Lektionen über den Nahen Osten

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Der ehemalige US-Präsident Barack Obama, neben dem damaligen US-Vizepräsident Joe Biden und Ex-US-Aussenminister John Kerry im Roosevelt Room des Weissen Hauses, in Washington, D.C. am 6. November 2015. Foto IMAGO / UPI Photo
Der ehemalige US-Präsident Barack Obama, neben dem damaligen US-Vizepräsident Joe Biden und Ex-US-Aussenminister John Kerry im Roosevelt Room des Weissen Hauses, in Washington, D.C. am 6. November 2015. Foto IMAGO / UPI Photo
Lesezeit: 7 Minuten

Blendet man die Erinnerung an die zahlreichen Kriege aus, die den Nahen Osten geprägt haben, könnte man in Versuchung geraten, die Diplomatie der Gewalt und Verhandlungen dem militärischen Konflikt vorzuziehen, auch wenn man als Verlierer aus solchen Verhandlungen hervorgeht. Dies scheint die Philosophie der «nicht mehr ganz so neuen» amerikanischen Administration zu sein, so wie es auch beim ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama der Fall war.

von Pierre Rehov

Der ehemalige Präsident Donald J. Trump hingegen hatte zweifellos einige Lektionen vom britischen Premierminister Winston Churchill gelernt und davon, wie Hitler den britischen Premierminister Neville Chamberlain und den französischen Premierminister Édouard Daladier über den Tisch zog, was ein Jahr später zum Zweiten Weltkrieg führen sollte. Daladier und Chamberlain waren so sehr gegen die Anwendung von Gewalt, dass sie es vorzogen, die Tschechoslowakei den Begehrlichkeiten der Nazis zu opfern, statt standhaft zu bleiben, solange noch Zeit war. Der Rest ist leider hinlänglich bekannt.

Andere wurden von dem römischen General Publius Flavius Vegetius Renatus inspiriert: «Si vis pacem, para bellum» – Wenn du Frieden willst, bereite dich auf den Krieg vor.

Präsident Trump hat – nach seiner Analyse der jahrzehntelangen Stagnation im scheinbar aussichtslosen israelisch-palästinensischen Konflikt – eine ähnliche Position eingenommen. Er entschied sich, das Problem von einer ganz anderen Warte aus zu betrachten und auf eine andere Version der Fakten zu hören. Er sah, dass Israel diplomatische Zugeständnisse gemacht hatte, indem es sich aus jedem Zentimeter Ägyptens, das im Krieg von 1967 überrannt worden war, und aus dem Gazastreifen im Jahr 2005 zurückzog, um als Dank für diese Konzessionen drei Kriege, Zehntausende von Raketen, die auf seine Zivilbevölkerung gerichtet waren und die radikal-islamistische Terrorgruppe Hamas zu bekommen, die mit einem Erdrutschsieg in den Gazastreifen gewählt wurde. Es dauerte nicht lange, bis Mitglieder der Hamas Mitglieder der Palästinensischen Autonomiebehörde von Dächern hoher Gebäude warfen und den Rest vertrieben.

Frühere Administrationen, wie die von Präsident Obama, beharrten auf der Vorstellung, dass die Konflikte nur auf dem Verhandlungsweg gelöst werden können. Trump und seine Berater zogen es vor, sich aus Sorge vor einer hegemonialen Expansion des Irans an die arabische Welt zu wenden und zu versuchen, ein umfassendes Abkommen zu erreichen, das letztlich auch die Palästinenser einschliesst.

Diese Konsultationen führten schnell zu den Abraham-Abkommen – einem Frieden zwischen Israel und vier Ländern, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Bahrain, Sudan und Marokko. Es war ein spektakulärer Durchbruch, wie es ihn in der Region noch nie gegeben hatte.

Vier Jahre lang sah es so aus, als würde Präsident Trump nur eine Seite belohnen, nämlich Israel. Obwohl die Entscheidungen von Trumps Administration Empörung von Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas, seiner Entourage, europäischen Regierungen und den Vereinten Nationen provozierten, gab es merkwürdigerweise kaum Einwände aus der arabischen Welt. Stattdessen erklärten sie, sie seien der unproduktiven palästinensischen «Sache» überdrüssig und durch die iranische Bedrohung alarmiert. Es war auch eine Zeit, in der der palästinensische Terrorismus eines seiner niedrigsten Niveaus erreichte.

