Das Internationale Auschwitz-Komitee fordert von der FU Berlin eine konsequente Aufklärung ihrer NS-Vergangenheit. „Für Auschwitz-Überlebende ist es mehr als deutlich, dass sich auf dem Gelände der Freien Universität in Berlin ein Tatort des Holocaust befindet“, erklärte Exekutiv-Vizepräsident Christoph Heubner am Mittwoch in Berlin.
2014 waren auf FU-Gelände in Berlin-Dahlem menschliche Überreste gefunden worden, die nach Einschätzung von Historikern und Archäologen auf eine Zusammenarbeit zwischen dem Auschwitz-Arzt Josef Mengele und dem Rassenhygieniker Otmar von Verschuer am damaligen Kaiser-Wilhelm-Institut für menschliche Erblehre, Anthropologie und Eugenik (KWIA) verweisen. Das Institut lag damals auf dem fraglichen Gelände der FU.
Mengele untersuchte in Auschwitz jüdische Männer, Frauen und Kinder, tötete sie und liess die ihnen entnommenen menschlichen Präparate zu „Forschungszwecken“ ins KWIA verbringen.
Es sei daher „offensichtlich, dass sich auf dem besagten Gelände weitere Körperreste von jüdischen Menschen befinden müssen, die mit aller grösster Wahrscheinlichkeit in Auschwitz einem bis heute nicht verjährten Verbrechen zum Opfer gefallen sind“, so Heubner weiter. Er forderte die Universitätsleitung auf, endlich weitere Grabungen zu veranlassen. Für Auschwitz-Überlebende sei „es unerträglich, dass Körperteile ihrer Angehörigen immer noch in Berlin verscharrt sind oder in unsäglicher und menschenunwürdiger Weise entsorgt werden.“
Der Historiker Götz Aly hatte am Wochenende in der „Berliner Zeitung“ den Regierenden Bürgermeister und Wissenschaftssenator Michael Müller (SPD) sowie Kultursenator Klaus Lederer (Linke) zum Handeln aufgefordert. „Da die Spitze der Freien Universität seit Jahren mauert, die Ergebnisse und Empfehlungen ihrer Archäologen mit aberwitzigen Argumenten beiseite wischt, die Aufklärung erst verhindert hat und dann hemmungslos auf Zeit und Vergessen spielt, ist nunmehr die Politik gefordert“, so Aly.
Er verwies auf einen Bericht der Archäologin Susan Pollock, die bei Grabungen auf dem Gelände im Jahr 2015 weitere Knochenfunde von Menschen unterschiedlichen Alters gemacht hatte. „Man wird wohl davon auszugehen haben, dass überall im Umkreis des KWIA noch Knochengruben der 2014 und 2015 festgestellten Art zu finden sein könnten“, so die Archäologin.
KNA/nsc/kws/rno