Ausschreitungen in Jerusalem: Hamas und Co. zündeln mit

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Israelischen Sicherheitskräfte reagieren auf die Ausschreitungen in Ost-Jerusalem am 24. April 2021. Foto IMAGO / Xinhua
Israelischen Sicherheitskräfte reagieren auf die Ausschreitungen in Ost-Jerusalem am 24. April 2021. Foto IMAGO / Xinhua
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Man kann die Ereignisse vom Samstag im Gazastreifen nicht von den laufenden Unruhen in Jerusalem trennen. Die Hamas wollte Solidarität mit den Bewohnern Ost-Jerusalems zeigen und gab rebellierenden Gruppen in Gaza grünes Licht, Raketen auf Israel abzufeuern.

von Yoav Limor

Das Ergebnis – mindestens 36 Raketen und Mörser – war offenbar schwerwiegender als von der Hamas ursprünglich beabsichtigt. Die anschliessende israelische Antwort war entsprechend ernst: Nach einer relativ geringen Vergeltung auf den ersten Raketenabschuss wurden die Gegenschläge immer stärker, da der Raketenbeschuss weiter anhielt, und die IDF nutzte die Gelegenheit, um mehrere Einrichtungen ins Visier zu nehmen, die mit den Rüstungsbemühungen der Hamas und Waffenlagern in Verbindung stehen.

Die Hamas hatte bereits am Samstag angedeutet, dass sie eine Eskalation nicht will. Es ist zweifelhaft, dass sie von Anfang an eine wollte; die Terrororganisation will zwar Jerusalem brennen sehen, aber sie will nicht, dass der Flächenbrand auf Gaza übergreift – denn das würde die Ereignisse in der Hauptstadt überschatten. Daher wird sie alles in ihrer Macht Stehende tun, um die Flammen in Jerusalem anzufachen und sie gleichzeitig im Süden zu löschen.

Das rührt daher, dass die Situation in Gaza relativ gesehen doch recht positiv ist, verglichen mit der Situation vor einigen Monaten. Die Wirtschaft befindet sich im Aufwärtstrend, die Arbeitslosigkeit ist rückläufig, ebenso die COVID-19 Zahlen. In den kommenden Wochen, gegen Ende des muslimischen Fastenmonats Ramadan, wird die Hamas eine weitere Bargeldlieferung aus Katar erhalten und will sehr wahrscheinlich den positiven Schwung auf dem Höhepunkt des Ramadan nicht stören. Dies erklärt auch ihre Bemühungen, sicherzustellen, dass der Raketenbeschuss nicht über die Ortschaften im Gaza-Gebiet hinausgeht.

Die Hamas wird jedoch wahrscheinlich nicht in der Lage sein, die Unruhen in Jerusalem zu ignorieren, wenn sie weitergehen. Sie wird in den sozialen Medien herausgefordert und wird darauf reagieren müssen. Die IDF trifft daher Vorbereitungen und hat am Wochenende den Süden mit weiteren Iron-Dome-Batterien und anderen Systemen verstärkt und zusätzliche Einheiten in Alarmbereitschaft versetzt. Israel macht deutlich, dass es auf jeden weiteren Raketenbeschuss hart reagieren wird, auch auf Kosten einer Eskalation.

In der Einschätzung hochrangiger Sicherheitsexperten am Samstag wurden jedoch die Unruhen in Jerusalem als treibende Kraft hinter der jüngsten Gewalt aufgeführt und es wurde betont, dass sich die Hauptanstrengungen Israels auf den Abbau der Spannungen in der Stadt konzentrieren müssen.

Ein wütender arabischer Mob griff am Freitagabend einen Juden an und schlug noch auf ihn ein als er bereits am Boden lag. Der Mann wurde mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus gebracht.

Zu diesem Zweck sollen deutlich mehr Kräfte dort eingesetzt werden, einschliesslich der Verlegung von Grenzpolizeikompanien aus Judäa und Samaria. Die israelische Polizei wurde auch angewiesen, härter gegen die Randalierer vorzugehen – Juden und Araber gleichermassen.

Die Hauptsorge der Behörden ist, dass die Unruhen nicht durch eine bestimmte Ursache motiviert sind. Anders als bei den Unruhen, die 2017 nach der Entscheidung, Metalldetektoren auf dem Tempelberg anzubringen, ausbrachen, können die Sicherheitskräfte diesmal keinen klaren Grund für die Gewalt nennen.

Teilweise ist es auf den Ramadan zurückzuführen, teilweise auf die Pandemie und teilweise auf die auf TikTok geposteten Videos, die die Spannungen verschärft haben. Israel kann daher nichts Konkretes tun (wie z. B. die Metalldetektoren entfernen), um die Situation zu beruhigen.

Eli Rosen, 27, wurde am Freitag von Dutzenden arabischer Jugendlicher angegriffen, als er mit seinem Hund im Stadtteil Sheikh Jarrah spazieren ging.

Abgesehen von Gaza kann sich die Gewalt in Jerusalem, wenn sie anhält, potenziell auf Judäa und Samaria und sogar darüber hinaus ausbreiten – auf den nördlichen Sektor und vielleicht sogar auf die gesamte muslimische Welt. Jerusalem ist ein Thema, das alle Muslime anspricht, und Israel muss sicherstellen, dass die Ereignisse in der Hauptstadt nicht als Religionskrieg angesehen werden. Wie bereits erwähnt, erklärt dies den Wunsch der Hamas, die Flammen in der Hauptstadt zu schüren und zu verschlimmern, und genau deshalb muss Israel alles tun, um sie zu löschen – besonders im Hinblick auf die Parlamentswahlen der Palästinensischen Autonomiebehörde im nächsten Monat und die erwartete Entscheidung Israels, den Bewohnern Ost-Jerusalems die Teilnahme zu verweigern.

Die Sorge, dass die Ereignisse in Jerusalem eskalieren und sich auf andere Schauplätze ausbreiten könnten, zwang den IDF-Stabschef, Generalleutnant Aviv Kochavi, seine Arbeitsreise nach Washington abzusagen. Kochavi sollte sich mit hochrangigen amerikanischen Generälen treffen, um über den Iran zu diskutieren, entschied sich aber, vorerst in Israel zu bleiben. Falls die nächsten 24 Stunden ruhig verlaufen, wird er dennoch zu einem verkürzten Besuch nach Washington fliegen, um sich mit den Leitern des Mossad, des Direktorats des militärischen Geheimdienstes der IDF und des Nationalen Sicherheitsrats zu treffen.

Diese Besuche sind Teil der israelischen Kampagne, um die Biden-Administration zu bewegen, die Wiederherstellung des ursprünglichen Atomabkommens ohne Änderungen abzulehnen, obgleich israelische Offizielle am Wochenende ihren Pessimismus ausdrückten, dass diese Bemühungen Früchte tragen würden. Man glaubt, dass die Treffen lediglich eine Gefälligkeit sind und die Biden-Administration bereits beschlossen hat, das alte Abkommen wiederzubeleben.

Yoav Limor ist ein Journalist und Militäranalyst. Auf Englisch zuerst erschienen bei Israel HayomÜbersetzung Audiatur-Online.