Erpressung zahlt sich in der EU offenbar aus

Der Unterschied zwischen Marokko und Israel

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Marokkos Aussenminister Nasser Bourita. Foto IMAGO / Xinhua
Marokkos Aussenminister Nasser Bourita. Foto IMAGO / Xinhua
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Man stelle sich vor, Israel würde täglich hunderte Palästinenser in Boote setzen und sie auf die nahe EU-Insel Zypern rudern lassen. Anschliessend würde Jerusalem Brüssel und Berlin wissen lassen, dass nur durch Milliarden-Zahlungen der Flüchtlingsstrom nach Europa gestoppt werden kann. Genau dieses unsaubere Erpressungsspiel betreibt Marokko, das bekanntlich die West-Sahara seit knapp einem halben Jahrhundert besetzt hält. Reaktion: der deutsche Entwicklungshilfe-Minister Gerd Müller beklagt politische Fehler der EU und fordert aktuell eine “Wirtschafts-Partnerschaft mit Marokko”.

Zum Glück denkt in Israel kein verantwortungsbewusster Politiker daran, sich an Marokko ein Beispiel zu nehmen. Schliesslich ist Israel ein demokratischer Rechtsstaat. Eine Belohnung dafür von der EU ist allerdings nicht in Sicht. Im Gegenteil: Israel wird von den Parteien im EU-Parlament von rechts bis links als Besatzer angeprangert und für antisemitische Unruhen in europäischen Ballungszentren mitverantwortlich gemacht. Nicht genug: Israel trägt nach deren Meinung zumindest eine Mitschuld, wenn es wie zuletzt von Terrororganisationen aus Gaza mit tausenden von Raketen auf zivile Ziele elf Tage und Nächte lang angegriffen wird.

Marokko wird demgegenüber dafür belohnt, dass es dieser Tage 8 000 Flüchtlinge innerhalb von 36 Stunden ungehindert von Marokko nach Ceuta, der zu Spanien – also der EU – gehörenden Enklave rudern und schwimmen lässt. Die unverblümt vom marokkanischen Aussenminister, Nasser Bourita, bestätigte Ursache war die medizinische Behandlung, die Spanien dem Führer der „Polisario“ gewährt. Jene Organisation, die für eine Unabhängigkeit der West Sahara kämpft, die mehr als sechs Mal so gross ist wie die Schweiz und rund eine halbe Million einheimische „Saharuis“ beherbergt.

Marokkos König und seine Regierung nimmt sich ein Beispiel an der Türkei, die geschätzt drei Millionen Flüchtlinge vorwiegend aus Syrien in Lagern dahinsiechen lässt und dafür der EU und Deutschland bisher rund acht Milliarden Euro abpresst. „Zahlen oder wir öffnen die Tore in Richtung Westen“ heisst die drohende Botschaft aus Ankara. Niemand stört sich daran, dass der despotisch veranlagte Herrscher aller Türken, die Finanzströme aus der EU auch dafür verwendet, sein Kurden-Problem auch auf syrischem Staatsgebiet militärisch zu lösen.

Israel, das mit allen internationalen Organisationen der UN und der EU seit Jahrzehnten kooperiert, Lieferungen von Lebensmittel, Medizin und Baumaterialien in die Westbank und Gaza zulässt und obendrein Strom und Trinkwasser einspeist, wird als „Besatzer“ und „Apartheidstaat“ tituliert. Auch jetzt, wenige Tage nachdem über 4 000 Hamas- und Islam-Jihad-Raketen zwölf Menschen getötet, viele Verletzte und grosse Schäden in Israel verursacht haben. Wer bezahlt die Schäden in Ashdod, Ashkelon und Tel Aviv? Kürzlich besuchte der deutsche Aussenminister Heiko Maas Jerusalem. Für Benyamin Netanyahu hatte er warmherzige Worte, Mahmoud Abbas, der Palästinenser-Führer in Ramallah bekam 40 Millionen Euro zugesagt.

Wofür eigentlich? Macht Israel hier etwas falsch? Keiner der hochmögenden Damen und Herren mit eindrucksvollen Titeln in der EU kommt auf die Idee Israel eine „Wirtschafts-Partnerschaft“ anzubieten, obwohl Israel historisch, politisch, wirtschaftlich und kulturell Europa wesentlich nähersteht als Marokko, Türkei und der gesamte Nahe Osten. Was muss Netanyahu oder sein Nachfolger dazulernen? Für Vorschläge hat Jerusalem in der abklingenden Corona-Pandemie sicher ein offenes Ohr.

