästinensische Autonomiebehörde aufzufordern dem Hamas-Terror wirksam entgegenzutreten, lieber betonen, „dass die palästinensischen Gruppierungen ihre ernsthaften Bemühungen um eine innerpalästinensische Aussöhnung wieder aufnehmen müssen.“
Wenn Borell und viele andere wie er zur palästinensischen „Versöhnung“ aufrufen, sagen sie in Wirklichkeit, dass die Hamas – eine international anerkannte mörderische Terrororganisation, die offen zur Zerstörung Israels aufruft und täglich Terror anwendet – ein legitimer Akteur innerhalb der palästinensischen Gesellschaft und der internationalen Gemeinschaft ist.
Wenn wichtigen internationalen Akteuren nicht nur die moralische Kraft fehlt, den Terror zu verurteilen, sondern sie aktiv die Aufnahme palästinensischer Terroristen in die palästinensische Führung fördern, tragen sie nicht zum Frieden bei. Vielmehr fördern sie den Hass, legitimieren den Terror und garantieren die Fortsetzung des Konflikts.