Die internationalen Medien waren in heller Aufregung, um Trump vor den katastrophalen Folgen zu warnen, die sich aus der Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels und der Verlegung der US-Botschaft dorthin ergeben würden.

Die Europäische Union und die Vereinten Nationen gerieten an den Rand eines Nervenzusammenbruchs, als der US-Präsident die Golanhöhen – 1967 von Israel eingenommen, nachdem Syrien jahrelang von dort aus angegriffen hatte – als Teil Israels anerkannte.

Andere Gesten, die ebenso wichtig sind, unterstrichen Trumps Vision: Einstellung der Finanzhilfe für die Palästinensische Autonomiebehörde, solange sie weiterhin zum Terrorismus aufruft und Gehälter an in Israel inhaftierte Kriminelle verteilt, Kürzung der amerikanischen Finanzierung für die UNRWA, eine Organisation der Vereinten Nationen, die offenbar dazu dient, den Flüchtlingsstatus – wie auch den Konflikt – für die Nachkommen der palästinensischen Araber aufrechtzuerhalten, die während der Kriege zur Zerstörung Israels 1948 und erneut 1967 geflohen waren, Schliessung des PLO-Büros in Washington. Vor allem aber die Erstellung eines realistischen Friedensplans, der die Interessen zweier Völker und nicht ihrer Führer berücksichtigt. Trumps Plan bot den Palästinensern einen Staat in den von ihnen besiedelten Gebieten, eine noch festzulegende Verwaltungshauptstadt und 50 Milliarden Dollar Hilfe zur Entwicklung ihrer Wirtschaft. Der Plan wurde von der Palästinensischen Autonomiebehörde abgelehnt, bevor er überhaupt detailliert ausgearbeitet war.

All dies verhinderte jedoch nicht, dass die Abraham-Abkommen zustande kamen. Laut Jared Kushner erwog Saudi-Arabien auch die Anerkennung Israels, wenn die Trump-Administration zu einer zweiten Amtszeit gewählt worden wäre.

Dieselben Saudis machen sich nun Sorgen über eine mögliche Rückkehr zum JCPOA, dem «Iran-Atomabkommen», das von Mitgliedern der Obama-Regierung – John Kerry, Wendy Sherman und dem damaligen Vizepräsidenten Joe Biden – gefördert wurde und den Ajatollahs die Möglichkeit geben wird, Atombomben zu bauen. Das JCPOA-Abkommen, das wegen seiner Löchrigkeit oftmals mit «Schweizer Käse» verglichen wird, enthielt unter anderem eine «Verfallsklausel», welche die iranische Regierung ermächtigt, Uran anzureichern und nach ein paar Jahren Atombomben zu bauen, sowie dass sie nicht verpflichtet ist, sich «überall und jederzeit» Inspektionen durch die Internationale Atomenergiebehörde (IAEO) zu unterziehen.

Bedauerlicherweise sind die ersten Ankündigungen von Präsident Biden in Bezug auf den Iran und Saudi-Arabien denkbar ungeeignet, die Saudis oder Amerikas andere Verbündete am Golf zu beruhigen. Trotz der kriegerischen Aktivitäten des Irans im Ausland – Hilfe für terroristische Bewegungen wie die libanesische Hisbollah und die Houthis im Jemen, die beschleunigte Anreicherung von Uran; die Entwicklung von Interkontinentalraketen welche nukleare Sprengköpfe tragen können sowie der Schwierigkeiten auf die IAEA-Inspektoren stiessen, beim Versuch die iranischen Atomanlagen zu inspizieren – sagte Biden über den JCPOA: «Es hat funktioniert. Es wurde strikt eingehalten. Es gab keine Anstrengungen von Seiten der iranischen Regierung, der Atomwaffe einen Schritt näher zu kommen.»

Leider ist das nicht wahr. Im Jahr 2017 brach ein Team von Israelis in ein iranisches Lagerhaus ein und verliess es mit «Zehntausenden von Geheimakten», die erhebliche Betrügereien dokumentieren.

