Der unerbittliche Dschihad der Hamas

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Yahya Sinwar, Führer der Hamas im Gazastreifen an einer
Yahya Sinwar, Führer der Hamas im Gazastreifen an einer "Siegeskundgebung" nach dem Waffenstillstand zwischen der Hamas und Israel. Foto IMAGO / ZUMA Wire
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Während viele Israel vorschnell für dessen Reaktion auf die Angriffe der Hamas auf Wohngebiete verurteilt haben, sollten sie der Tatsache ins Auge sehen, dass es keinen Unterschied zwischen dem Engagement der islamistischen Terrororganisation für die Zerstörung Israels und ihren Plänen für den Westen gibt. So warnte ihr langjähriger Führer Khaled Mashal die westlichen Nationen inmitten der weltweiten Krise wegen der satirischen Darstellungen von Mohammed in einer dänischen Zeitung: «Bei Allah, ihr werdet besiegt werden… Morgen werden wir die Welt anführen, so Allah will.»

von Prof. Efraim Karsh

Wissen die Unterstützer der Hamas im Westen, wofür diese Organisation wirklich steht? In Wirklichkeit ist die Hamas keine Freiheitsbewegung auf der Suche nach einer palästinensischen Nation. Stattdessen strebt sie die Zerstörung Israels und die Errichtung eines islamischen Staates auf seinen Trümmern an. Woher wissen wir das? Weil der hochrangige Hamas-Führer Mahmoud al-Zahar genau das gesagt hat:

«Islamische und traditionelle Vorstellungen lehnen die Idee der Errichtung eines unabhängigen palästinensischen Staates ab… In der Vergangenheit gab es keinen unabhängigen palästinensischen Staat… Dies ist ein heiliges Land. Es ist nicht das Eigentum der Palästinenser oder der Araber. Dieses Land ist das Eigentum aller Muslime in allen Teilen der Welt… Daher ist unser wichtigstes Ziel die Errichtung eines grossen islamischen Staates, sei er panarabisch oder panislamisch.»

Wenn man das begriffen hat, wird klar, dass die jüngsten Kämpfe, bei denen Tausende von Raketen abgefeuert und Dutzende von Menschen getötet wurden, wenig mit der Befreiung der Palästinenser von der israelischen Herrschaft zu tun haben. Sie sind vielmehr von der Idee inspiriert, das Heilige Land von Israel zu befreien.

Die Gewalt hat noch weniger mit der angeblichen Bedrohung der al-Aqsa-Moschee zu tun, geschweige denn mit dem Gerichtsverfahren zur Räumung von sechs palästinensischen Familien aus illegal besetzten Häusern im Jerusalemer Stadtteil Sheikh Jarrah.

Seit über einem Jahrhundert haben palästinensische Führer wiederholt den Tempelberg, oder al-Haram al-Sharif, wie er von Muslimen genannt wird, als ihr wichtigstes Argument für antijüdische Gewalt benutzt. Der Jerusalemer Mufti Hajj Amin Husseini, Führer der palästinensischen Araber von den 1920er bis in die späten 1940er Jahre und enger Kollaborateur Adolf Hitlers im Nahen Osten, nutzte 1929 eine religiöse jüdische Veranstaltung in der Nähe der Klagemauer, um landesweite Massaker zu entfesseln, bei denen 133 Juden getötet wurden. Einundsiebzig Jahre später nutzte Yasser Arafat Ariel Sharons Besuch auf dem Tempelberg, um einen sorgfältig vorbereiteten Terrorkrieg zu führen, der treffend als «al-Aqsa-Intifada» euphemisiert wurde – und der vier Jahre dauerte und Palästinenser und Israelis in ihrer blutigsten Konfrontation seit 1948 entzweite.

Als Mahmoud Abbas, Arafats Nachfolger als PLO-Vorsitzender und Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde, vor kurzem die ersten Wahlen seit 15 Jahren absagte – aus Angst, dass die Hamas erneut die Kontrolle übernehmen könnte -, spielte die islamistische Gruppe schnell die Jerusalem-Trumpfkarte aus. Zuerst lockte die Hamas Tausende von Randalierern auf den Tempelberg, indem sie die uralte Lüge von einer drohenden jüdischen Gefahr für die Moschee verbreitete. Dann feuerte sie ein Sperrfeuer von Raketen auf israelische Städte in der Nähe des Gazastreifens ab, unter dem Vorwand, die Jerusalemer Randalierer zu schützen.

Israels zurückhaltende Reaktion zeigte deutliche Vorbehalte gegen eine Eskalation. Die Regierung wendete minimale Gewalt an, um die Tempelberg-Randalierer zurückzuhalten. Doch die Hamas verschärfte den Ton und drohte mit einem Raketenangriff auf Jerusalem. Die Terrorgruppe forderte den Abzug der israelischen Streitkräfte und die Einstellung des Gerichtsverfahrens in Sheikh Jarrah.

Kein souveräner Staat kann ein Diktat einer terroristischen Organisation akzeptieren, insbesondere einer, die sich seiner Zerstörung verschrieben hat. Und da ein liberaler Staat seiner Justiz nicht befehlen kann, eine Gerichtsverhandlung aus politischen Gründen einzustellen, lehnte Israel ab und die Hamas machte ihre Drohung wahr. Am 10. Mai bombardierte sie die Heilige Stadt, als die Israelis den Jerusalem-Tag feierten. Dieser bewaffnete Angriff auf die Hauptstadt der Nation liess Israels Regierung kaum eine andere Wahl, als mit aller Härte zu reagieren. Was kann man denn sonst tun, wenn Terroristen versuchen, die eigenen Bürger zu ermorden?

