Ich werde nicht abseits stehen

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Luke Moon. Foto Twitter / @lukemoon1
Luke Moon. Foto Twitter / @lukemoon1
Lesezeit: 4 Minuten

Als ich kürzlich allein gegenüber 100 pro-palästinensischen Aktivisten in Teaneck, im US-Bundesstaat New Jersey, stand, lief eine Passage aus dem Buch Obadja immer wieder in meinem Kopf ab. «An jenem Tag, als du dabeistandest, an dem Tag, da Fremde sein Hab und Gut wegführten und Ausländer zu seinen Toren einzogen und das Los über Jerusalem warfen, da warst du auch wie einer von ihnen!»

von Luke Moon

Die Aktivisten hatten sich auf dem Gelände des Gemeindehauses versammelt, um sich mit ihren Verwandten in Gaza und im Westjordanland zu solidarisieren. Der Zeitpunkt für die Versammlung war auf Samstagnachmittag festgelegt, als viele Juden von Teaneck ihre Sabbatruhe genossen. Nachdem ich miterlebt hatte, wie aus solchen Versammlungen randalierende Banden von Palästinensern entstanden, die Juden belästigten, entschied ich mich, nach Teaneck zu gehen, um an der Seite der Juden zu stehen.

Als Christ ist meine Bereitschaft, allein für Israel einzutreten – ein Narr genannt, verspottet und ausgelacht zu werden – in meiner Interpretation der Bibel verwurzelt. Ich empfinde Passagen wie die aus Obadja als eine Warnung für meine Mitchristen, nicht wie die Edomiter zu sein. Diese Passage ist nicht die einzige Warnung vor einer gefühllosen Gleichgültigkeit gegenüber Israel und den Juden. Das Neue Testament beschreibt Nichtjuden als Gläubige, die wie ein wilder Oliventrieb sind, der in die Wurzel des Ölbaums in Israel eingepfropft ist. In seiner Warnung vor Hochmut stellt der Schreiber fest: “Nicht du stützt die Wurzel, sondern die Wurzel stützt dich.”

Diese Textstelle und andere prägen meine christliche Theologie, in der Israel und das jüdische Volk der Schlüssel zu Gottes Erlösungsplan für die Menschheit sind. Ich weiss, dass die meisten Juden, und auch viele Christen, die besondere Verbindung zwischen Christen und Juden nicht verstehen oder unterstützen. Es gibt eine lange Geschichte der Feindseligkeit zwischen Christen und Juden, die nicht durch ein paar freundliche Taten überwunden werden kann.

Dennoch ist der Wandel bei der Unterstützung Israels durch die Christen in den letzten 70 Jahren – zeitlich abgestimmt auf die Gründung des heutigen Israel – bemerkenswert.

Die Mehrheit der Christen in der Welt unterstützt Israel nicht aus theologischen Gründen, aber sie tun es trotzdem. Für diese Unterstützer ist die Motivation historisch. Diese Christen lesen ihre Bibel und sehen die offensichtliche Verbindung zwischen Juden und dem Land Israel. Sie glauben, dass diese Verbindung immer noch besteht. Sie glauben jedoch nicht, dass die Juden oder das Land in irgendeiner Weise besonders sind. Für diese Christen sind Israel und die Juden dasselbe wie die Fidschi-Inseln und die Fidschianer. Sie sind ein besonderes Volk, aber nicht besonders speziell.

Meine Haltung zu Israel und den Juden ist zutiefst persönlich – eine Kombination aus Theologie, Geschichte, Erfahrungen und Beziehungen, die ich in den letzten Jahren entwickelt habe.

Ich kann mich lebhaft an mein erstes Schabbat-Essen bei einer orthodoxen jüdischen Familie in Jerusalem erinnern. Der Tisch war mit Gläsern für Wein und einem Laib Brot gedeckt, bereit, gebrochen und geteilt zu werden. Das Brot und der Wein waren mir vertraut, aber ich war nicht darauf vorbereitet, dass der Gastgeber und die Familie Sprüche 31 für seine Frau singen würden. Ich war auch nicht darauf vorbereitet, zu sehen, wie der Vater jedem Kind, einem nach dem anderen, die Hände auf den Kopf legte, während er einen Segen über sie betete, wie es Abraham und Isaak getan hatten. In diesem Moment, mit Tränen in den Augen, wurde ich Zeuge, wie das alte und das moderne Israel ineinander verschmolzen.

Die Anti-Israel-Aktivisten innerhalb oder ausserhalb der Kirchen versuchen, einen Keil zwischen die Israeliten der Bibel und die Israeliten von heute zu treiben. Ich habe die Einheit miterlebt. Trotz der Zerstreuung, der Pogrome und der Verfolgungen, oft durch die Hand derer, die behaupteten, Christen zu sein, war hier eine Familie in Zion, die das Versprechen bestätigte, das Tausende von Jahren zuvor gegeben wurde. Je mehr Zeit ich mit Juden verbringe und durch das Land Israel wandere, desto mehr sehe ich die Treue Gottes.

Als ich mit meinem Plakat gegenüber den 150 bis 200 palästinensischen Aktivisten stand, begannen andere Juden aufzutauchen. Einige trugen Kipahs, andere nicht. Unsere Zahl wuchs nie auf mehr als ein Dutzend an. Als der Nachmittag hitziger wurde, wuchs auch die Wut, die uns entgegengeschleudert wurde. Die Schreie von “Faschisten! Nazis! Babymörder!” von den Palästinensern wurde jedoch von den Juden mit “Ich hasse euch nicht” und “Wir wollen Frieden” beantwortet.

In diesen Momenten war ich stolz auf die Seite, die ich gewählt hatte. Und wenn die nächste Pogromdrohung kommt, werde ich wieder da sein. Ich werde dastehen, weil ich mich weigere, zu denjenigen zu gehören, die abseits stehen, wenn ihre Brüder und Schwestern in Bedrängnis sind.

Luke Moon ist der stellvertretende Direktor des Philos-Projekts. Auf Englisch zuerst erschienen bei Jewish News Syndicate. Übersetzung Audiatur-Online.

2 Kommentare

  1. Hello Luke Moon, Sie sind keineswegs allein mit Ihrer Meinung zu Israel. Halten wir erst mal eines fest: Wer mit Israel ein Problem hat IST das Problem. Nur weil wir keine Mehrheit bilden, sind nicht wir die Looser. Und noch etwas: Gott hat das letzte Wort. Das können wir sehr gut abwarten, denn nur das Wort Gottes hat am Ende Gewicht.
    Was für eine Enttäuschung wird es für solche werden, die um des falschen Friedens Willen die Wahrheit verraten haben. Ich freue mich, all die vielen Sonderlinge die nicht abseits stehen werden, kennen zu lernen. Es gibt sie. Kommt aus euren Trauerhöhlen! Vertreiben wir doch die Miesmacher dann kommen auch die Leisetreter. Sie warten darauf, dass wir ihnen Mut machen. Besonders Israel. Sie stehen wirklich im Abseits.
    Die niedergerissene Hütte Davids wird wieder aufgebaut. MfG

  2. Danke! Danke, daß es Dich gibt! Du bist ein seltenes Menschenexemplar. — Entschuldige bitte, daß ich Dich duze. Ich stehe schon im 91. Lebensjahr, schon deswegen duze ich alle.
    lg
    caruso

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