Konfrontiert mit der Entscheidung von Präsident Trump, aus dem Abkommen auszusteigen, solange der Iran sich nicht weniger aggressiv verhält, reagierte Biden erneut falsch:

«Der historische Iran-Atomdeal, den wir ausgehandelt haben, hinderte den Iran daran, Atomwaffen zu erlangen … Doch Trump hat ihn aufgehoben und den Iran dazu gebracht, sein Atomprogramm wieder aufzunehmen.»

Entgegen Bidens Einschätzung, erlaubt das JCPOA dem Iran, in ein paar Jahren so viele Atombomben zu bauen, wie er will.

Wenn die Ernennung von Antony Blinken zum Aussenminister, Israelis und Saudis zu beruhigen schien, dann hat die Ernennung von Robert Malley zum Sonderbeauftragten für den Iran ihre Bedenken neu entfacht. Malley war nicht nur an der Konzeption des JCPOA beteiligt, er wurde «aus Obamas erstem Präsidentschaftswahlkampf geworfen, nachdem Berichte aufgetaucht waren, dass er sich mit Mitgliedern der Terrorgruppe Hamas getroffen hatte» und forderte, dass die Hamas in Zukunft in die Gespräche einbezogen wird. Senator Tom Cotton hatte getwittert:

«Es ist zutiefst beunruhigend, dass Präsident Biden erwägt, Rob Malley zu ernennen, um die Iran-Politik zu leiten. Malley hat einen langen Trackrekord der Sympathie für das iranische Regime und Animus gegenüber Israel. Die Ayatollahs könnten ihr Glück nicht fassen, wenn er ausgewählt wird.»

Reuel Marc Gerecht schrieb 2018:

«Im Moment könnte das klerikale Regime eine geheime Zentrifugenanlage in Mashhad, im Nordosten des Irans haben und wir würden nichts davon erfahren … Es gibt nichts im JCPOA, das uns helfen könnte, diese oder eine andere geheime Anlage zu entdecken.»

Auch die israelische Regierung, deren Geheimdienst die Bereitschaft des Irans zum Erwerb von Atomwaffen nachweisen konnte, warnte:

«Der Deal eröffnete dem Iran einen mit Gold gepflasterten Weg, um die Infrastruktur für ein ganzes Arsenal von Atombomben zu bauen. Dieser Deal gab dem Iran die Ressourcen, um seine Aggression und seinen Terror im gesamten Nahen Osten erheblich auszuweiten.»

Bidens Aussagen über den Frieden mit den Palästinensern sind auch nicht geeignet, Amerikas Verbündete im Nahen Osten zu beruhigen. Seine Vision scheint nicht weit von der von Obama und Kerry entfernt zu sein.

Biden hat seine Position im letzten Herbst zusammengefasst:

«Eine Zwei-Staaten-Lösung ist der einzige Weg, um Israels langfristige Sicherheit zu gewährleisten und gleichzeitig seine jüdische und demokratische Identität zu bewahren. Ich weiss nicht, wie sie es ohne eine Zweistaatenlösung schaffen. Und es ist auch der einzige Weg, um das Recht der Palästinenser auf einen eigenen Staat zu gewährleisten.»

Biden scheint zu vergessen zu haben, dass diese Versuche den Konflikt zu lösen, nie zu einem Ergebnis führten, ausser dass den Konflikt wieder anzuheizen.

Die Frage ist, was wird Präsident Biden tun, wenn sich herausstellt, dass die Palästinensische Autonomiebehörde wieder einmal entscheidet, dass sie alle möglichen Zugeständnisse einfordert, bevor sie überhaupt irgendwelchen Verhandlungen zustimmt?

Pierre Rehov, geboren und aufgewachsen in Nordafrika, ist Reporter, Autor und Regisseur von «Hostages of Hatred» und «Silent Exodus», zwei Dokumentarfilme über palästinensische und jüdische Flüchtlinge. Auf Englisch zuerst erschienen bei Gatestone Institute. Übersetzung Audiatur-Online. 

1 Kommentar

  1. Manche US-amerikanische Politiker sind genauso unbelehrbare Idioten wie die Mehrheit der EU-Politiker. Traurig, aber so ist es.
    lg
    caruso

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