Über Godel Rosenberg

Journalist, Autor, High­techunternehmer. Godel Rosenberg war Pressesprecher der CSU und von Franz Josef Strauß, Fernsehjournalist, TV­-Moderator und Repräsen­tant des Daimler­-Konzerns in Israel. Von 2009 bis 2018 war Godel Rosenberg der Repräsentant Bayerns in Israel.

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4 Kommentare

  1. Ob Marokko die Westsahara besetzt hält, das ist zu debattieren. Die Region ist von Spanien aus zwei Königreichen ausgelöst worden. Die Polisario beansprucht das Gebiet für sich aber nur für sich. Das ist klassischer Nationalismus, der mit einer linken Ideologie nicht vereinbar ist. Zudem ist die Polisario mit Iran liiert. Die Polisario nennt auch die islamische Staatsreligion, was auch nicht vereinbar ist mit linken, weltoffenen und toleranten Überzeugungen. Es geht offenbar um rivalisierende Häuser, die sich um die Nutzungsrechte der Phosphatvorkommen streiten. Und natürlich, wer außer Polisario noch dort leben und arbeiten darf.
    Israel dagegen hat den Fehler begangen, nicht gleich einen gemeinsamen Staat zu schaffen mit autonomen Gebieten, etwa wie das Baskenland. Dazu kommt eine Radikalisierung, die durch verschiedene Faktoren begünstigt wurde. Damit die Hamas und andere rechtsradikale Gruppen und Parteien nicht weiteren Nährboden finden, wäre es wirklich schön, wenn die raam Partei die nächste Regierung duldet und damit beteiligt wird. Netanjahu könnte der Präsident werden. Eine Regierungsbildung wäre endlich unproblematisch möglich und zumindest die Beduinen könnten dem Zugriff entzogen werden. Und was die Bundesrepublik angeht, so ist sie einfach bewohnt von Menschen, die mehrheitlich Illusionen über sich nachhangen und sich einbilden, dass arme ausgebeutete Einwanderer keine rechtsradikalen Einstellungen haben können und vor allem die, dass die Bundesrepublik ein toleranter und weltoffener Staat sei. Leider ist der Bundesrepublik…voll mit Rassismus und Antisemitismus aber sie waren immer meisterlich sich hinter anderen zu verstecken und immer die anderen vorzuschieben. Ich glaube aktuell heißt das othering oder so ähnlich.

  2. Warum reden die Medien über Erpressung, Spanien hat ein Fehler gemacht, muss ihr Fehler wissen. Marokko war immer ein guter Partner zu EU. Mach Spanien ihr Aufgabe, ich bin Sicher Marokko sperrt die Grenze und noch eine Frage wo sind die europäischen Grenzen hmmm

  3. Sorry, aber wenn Sie denken, es geht ums Geld dann sind Sie auf dem falschen Dampfer. Es geht hier um die Souveränität Marokkos. Die EU soll, genau wie die USA, die südlichen Provinzen als Teil Marokkos anerkennen.

  4. Ja … was macht Israel mal wieder falsch …?

    Israel ist der Staat der Juden … was schon einmal in den Augen vieler, vieler Europäer
    DER Makel schlechthin ist!

    Dann kommt im aktuellen Fall von Marokko hinzu,
    dass Marokko das hat, was Israel NICHT hat – Wirtschaftsflüchtlinge, Scheinasylanten.

    Viele EU-Politiker werden von arabischen Ländern geschmiert – erheblich geschmiert.
    Das Problem dabei:
    diese Politiker sind in den Altparteien und SELBST WENN es herauskäme,
    dass diese korrupt sind,
    dann würde sich immer noch die Partei schützend vor die ihren stellen
    und eine Veröffentlichung der Sachverhalte zu verhindern wissen!

    Man schweigt in Brüssel und hält lieber die Hand auf,
    während superreiche, muslimische Akteure genüsslich der Übernahme
    der EU-Länder zuschauen … und sich Europa was kosten lassen.

    So läuft es in der EU!
    … und dann wird auch klar,
    was Israel aus Sicht einer vernunftbetonten Analyse falsch macht:
    GAR NICHTS
    – schon erst recht gar nichts, was Israel ändern könnte!

    Könnten wir bloß aus dem nun über 70jährigen Bürgerkrieg in Israel
    den Einfluß superreicher, muslimischer Akteure herausrechnen,
    dann hätte Israel eine GANZ ANDERE Entwicklung hinlegen können.

    Israel muss seit über 70 Jahren mit angezogener Handbremse fahren
    und dabei eine Schleifspur aus Blut und enormem Kapital hinterlassen!

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