Was diese jüngste Auseinandersetzung für die israelischen Juden besonders traumatisch machte, waren nicht die Raketen der Hamas, sondern vielmehr die Flutwelle der Gewalt, die von ihren arabischen Landsleuten zur Unterstützung der Hamas entfesselt wurde. Die Städte Jaffa, Haifa, Akko, Ramla und Lod – die einst als Vorzeigebeispiele arabisch-jüdischer Koexistenz galten – wurden von Massengewalt und Vandalismus erschüttert. Synagogen und religiöse Seminare wurden abgefackelt und Thora-Rollen geschändet. Autos wurden mit Steinen beworfen und angezündet, private Einrichtungen wurden geplündert, und Verkehrsadern wurden blockiert, um jüdische Ortschaften abzuschneiden. Mobs von Arabern mit Eisenstangen, Molotowcocktails, Steinen und sogar Schusswaffen durchstreiften die Strassen auf der Suche nach jüdischen Opfern. Jüdische Bewohner wurden in ihren Häusern angegriffen, manchmal auch mit Schusswaffen, von arabischen Nachbarn, mit denen sie jahrzehntelang friedlich zusammengelebt hatten. Als Hunderte von jüdischen Familien aus Angst um ihr Leben aus den Städten flohen, wurden ihre Häuser kurzerhand geplündert und verwüstet.

Unwillig, diesen Gewaltausbruch als das anzuerkennen, was er ist und was er andeutet – ein nationalistisch-islamistischer Aufstand, der den arabischen Minderheitenstatus im jüdischen Staat ablehnt -, schrieben die israelischen Medien und die geschwätzige Gesellschaft den Anstieg der Gewalt schnell der angeblichen langjährigen Diskriminierung und Marginalisierung der arabischen Minderheit zu. Aber die Idee der Diskriminierung könnte nicht weiter von der Wahrheit entfernt sein. Und warum? Weil die Unruhen nach einem Jahrzehnt beispielloser Investitionen der Regierung in arabische Viertel und Unternehmen kamen, einschliesslich eines sozioökonomischen Hilfsprogramms im Wert von 15 Milliarden Schekel (3,8 Milliarden Dollar).

Natürlich sind viele israelische Araber nach wie vor zufrieden damit, ihr Leben zu leben und die Freiheiten und Möglichkeiten, die Israel bietet, zu nutzen, egal wie sehr sie sich über ihren Minderheitenstatus in einem jüdischen Staat auch ärgern mögen. Doch seit dem Beginn des arabisch-israelischen Konflikts vor einem Jahrhundert wurde die palästinensisch-arabische Gesellschaft immer von extremistischen Führern geleitet. Sie wurde auch von einer militanten Minderheit beeinflusst, die gross genug war, um der schweigenden Mehrheit ihren Willen aufzuzwingen – auf Kosten wiederholter Katastrophen.

Nicht minder empörend sind die Anti-Israel-Hassfeste, die mit ekelerregender Regelmässigkeit in westlichen Städten ausbrechen, wann immer der jüdische Staat mit Nachdruck auf den palästinensischen Terrorismus antwortet. Wenn es nicht so entsetzlich wäre, könnte man sich über die Ironie der westlichen Demokratien wundern, die ihre Armeen in den Kampf gegen Al-Qaida- und ISIS-Terroristen schicken, die Tausende von Kilometern entfernt sind, während sie gleichzeitig zulassen, dass Horden hasserfüllter, gewalttätiger «Demonstranten» auf ihre Strassen strömen, um eine andere westliche Demokratie zu verteufeln, die vor ihrer eigenen Haustür gegen eine dschihadistische Terrororganisation kämpft, die sich nicht nur der totalen Zerstörung eines langjährigen Mitglieds der internationalen Gemeinschaft verschrieben hat, sondern auch der globalen islamischen Hegemonie, genau wie ihr iranischer Zahlmeister.

Wie Khaled Mashal, der langjährige Führer der Hamas, es 2006 ausdrückte, als sich eine Flutwelle muslimischer Gewalt über die Welt ergoss, als Reaktion auf satirische Darstellungen von Mohammed in einer dänischen Zeitung:

«Bei Allah, ihr werdet besiegt werden… Beeilt euch und entschuldigt euch bei unserer Nation, denn wenn ihr das nicht tut, werdet ihr es bereuen… Morgen wird unsere Nation auf dem Thron der Welt sitzen. Das ist kein Hirngespinst, sondern eine Tatsache. Morgen werden wir die Welt anführen, so Allah will.»

Mashals Worte machen deutlich, dass es keinen Unterschied zwischen dem Engagement der Hamas für die Zerstörung Israels und den Plänen der Islamisten für den Westen gibt. Die Illusion, dass die Hamas beschwichtigt oder abgelenkt werden kann, ist ein grosser Fehler. Die westlichen Demokratien müssen zu Israel stehen – und bereit sein, die Hamas als das zu benennen, was sie ist.

1 Kommentar

  1. “Deutsche Politiker und die (Relotius)-Medien verurteilen die Angriffe auf Juden …” (Fortsetzung)
    Da ich auf das Kleingedruckte besonders achte, ist mir dann doch der Haken aufgefallen.
    Deutsche Politiker und die Relotiusmedien verurteilen die Angriffe auf Juden zwar … aber nur auf deutschem Boden.
    “… sie (die deutschen Juden G.S.) haben mit der `Eskalation` im Nahen Osten nichts zu tun”.
    Also Terror gegen Juden ist in Deutschland nicht erlaubt, aber im Nahen Osten.
    Das Kleingedruckte hier bzw. (Relotius)-Nachrichten- und Politikerdeutsch mal übersetzt:
    “Juden eskalieren im Nahen Osten die Gewalt. Der Hamasterror ist höchstens in Form zu verurteilen, aber an sich berechtigt und verständlich.”

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